"Ich glaube aber, dass sich immer mehr Verbände dessen bewusst werden und jetzt schneller gegensteuern", sagte Schellberg, der auch Studiengangsleiter an der Evangelischen Hochschule Nürnberg ist, dem Evangelischen Pressedienst. Vergangene Woche hatte der Kreisverband Hof der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Insolvenz angemeldet. Ebenfalls von Insolvenzen betroffen waren in diesem Jahr beispielsweise das Diakoneo-Krankenhaus in Schwabach und Ende 2024 das Diakoniewerk Maxvorstadt in München.
Laut Schellberg gibt es bei Wohlfahrtsunternehmen besondere Herausforderungen: "Sie wollen einerseits ihren ideellen Anspruch aufrechterhalten, andererseits müssen sie aber auch die finanziellen Rahmenbedingungen beachten." Wenn der ideelle Aspekt überbetont werde, könne die Organisation langfristig überstrapaziert werden. Dazu komme, dass in der Wohlfahrtspflege oft weniger straff organisiert werde als in anderen Betrieben. Fehlende finanzielle Mittel würden oft aus Rücklagen finanziert. Wenn diese Mittel aufgebraucht seien, würde ein anderes Unternehmen aus dem Bereich aussteigen, so Schellberg. "Die Wohlfahrtsunternehmen machen weiter, oft bis zum Letzten, eben aus diesen ideellen Gründen. Und dann passieren oft sehr hektische Insolvenzen, die weniger geordnet ablaufen."
Der Studiengangsleiter an der Evangelischen Hochschule Nürnberg sieht drei verschiedene Typen von Organisationen in der Freien Wohlfahrtspflege. So gebe es Großorganisationen, die vor allem dann in Schieflage gerieten, wenn einzelne Geschäftsfelder nicht gut laufen, wie es beim Krankenhaus von Diakoneo in Schwabach der Fall gewesen sei. Dann gebe es noch kleinere Organisationen, die sich auf einzelne Bereiche wie die Pflege konzentrierten. Wenn es dort zu Personalmangel oder sinkender Nachfrage komme, sei die ganze Organisation in Gefahr. Im Fall der AWO Hof handle es sich um eine mittelgroße Organisation, die vor Ort in mehreren Geschäftsfeldern aktiv ist. "Dort kann es immer wieder vorkommen, dass diese sich in einem Bereich verhebt, wie es bei der Großküche der Fall war, die nicht wirtschaftlich betrieben werden konnte", so Schellberg.
Für eine effizientere Organisation rät der Betriebswirtschaftsprofessor den Unternehmen, weniger Parallelstrukturen zu betreiben. Verschiedene Träger könnten sich Aufgabengebiete aufteilen. "Nicht jeder Verband vor Ort muss die Tagespflege neu erfinden oder Großküchen betreiben. Das könnte auch ein einzelner Träger mit besonders viel Erfahrung in dem Bereich für eine größere Fläche übernehmen." So könnten Angebote hochskaliert werden.
Da sich Wohlfahrtsunternehmen oft auch in wenig rentablen Geschäftsfeldern engagieren, dort aber wichtige gesellschaftliche Aufgaben übernehmen, rät Schellberg, mehr Druck aufzubauen. Wenn durch Sparzwänge immer mehr staatliche Unterstützung gestrichen und Aufgaben nicht wirtschaftlich tragbar übernommen werden können, "sollte man auch mal zumindest drohen, diese Aufgaben der öffentlichen Hand zurückzugeben. Dann steigt auch oft die Zahlungsbereitschaft", ist Schellberg überzeugt.