Eine junge Psychotherapeutin soll sich an einem Krankenhaus um die geistige Gesundheit des Personals kümmern und legt sich gleich mal mit der Klinikleiterin an. Die beiden Frauen tauschen zwar bei jeder Begegnung bissige Bemerkungen aus, doch im Grunde mögen sie sich. Dank ihrer unkonventionellen, aber erfolgreichen Methoden sowie ihrer offenen Art erarbeitet sich Dina Schwarz zwar schließlich den Respekt der Belegschaft, aber mit den Hierarchien hat sie auch weiterhin erhebliche Probleme.
Da die Filme nicht im Auftrag der für den Freitag zuständigen ARD-Tochter Degeto entstanden, sondern eine Produktion des WDR sind, ist der Sendeplatzaspekt rasch geklärt. Bleibt noch die Frage, worin sich "David und Goliath" von Reihen wie "Die Eifelpraxis" oder "Praxis mit Meerblick" unterscheidet.
Da ist zum einen der Schauplatz: Essen hat ohne Frage auch seine schönen Seiten, aber das Ruhrgebiet ist nun mal weder die Eifel noch Rügen. Zum zweiten spielen medizinische Herausforderungen hier überhaupt keine Rolle, es geht allein um die psychosoziale Gesundheit des Personals. Drittens gibt es keine Liebesgeschichte.
Und schließlich hat Regisseur Janosch Chávez-Kreft – seine letzte Arbeit war die sehenswerte ZDF-Komödie "Überväter" (2024) – gemeinsam mit Timm Lange, Kameramann hier wie dort, sorgsam darauf geachtet, dass die oft blaustichigen Bilder keinerlei Heimeligkeit ausstrahlen.
Maike Raschs Drehbuch wirkt zudem sehr nah an der Realität. Dass das Filmteam während des laufenden Betriebs in verschiedenen Kliniken drehen konnte, unterstreicht den Eindruck der Authentizität. Dinas Aktivitäten konzentrieren sich schon bald auf die Intensivstation: Gleich am ersten Arbeitstag kann sie einen Pfleger daran hindern, sich vom Dach zu stürzen. Trotzdem will Nathan Freye (Tristan Seith) erst mal nichts mit ihr zu tun haben. Dennoch erklingen aus dem Off fortan immer wieder Erklärungen des Pflegers, warum das Personal der Intensivstation permanent jenseits der Belastungsgrenze agiert: Es gebe Tage, da fühle sich der Job wie ein Marathon ohne Ziel an. Fehler, nicht selten lebensgefährlich, sind dabei ebenso unvermeidlich wie ein Burnout, aber niemand will Schwächen zugeben, erst recht nicht Freyes uneinsichtiger Chef (Carlo Ljubek), mit dem Dina ein ums andere Mal aneinandergerät.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Gespielt ist das alles sehr natürlich, auch und gerade von Lou Strenger, die bereits die SWR-Heimatkrimdramen "Wer ohne Schuld ist" (2024) und "Höllgrund" (2022) geprägt hat. Die Rolle ihrer vermeintlichen Gegenspielerin ist genauso wichtig, zumal sie subtiler angelegt ist: Während die junge Wilde mit dem Kopf durch die Wand will und sich als David sieht, der gegen das Ungetüm Klinikum mit seinen viertausend Beschäftigten antritt, stand Ulrike C. Tscharre vor der Herausforderung, die Leiterin als typische Verwalterin mit ausgeprägtem Sparwillen, aber dennoch sympathisch zu verkörpern. An einer Stelle sagt Dina über die Vorgesetzte, sie könne im selben Atemzug zugewandt und übergriffig sein; diese Mischung, gern um ein mehr spür- als sichtbares Schmunzeln ergänzt, verkörpert Tscharre perfekt.
Wenig bekannt, aber prägnant besetzt sind auch die Nebenrollen, unter anderem mit Sohel Altan Gol (kürzlich sehr präsent in "Auf der Walz" als Zimmerer auf Wanderschaft), Andreas Schröders als Dinas Assistent Anton oder Kübra Sekin als Oberärztin der psychiatrischen Abteilung, die wie ihre Darstellerin im Rollstuhl sitzt.
Natürlich wird das zentrale Thema des Films, die ständige Überforderung des permanent am Anschlag arbeitenden Personals, sehr oft angesprochen. Anton, bis zu einem Unfall ebenfalls Intensivpfleger, sagt den Schlüsselsatz dieser Ebene: "Unsere Hingabe ist Fluch und Segen zugleich." Das Unbehagen, das sich durch den Film zieht, hat jedoch eine andere Ursache. Das moderne Damokles-Schwert schwebt nicht mehr über dem Kopf, sondern steckt in der Tasche: Dina bekommt regelmäßig Nachrichten vom Ex-Freund. Das kundige Publikum ahnt auch wegen der nicht näher begründeten orthopädischen Manschette am Handgelenk, warum sie nichts mehr mit dem Typen zu tun haben will.