Eine Lichtshow im Heiligen Raum

Lichtshow im Heiligen Raum
epd/Jörg Donecker
Lichtstrahlen verwandeln den Raum der evangelischen Stadtkirche Karlsruhe und schaffen mit Musik und Glockenklängen eine völlig neue Atmosphäre.
Schlosslichtspiele in Karlsruhe
Eine Lichtshow im Heiligen Raum
Heiliger Raum, neu entdeckt: Eine Lichtshow mit Musik und Glockenklängen verwandelt das Innere der evangelischen Stadtkirche Karlsruhe und schafft eine völlig neue Atmosphäre. Die begehbare Installation wird allabendlich gezeigt.

Links und rechts der Kirchenbänke funkeln Sterne. Glocken läuten die zehnminütige Lichtshow des ungarischen Künstler-Kollektivs "Maxin10sity" in der Evangelischen Stadtkirche Karlsruhe ein. Über dem dunklen Altarraum leuchtet plötzlich ein Licht. Lichtstrahlen durchmessen den Raum wie Sonnenstrahlen im Morgennebel und tauchen ihn in ein völlig neues Licht. Mit ihrer begehbaren Installation "Stellar Sanctuary" machen die international bekannten Künstler das Kircheninnere zur Projektionsfläche für Medienkunst.

Das "Sternenheiligtum", so die deutsche Übersetzung, lädt zum Eintauchen in neue Welten ein. Damit kein Tageslicht stört, ist die Lichtshow im Rahmen der Karlsruher Schlosslichtspiele erst ab 20.30 Uhr zu sehen. Elektronische Sphärenklänge, drei lichtstarke Projektoren und künstlicher Nebel lassen virtuelle Räume entstehen. Lichtkreise wandern an den Säulen der Kirche auf und ab. Hinter einem Nebelschleier wird der Altarraum zu einem Tor. Ein Lichtkegel wirkt so, als als ob man sich von dort in eine andere Welt beamen lassen könnte.

Andächtig sitzen die meisten Besucherinnen und Besucher in den Kirchenbänken und lassen sich auf die geheimnisvolle Atmosphäre der Licht- und Klangwelt ein. Andere fotografieren oder filmen. Kaum jemand läuft herum, obwohl die Künstler empfehlen, die zehnminütige Lichtshow von verschiedenen Stellen zu sehen. "Spacig, "echt sehenswert" oder "einfach wow" kommentieren die Gäste. Licht und Klang sollen eine neue Art der Kontemplation erzeugen, eine "moderne Form der Andacht, bei der Stille, Ruhe und Staunen mit Technologie koexistieren", erklärt Andras Sass, Creative Director von "Maxin10sity". Es gehe nicht um ein Spektakel, sondern darum, den sakralen Raum der Kirche zu würdigen und eine neue Bedeutungsebene zu erschließen.

Anders als bei den Schlosslichtspielen, wo das Publikum die Projektion auf der Schlossfassade betrachte, seien die Menschen jetzt mittendrin im Kunstwerk und ein Teil davon, erklärt der Medienkünstler. Er könne sich keinen besseren Ort als eine Kirche vorstellen, um die Bedeutung des Lichts für die Menschheit darzustellen. Die Künstler sind seit Beginn der Schlosslichtspiele im Jahr 2015 mit dabei. Vor wenigen Wochen präsentierten sie eine Lichtinstallation in New York bei den Feierlichkeiten zum US-amerikanischen Unabhängigkeitstag am 4. Juli.

Die 1816 von Friedrich Weinbrenner erbaute "Bischofskirche" der Evangelischen Landeskirche lockte bereits im vergangenen Jahr mit einem Kunst-Highlight. Mehr als 90.000 Menschen sahen die Installation "Gaia" des international bekannten britischen Künstlers Luke Jerram, eine detailgetreue Nachbildung der Erde.

Pfarrerin Claudia Rauch freut sich über die Kooperation mit den diesjährigen Schlosslichtspielen: "Kunst in der Kirche predigt auf eine Art." Sie verändere den Raum und lasse einen Ort für neue Perspektiven, Gedanken und Fragen entstehen. "Das Licht wird zum Symbol für Erkenntnis, es macht das Verborgene sichtbar und regt zum Nachdenken an", schreiben die Veranstalter. Wer sich darauf einlässt, erlebt Licht ganz neu - auch auf dem Heimweg durch die warme Sommernacht. Die Sterne, das Leuchten der Straßenlaternen und die Lichtkegel der Autoscheinwerfer wirken auf einmal wie eine einzigartige Lichtshow.

"Stellar Sanctuary": Evangelische Stadtkirche Karlsruhe (Marktplatz). Bis 14. September: Täglich 20.30 bis 22.30 Uhr (August), 19.30 bis 22.30 Uhr (September).