TV-Tipp: "Der Wien-Krimi: Tod im Tiergarten"

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9. Oktober, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Der Wien-Krimi: Tod im Tiergarten"
Im zwölften "Wien-Krimi" ermitteln Haller und Markovic zwischen Lemuren, Elefanten und der Wiener "Furry"-Szene. Ein ungewöhnlicher Mordfall, raffinierte Hinweise und tierische Ermittler machen "Tod im Tiergarten" spannend und unterhaltsam.

"Ich habe den Mann nicht vergiftet", beteuert der Verdächtige, und damit hat er sich verraten: Von Gift war zuvor nicht die Rede, nur von Mord. Im Krimi wirkt dieses Behelfsmittel immer ein bisschen unelegant, erst recht, wenn ein aufmerksames Publikum den Hinweis mitbekommt, die Ermittler dagegen nicht. Die entsprechende Szene ist die einzige Schwachstelle im Drehbuch zum zwölften "Wien-Krimi", der dennoch vor allem vom Schauplatz lebt: Weite Teile der Handlung sind in Schönbrunn gedreht worden. Mit dem nächtlichen Titelzweikampf beginnt "Tod im Tiergarten" auch. Das Opfer wird am nächsten Morgen im Affengehege entdeckt, und als klar ist, um wen es sich handelt, drängt sich Alex Haller vor allem eine Frage auf: Was macht ein Steuerberater nachts im Zoo?

Zunächst muss aber erst mal die neue Chefin eingeführt werden. Mia Markovic (Claudia Kottal) markiert gleich mal ihr Revier, um den Eindruck zu zerstreuen, sie habe den Job nur gekriegt, weil sie eine Frau ist. Dass ihr erblindeter Vor-Vorgänger Haller (Philipp Hochmair), mittlerweile Sonderermittler in Diensten der Kripo, den Mord im Tiergarten gemeinsam mit seinem Freund, Fahrer und Augenersatz Niko Falk (Andreas Guenther) übernimmt, ist ihr ganz recht, denn nun kann sie sich um ein anderes Verbrechen kümmern: Beim Überfall auf einen Möbeltransport ist ein Mann mit einem Brecheisen erschlagen worden. Natürlich hängen die beiden Verbrechen zusammen, aber immerhin bleibt lange offen, was sie miteinander verbindet. 

Wie immer, wenn Tiere im Spiel sind, muss sich das Ensemble die Bühne teilen, und da sie nun schon mal in Schönbrunn drehen durfte, hat Regisseurin Sibylle Tafel auch für allerlei entsprechende Impressionen gesorgt. Die possierlichen Kattas sind ohnehin die heimlichen Stars des Films, zumal sie entscheidend zur Lösung des Falls beitragen: Als Haller eine gewisse Unruhe unter den Lemuren spürt, betritt er den Käfig, wo ihm ein Katta eine teure Armbanduhr überreicht; die Seriennummer führt im Umweg über ein Juweliergeschäft zur Identität des Mordopfers.

Allerlei Getier tummelt sich auch auf einer weiteren Ebene: Angeblich weilte Steuerberater Brunner zu Lebzeiten alle zwei Wochen beim Pokerabend. Dank des Abholscheins einer Reinigung finden die Freunde heraus, wo er wirklich war, und vermutlich wird sich ein Großteil der Zuschauerschaft nun denken: "Was es nicht alles gibt!" Auf einem zweiten Telefon Brunners findet sich ein Chatverlauf mit einer gewissen Apricot. Beide gehörten zur Wiener "Furry"-Szene, deren Mitglieder sich regelmäßig in Tierkostümen im Club von Markus Böhm getroffen haben, und wer nun vermutet, dass Tafel den Titeldarsteller aus ihrer ARD-Reihe "Toni, männlich, Hebamme", Leo Reisinger, gegen sein hochsympathisches Image besetzt hat, liegt nicht völlig falsch.

Tatsächlich entpuppt sich Böhm als ziemlich eifersüchtig: Hinter "Apricot" verbirgt sich seine Freundin Marlene (Michelle Barthel), mit ihr schließt sich der Kreis zum Tiergarten, denn sie ist dort für die Elefanten zuständig. Bei der Frage, was Brunner im Zoo wollte und worin die Verbindung zum zweiten Mordfall besteht, hilft diese Erkenntnis jedoch nicht weiter; das haben sich Tafel und ihr Koautor Mike Majzen ziemlich raffiniert ausgedacht. 

Das gilt auch für die Details, die die Handlung immer wieder vorantreiben, etwa ein Pfandsiegel, das Haller im Haus der Brunners ertastet, oder den erhöhten Herzschlag des Zoo-Nachtwächters (Christoph Luser), der ihm dank seines sensiblen Gehörs nicht verborgen bleibt. Der Mann hat sich nicht bloß auf die Apokalypse vorbereitet, er ist zudem radikaler Tierschützer. Clever ist auch die Idee, wie Markovic und Haller erkennen, worum es bei dem Überfall wirklich ging: Die Transporteure haben in Frankfurt am Main einen Flügel abgeholt, aber als die Kommissarin eine Melodie anspielt, klingt das Klavier nicht bloß verstimmt.

Zur echten Herausforderung kommt es schließlich am Sportflughafen, als Haller im Kopf schneller sein muss als der Tod, um Nikos Leben zu retten. Auto-Fans werden sich zwar fragen, ob ein großer Kerl wie Andreas Guenther tatsächlich in den Kofferraum eines Karmann-Ghia passt, aber das Finale ist trotzdem spannend, zumal Tafel mit der Bedrohung der Freunde durch eine Cessna noch eins drauf setzt; der Schlusspunkt dieser Szene ist äußerst effektvoll. Neben den diversen heiteren Geplänkeln zwischen den Freunden ist "Tod im Tiergarten" auch wegen der Bildgestaltung (Florian Schilling) mit ihrer sorgfältigen Lichtarbeit sehenswert.