epd: Ärgern Sie sich, wenn Sie jemand als Helga Beimer anspricht oder wenn man Sie auf diese Rolle reduziert?
Marie-Luise Marjan: Überhaupt nicht! Das nehme ich als großes Kompliment an! Mit Erfolg habe ich Mutter Beimer 35 Jahre lang verkörpert, das ist eine lange Wegstrecke, ein halbes Leben.
Sie sind 1940 geboren. Haben Sie noch Erinnerungen an den Krieg?
Marjan: Ich gehöre zu einer Generation, die gelernt hat, mit wenig auszukommen und trotzdem nicht aufzugeben. Wer Krieg erlebt hat, der weiß, was existenzieller Mangel bedeutet und lernt, was wirklich zählt. Wir waren ständig von Verlust umgeben: Menschen, die starben, Häuser, die zerbombt wurden, Lebensmittel, die es nicht gab. Aber wir haben gelernt, zu teilen, zu improvisieren, zu helfen, zu verzichten. Nach dem Krieg kam der Wiederaufbau - wir mussten uns alles erarbeiten. Und genau das hat uns geprägt: Disziplin, Pflichtgefühl, Beharrlichkeit.
Sie engagieren sich seit Langem für die Hilfsorganisationen Unicef, Malteser und Plan International: Sehen Sie sich selbst als einen politischen Menschen?
Marjan: Jeder Mensch sollte politisch interessiert sein, sonst übernehmen es andere für einen. Man sollte auch nicht immer auf alles und jeden schimpfen, sondern selber mit anpacken. Da, wo man Missstände anprangert, vielleicht lieber die Frage stellen: Wie kann ich helfen? Was kann ich tun, um die Situation zu verbessern?
In einer Gemeinschaft - ob Familie oder Gesellschaft - funktioniert das Miteinander nur, wenn sich alle ihrer Verantwortung bewusst sind. Nicht nur klagen und nehmen, sondern geben und sich positiv einbringen. So funktioniert es, eine gute Zukunft zu gestalten. Sich zurücklehnen und anderen die Arbeit und Verantwortung überlassen, ist der falsche Weg.