Uneinigkeit zum Wehrdienst besteht weiter

Ein Rekrut des Fernmeldebataillons 701 mit einem Fernglas.
Arno Burgi/dpa
Während einer Schießübung beobachtet ein Rekrut des Fernmeldebataillons 701 aus Frankenberg den Luftraum. (Symbolbild)
Bundeswehrdebatte
Uneinigkeit zum Wehrdienst besteht weiter
Trotz eines im Kabinett beschlossenen Gesetzentwurfs streitet die Koalition erneut über den Wehrdienst. Die SPD beharrt auf dem Prinzip der Freiwilligkeit, doch der Kanzler bezweifelt, dass das reicht.

Die schwarz-rote Koalition streitet erneut über die Zukunft des Wehrdienstes, obwohl das Kabinett bereits einen Gesetzentwurf beschlossen hat. Das SPD-geführte Verteidigungsministerium und die SPD-Fraktion im Bundestag bekräftigten am Montag, dass vorerst das Prinzip der Freiwilligkeit gelten müsse. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bezweifelt allerdings, dass das reicht. Ihm wäre ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr am liebsten - das wiederum findet die SPD unrealistisch.

Das Kabinett hatte Ende August einen Gesetzentwurf für den neuen Wehrdienst beschlossen. Vorgesehen ist, dass volljährige junge Männer künftig einen Fragebogen zu ihrer Dienstbereitschaft in der Bundeswehr ausfüllen müssen, Frauen können dies freiwillig tun. 2027 soll auch die Musterung für Männer wieder Pflicht werden. Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ist nicht vorgesehen, bleibt jedoch als Option bestehen, falls sich nicht genügend Freiwillige melden. Einen Automatismus dafür soll es dem Entwurf zufolge nicht geben.

Die Union wünscht sich klarere Kriterien dazu, in welchem Fall es zu einer Wehrpflicht kommen könnte. Die zunächst für Donnerstag vorgesehene erste Lesung des Gesetzes im Bundestag wurde daher von den Spitzen der Koalitionsfraktionen verschoben.

Das Verteidigungsministerium reagierte am Montag kritisch. "Jegliche Verzögerungen sollten wir vermeiden", sagte ein Sprecher in Berlin. Minister Boris Pistorius (SPD) finde die Verschiebung "äußerst schade". Der Sprecher verwies darauf, dass der Gesetzentwurf sehr attraktive Bedingungen für den freiwilligen Wehrdienst vorsehe. Diesem solle zunächst "eine Chance" gegeben werden. Außerdem seien die Kapazitäten der Bundeswehr aktuell gar nicht in der Lage, eine große Zahl von Wehrpflichtigen aufzunehmen.

Ähnlich argumentierte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Falko Droßmann. Wenn man "den Streitkräften jetzt mehrere hunderttausend junge Männer auf den Hof" stelle, könnten diese weder untergebracht noch ausgebildet werden, sagte er im Deutschlandfunk. "Wir wollen zuerst einmal alles versuchen, um möglichst viele freiwillige Männer und Frauen zu bekommen, um unsere Bundeswehr noch verteidigungsfähiger zu machen."

Bundeskanzler Merz hatte sich am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Caren Miosga" hinter Pistorius' Konzept gestellt. Er wolle das zusammen mit der SPD "versuchen hinzubekommen", sagte er, schränkte aber ein: "Ich bin skeptisch. Wenn es uns gelingt, umso besser."

Grundsätzlich sei er dafür, "ein allgemeines gesellschaftliches Pflichtjahr" einzuführen, sagte Merz. Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte am Montag in Berlin, ein solches Pflichtjahr sei sehr sinnvoll, um für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sorgen.

Allerdings wäre für so eine allgemeine Dienstpflicht eine Grundgesetzänderung nötig. Dies würde Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat erfordern. Eine entsprechende Mehrheit im Bundestag sei "absehbar nicht erkennbar, sodass wir uns auf das jetzt Machbare für mehr Sicherheit fokussieren sollten", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, der "Rheinischen Post" (Dienstag). Das sei unter anderem der neue freiwillige Wehrdienst.