TV-Tipp: "Zwei Frauen für alle Felle: Väter und Töchter"

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5. September, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Zwei Frauen für alle Felle: Väter und Töchter"
Anders als in der ersten Geschichte dreht sich die Handlung diesmal nicht um ein einzelnes Tierschicksal, sondern um einen Bauernhof.

Dreharbeiten mit Kindern und Tieren sind in der Branche gefürchtet: Die einen dürfen nur eine begrenzte Zeit am Set verbringen, die anderen gelten als unberechenbar. Kühe zum Beispiel, dem Klischee nach tiefenentspannte Wiederkäuer, sind sehr neugierig, knabbern auch schon mal am Mikrofonpuschel oder schlecken dem Kameramann mitten in einer Stallszene liebevoll durchs Gesicht. Trotzdem äußern Bettina Zimmermann und Meriel Hinsching begeistert über ihre Erlebnisse beim Dreh zum zweiten Film über die Veterinärinnen Maja Freydank und Julia Kramer.

Das Handlungsthema ist allerdings weniger erheiternd. Anders als in der ersten Geschichte dreht sich die Handlung diesmal nicht um ein einzelnes Tierschicksal, sondern um einen Bauernhof: Seit seine Frau ihn verlassen hat, schuftet Dirk Rothe (Peter Schneider) rund um die Uhr, um den Hof irgendwie über Wasser zu halten. Keine Wochenenden, niemals Urlaub: Genau dieses Leben wollte Gattin Anette (Annett Sawallisch) nicht mehr führen. Einen Angestellten kann sich Rothe nicht leisten: Der Familienbetrieb ist verschuldet, auf dem Schreibtisch stapeln sich Mahnungen und Rechnungen.

Aber es kommt noch schlimmer: Erst erkrankt seine produktivste Milchkuh, nachdem sie ein Kalb zur Welt gebracht hat, dann verendet ein Tier an einem Virus; die gesamte Milch muss entsorgt werden. Das Schicksal des Bauernhofs scheint besiegelt. Wie schon die Auftaktepisode bietet auch der zweite Film aus der neuen ARD-Reihe "Zwei Frauen für alle Felle" mehr als bloß entspannte Freitagsunterhaltung. Die Themen ähneln sich ohnehin: In "Neuanfang" hat sich Drehbuchautorin Anja Flade-Kruse mit der Frage befasst, warum so viele Tierarztpraxen auf dem Land von auf Profit getrimmten Konzernen übernommen werden, in der Fortsetzung geht es um Kleinbauern, die irgendwann aufgeben und ihr Anwesen einem Agrarunternehmen überlassen.

Hintergründig, der Titel legt es nahe, ist "Väter und Töchter" auch ein Familiendrama: Das einzige Kind der Rothes, Lisa (Lilly Barshy), ist eine Überfliegerin, hat ihr Abitur mit 1,0 bestanden und soll Medizin studieren. Dirk ist überaus stolz auf seine Tochter, selbst wenn er sie als Hilfe auf dem Hof kaum entbehren kann; die junge Frau wiederum ist zutiefst erschüttert, als sie erfährt, dass der Vater bereits Kontakt zu einem Käufer aufgenommen hat. Auf einer zweiten Ebene erzählt Flade-Kruse, wie es bei den Freydanks weitergeht: Seit Maja gemeinsam mit Julia die Praxis ihres früheren Chefs übernommen hat, kommt ihr Familienleben endgültig zu kurz.

Ihre fast fünfzehnjährige Tochter Greta (Nelly Hoffmann) leidet erheblich darunter, dass sie in ihrer Klasse als Außenseiterin gilt, aber ihre Mutter bekommt das gar nicht mit. Mit dem von Maja vor die Tür gesetzten Vater (Kai Schumann) kann Greta dagegen sehr gut über solche Dinge reden, und besser kochen kann er sowieso; also zieht sie zu Majas tiefer Betrübnis kurzerhand zu ihm. Immerhin ist ihr eigener seit dem Tod seiner Frau zutiefst verbitterter Erzeuger (Wolfgang Stumph) wieder bereit, mit ihr zu reden. 

Darstellerisch ist "Väter und Söhne" mindestens so sehenswert wie "Neuanfang", selbst wenn die Besetzung Peter Schneiders nicht sonderlich originell anmutet: Seine Filmografie ist gespickt mit "Schmerzensmännern". Dass darauf geachtet wurde, Mitwirkende zu finden, die im weitesten Sinne aus der Region stammen, mag eine Fußnote sein, war den Verantwortlichen jedoch wichtig. Bettina Zimmermann kommt zwar aus Niedersachsen, ist dafür aber in einem Dorf mit vielen Tieren aufgewachsen: Bauernhöfe waren die Abenteuerspielplätze ihrer Kindheit, die Familie hatte immer Haustiere, ihre Mutter hat für den Naturschutzbund Deutschland gearbeitet und sich um verletzte oder pflegebedürftige Wildvögel gekümmert.

Anders als Hinsching, die gerade vor den Kühen enormen Respekt hatte, konnte sich Zimmermann dem Milchvieh buchstäblich ohne Berührungsängste nähern. Die medizinischen Handgriffe haben sich die beiden Schauspielerinnen von einer Tierärztin zeigen lassen. Die Umsetzung des Drehbuchs durch Stefan Bühling ist allerdings erneut recht konventionell.

Auch wenn der Vergleich schon allein wegen der gänzlich unterschiedlichen Sujets nicht fair ist: Gemessen am bislang besten Film des Regisseurs, dem herausragenden Drama "Martha Liebermann – Ein gestohlenes Leben" mit Thekla Carola Wied als jüdische Witwe des Malers Max Liebermann, wirkt "Zwei Frauen für alle Felle" wie eine solide Auftragsarbeit. Für optische Abwechslung sorgen allein gelegentliche Einstellungen aus Tierperspektive. Zwei weitere Filme sind bereits abgedreht.