Die Bilderwelt im Heavy Metal ist voll von christlicher Symbolik. Sei es in Bandnamen, in Zeichen oder auf Plattencovern. Dort kommen natürlich vornehmlich die Themen Hölle, Satan und Co vor. Es sind aber auch Darstellungen von Engeln (Black Sabbath Album: Heaven & Hell; Judas Priest, Album: Sad Wings of Destiny) vorhanden.
Beispielsweise trug Ozzy Osbourne eigentlich immer ein großes Kreuz um den Hals, richtig herum. Dazu sind viele Bandfotos in oder bei Kirchen entstanden. Gotische Gebäude und monumentale Architektur scheinen sich einfach gut dafür zu eignen. Außerdem werden Themen aufgegriffen, bei denen Kirche und Christentum Antworten liefern und zu Hause sind. Tod, Trauer, Verlust und Rettung der Seele etc. Ohne "Himmel und Hölle" gäbe es viele Metal-Cover nicht, und es existieren viele gruselige Darstellungen in der Kirchenmalerei. Das bringt die Metal Church zusammen.
Fridericke Conrad (Kunsthistorikerin aus der Restaurierungswerkstatt der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi) ist dafür mit ihrem Vortrag "Metalsymbolik und Kirchenkunst" ein Programmpunkt in der Metalkirche. Sie schreibt: "Sowohl die kirchliche Kunst des Spätmittelalters als auch die ästhetische Kultur der Metalszene greifen häufig Themen auf, die im modernen Alltag oft verdrängt werden – Tod, und Vergänglichkeit sowie existenzielle Ängste. Beide arbeiten mit drastischen, manchmal schockierenden Bildern, um Grenzerfahrungen sichtbar zu machen und Emotionen zu wecken – sei es als Mahnung, Trost oder provokante Befreiung. Dabei entsteht eine Ästhetik, die Schrecken nicht meidet, sondern bewusst inszeniert, um über Sinn, Moral und die eigene Endlichkeit nachzudenken."
Christliche Symbolik ist also Darstellung und Vermittlung von Hoffnung, Erlösung und Gemeinschaft. Es gibt aber in der Kirchenkunst auch viele Darstellungen von Versuchung, Martyrium, Verdammnis usw. Das ist ein Grund, warum viele Metalbands, diese klassischen Kunstwerke für ihre Plattencover benutzt haben, wie beispielsweise Jean Delville – le Trésors de Satan / Band: Morbid Angel, Album: Blessed are the sick oder Thomas Cole – the voyage of life / Band: Candlemass, Album: Nightfall.
Kirche als guter Ort der Begegnung
Die Gemeinsamkeit besteht also darin, dass dieselben Themen bespielt werden. Das passt ganz gut zum diesjährigen Motto der Nacht der Kirchen "Licht im Dunkel", angelehnt an Jesaja (9,1). Ziel der Veranstaltung ist es, nicht nur Neues zu wagen, sondern auch dahingehend Licht ins Dunkel zu bringen, dass vermeintlich gegensätzliche Strömungen doch Gemeinsamkeiten finden und sich begegnen können. Einen besseren Ort für Begegnung als die Kirche gibt es nicht, und es ist gut, wenn Kirche ein zentraler Ort für Begegnung ist. Es geht an dem Abend nicht darum, eine Antwort auf das große Ganze zu finden und Glaube und Unglaube gegenüberzustellen, sondern ein spannendes Programm für alle Seiten zu haben.
Wenn man mutmaßen wollte, warum der Metal so extreme Bilder braucht, dann ließe sich Folgendes sagen: Metal war anfänglich eine Jugendkultur. Es ging um Selbstermächtigung, Kritik und Abgrenzung, und eine sowieso verlorene Seele kann natürlich unbeschwert sündigen. Viele Elternhäuser waren christlich geprägt und gleichzeitig vielleicht eher top-down organisiert. Da war diese Art der Darstellung natürlich eine einfache Art der Provokation. Wahrscheinlich sogar weniger gegen Religion als vielmehr gegen Ge- und Missbrauch von Herrschaftsstrukturen.
AC/DC im Jugendclub der Kirche?
In meinem Umfeld habe ich es allerdings erlebt, dass der Pastor uns Jugendliche abholte, indem wir im Jugendklub in der Kirche AC/DC hören konnten. Mein Vater, der ebenfalls Theologe und Pastor ist, hat mir sogar oft erklären können, was auf den Covern zu sehen ist. Tatsächlich ist die Metal-Szene eigentlich eine sehr gemeinschaftliche Szene. Dort kann man sich wohlfühlen und sein, wie man ist. Es wird meistens aufeinander geachtet. Fällt jemand vor der Bühne, wird er/sie sofort von anderen hochgezogen, man achtet also aufeinander, auch Nationalitäten spielen keine Rolle. Es ist nach meiner Erfahrung eine unterhaltungsorientierte und eher gutmütige Szene.
Natürlich gab und gibt es im Metal Spielarten, die Grenzen überschreiten, wie Teile des Black-Metal. Da kann man dann sehen, was passiert, wenn Dinge zu ernst genommen werden und gepaart mit Geltungssucht eine gefährliche Mischung ergeben. Das sieht man aber auch bei manch religiöser Strömung, auch immer noch in Teilen des fundamentalen Christentums. Trotzdem würde ich sagen, dass 99,99 % aller Metalhörenden Personen keine Kirchen angreifen würden.
Die Veranstaltung der Metal Church findet in der gotischen Kirche St. Johannis in Hamburg statt. Hier können Sie mehr über das gesamte Programm der "Nacht der Kirchen" erfahren.