CDU-Mittelstand stellt arbeitsfrei am 31.10. infrage

Thesenanschlag  von Martin Luther
Thomas Lohnes
Der Reformationstag erinnert an den Thesenanschlag von Martin Luther an die Pforte der Wittenberger Schlosskirche (1517). Nun stellt die CDU-Mittelstandsvereinigung den 31.10. als arbeitsfreien Feiertag zur Diskussion. Das Archivfoto zeigt das Gemälde (1872) von Ferdinand Pauwels "Luthers Thesenanschlag".
EKD lehnt Debatte um Reformationstag ab
CDU-Mittelstand stellt arbeitsfrei am 31.10. infrage
Die CDU-Politikerin Gitta Connemann, Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), stellt den Reformationstag als arbeitsfreien Feiertag infrage. "Wenn wir dem wieder Leben einflößen würden, dann wäre es ja wunderbar. So lange das nicht so ist, finde ich, sollten nicht kirchliche Feiertage dafür herhalten, sich einen freien Tag zu machen", so die evangelische Bundestagsabgeordnete. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) widerspricht energisch.

Die CDU-Politikerin Connemann erzählte in dem am Mittwoch veröffentlichten Podcast "Table.Briefings" des Portals "Table.Media", sie selbst gehe am Reformationstag, dem 31. Oktober, sogar noch manchmal in die Kirche und sei dann immer verwundert, "dass die Kirchen leer sind". Die Christdemokratin aus Ostfriesland sprach sich dafür aus, Unternehmen in Deutschland zu entlasten, und kam in diesem Zusammenhang auf arbeitsfreie Tage zu sprechen: "Wir müssen uns fragen: Können wir uns bestimmte Dinge noch erlauben, die wir uns so gegönnt haben?"

Der Reformationstag ist in den östlichen Bundesländern, außer Berlin, gesetzlicher Feiertag. 2018 haben zudem die norddeutschen Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein den 31. Oktober zum Feiertag erklärt. Damit ist an diesem Tag in 9 von 16 Bundesländern arbeitsfrei.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) lehnt eine Abschaffung des Reformationstages entschieden ab - mit dem Hinweis, dass gesamtwirtschaftliche Vorteile durch Feiertagsstreichungen nicht nachweisbar seien. "Deutschland zählt trotz seiner Feiertage zu den leistungsstärksten Volkswirtschaften der Welt. Empirische Belege für eine positive Wirkung der Abschaffung von Feiertagen gibt es nicht", erklärte eine EKD-Sprecherin am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst auf Anfrage. 

Der Reformationstag sei weit mehr als ein kirchlicher Feiertag, so die EKD: "Er erinnert an einen historischen Aufbruch, der unser Land kulturell, geistig und politisch geprägt hat. Der Reformationstag steht für Erneuerung und bleibt genau deshalb auch für Wirtschaft und Gesellschaft in Zeiten der Transformation aktuell. Ruhe und Erholung sind Voraussetzung für unsere Leistungskraft." Der Reformationstag sei ein Feiertag, dessen Bedeutung weit über den Kirchenbesuch hinausgehe.

Kramer spricht von "absurder" Argumentation

Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Friedrich Kramer, erklärte, als ehemaliger DDR-Bürger habe er lange in einem Land gelebt, in dem der Reformationstag staatlich nicht beachtet wurde. Er sei stolz gewesen, als er im Rahmen der Reformationsdekade von 2008 bis 2017 in vier norddeutschen Bundesländern als gesetzlicher Feiertag eingeführt worden sei, sagte Kramer in Erfurt. Die Argumentation, angesichts leerer Kirchen könne auf den Feiertag verzichtet werden, bezeichnete er als "absurd". Nach dieser Logik könne man auch über die Abschaffung des Tags der Deutschen Einheit diskutieren, wenn sich kaum noch Menschen an den Feiern beteiligten.

Die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen erklärte, ihr Bundesland habe sich sehr bewusst 2018 dafür entschieden, den Reformationstag als gesetzlichen Feiertag einzuführen. "Er ist ein wichtiger Anlass, gemeinsam über die Wurzeln und Werte der freiheitlichen Gesellschaft nachzudenken und schafft ein Forum für den Dialog zwischen und mit den Konfessionen und Religionen", sagte Sprecher Benjamin Simon-Hinkelmann.

Kuschnerus: Vorschlag "nicht diskussionswürdig"

Der Sprecher der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig, Michael Strauß erklärte: "Die Reformation und ihre Wirkungen waren ein kulturhistorisches Ereignis in Deutschland und für die ganze Welt, wie das Jubiläum zum 500-jährigen Bestehen noch einmal gezeigt hat." Ihn an subjektiven Eindrücken festzumachen, ob die evangelischen Kirchen an diesem Tag besonders publikumswirksame Aktionen veranstalten, gehe an diesem Sachverhalt komplett vorbei.

Auch Kirchenpräsident Bernd Kuschnerus wies den Vorschlag der CDU-Politikerin als "nicht weiter diskussionswürdig" zurück. Ein Feiertag sei nichts, was "wir uns gönnen", sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit in einer hochverdichteten Arbeits- und Lebenswelt, sagte der leitende Theologe der Bremischen Evangelischen Kirche auf Nachfrage dem epd.

Am Reformationstag erinnern Protestanten in aller Welt an die Anfänge der evangelischen Kirche vor rund 500 Jahren. Die vom damaligen Augustinermönch Martin Luther (1483-1546) um den 31. Oktober 1517 von Wittenberg aus verbreiteten 95 Thesen gegen kirchliche Missstände wurden zum Ausgang einer christlichen Erneuerungsbewegung.

Während der Gedenktag früher zur Abgrenzung der Protestanten gegenüber katholischen Christen genutzt wurde, wird er inzwischen im Geist der Ökumene gefeiert. Der Reformationstag wird als Gelegenheit zur evangelischen Selbstbesinnung verstanden. Luther wollte die Kirche zum Ursprung der Botschaft des Evangeliums zurückführen. Die von ihm geforderten Reformen führten nicht nur zur Gründung der evangelischen Kirchen, auch die römisch-katholische Kirche hat sich seitdem grundlegend reformiert.

Erst 150 Jahre nach der Reformation wurde der 31. Oktober zum Gedenktag. Kurfürst Johann Georg II. von Sachsen setzte den Tag im Jahr 1667 fest. Nach den Reformationsjubiläen 1717 und 1817 etablierte sich das Reformationsfest weiter.