TV-Tipp: "Trapps Sommer"

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8. August, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Trapps Sommer"
Im ersten Akt wirkt "Trapps Sommer" wie eine typische Tragikomödie freitags im "Ersten", selbst wenn die Bilder ungewohnt düster sind, weil die Lichtverhältnisse für eine wenig anheimelnde Atmosphäre sorgen...

"Man ist nur so alt, wie man sich fühlt", "80 ist das neue 60", ganz zu schweigen von den Werbespots, in denen alte Menschen vor Energie und Lebensfreude strotzen: Mit der Wirklichkeit hat all’ das allzu oft nur wenig zu tun. Auch Fernsehfilme vermitteln gern den Eindruck, Rentnerinnen und Rentner seien stets rüstig und abenteuerlustig, zumal die Mitwirkenden nicht selten jünger als ihre Rollen sind. Günther Maria Halmer (Jahrgang 1943) ist dagegen sogar etwas älter als der pensionierte Philosophieprofessor, den er in diesem ausgezeichnet gespielten Altersdrama von Rainer Kaufmann verkörpert.

Georg Trapp ist eine Figur wie geschaffen für den Oberbayern, der in den Freitagsfilmen der ARD schon seit geraumer Zeit bevorzugt als Grantler besetzt wird. Trapp, kinderlos und alleinstehend, verbringt seinen Lebensabend größtenteils im Schlafzimmer seiner geräumigen Villa, wenn auch nicht als Pflegefall: Das Bett ist sein Arbeitsplatz, hier hat er Platz für seine Notizen; er veröffentlicht nach wie vor regelmäßig Fachliteratur. Sein wichtigstes Werk, ein Buch über die Erkenntnistheorie, ist jedoch schon vor geraumer Zeit erschienen. 

Die jüngste Erkenntnis des Philosophen ist allerdings sehr praktischer Natur: Er braucht Unterstützung. Körperlich und geistig hält er sich für topfit, doch als es zu einem Küchenbrand kommt, weil er eingenickt ist, wendet er sich an eine Agentur für Haushaltshilfen. Dieser Schritt wird sein Leben radikal ändern: Sofia, eine junge Frau mit Wurzeln auf dem Balkan, trägt ihr Herz auf der Zunge.

Weil sie Trapp unmissverständlich klar macht, was sie von seiner ständigen Miesepetrigkeit hält, schickt er sie gleich wieder weg, aber die Ersatzfrau behandelt ihn wie einen unmündigen Pflegefall; dann doch lieber Sofia, die sich bei Auseinandersetzungen aufgrund ihres Temperaments immerhin als ebenbürtige Gegnerin erweist und mit ihren bodenständigen Ansichten sogar dafür sorgt, dass ihr Arbeitgeber neue Perspektiven gewinnt.

Zum Glück ist Hans Raths Drehbuch weit davon entfernt, die Beziehung dieses ungleichen Paars mit romantischen Untertönen zu versehen; das Verhältnis entwickelt sich dem Altersunterschied entsprechend in eine großväterliche Richtung. Um Liebe geht es letztlich trotzdem, wenn auch unter gänzlich verschiedenen Vorzeichen. Zunächst plant Trapp jedoch ein Fest:

Demnächst wird er achtzig, aber auf seiner Einladungsliste stehen bloß Kollegen; zu seinem einzigen und daher besten Freund Heinz hat er schon ewig keinen Kontakt mehr. Dank Sofias positivem Einfluss beschließt er, sich einer alten Schuld zu stellen: Vor langer Zeit hat er Heinz (Stephan Bissmeier), wenn auch in guter Absicht, die Universitätskarriere verbaut; die damals in Aussicht stehende Professur hat er selbst übernommen. Beide freuen sich über das Wiedersehen und erneuern ihre Freundschaft.

Im ersten Akt wirkt "Trapps Sommer" ohnehin wie eine typische Tragikomödie freitags im "Ersten", selbst wenn die Bilder ungewohnt düster sind, weil Einrichtung und Lichtverhältnisse im Domizil des Eigenbrötlers für eine wenig anheimelnde Atmosphäre sorgen; vom abweisenden Benehmen des Eremiten ganz zu schweigen. Sofia, von der als Kind bosnischer Flüchtlinge in Hamburg geborenen Senita Huskić mit Herz, Hingabe und starkem Akzent verkörpert, bringt zumindest im übertragenen Sinn viel Licht ins Dunkel. Mit zunehmender Dauer verändert sich das Vorzeichen jedoch.

Der Tod klopft vernehmlich an die Tür, und das nicht nur, weil Trapp von einem Kreislaufkollaps heimgesucht wird. Also stellt er sich endlich jenem Drama, das vor 35 Jahren vermutlich die Ursache für seine seither notorisch schlechte Laune war. Nebenbei sorgt er außerdem dafür, dass Sofia ihr Glück findet, indem er sich recht eigenmächtig in ihre Angelegenheiten mischt. Für Rath, eigentlich Schriftsteller und als Drehbuchautor bislang vor allem durch die Adaption seiner Romane "Mann tut, was Mann kann" und "Da muss Mann durch" (2012/15) in Erscheinung getreten, ist "Trapps Sommer" daher ein Liebesfilm, zumal es tatsächlich um gleich zwei Romanzen geht.

Im Vordergrund steht für den Autor jedoch eine Frage, der sich irgendwann alle Menschen stellen müssen: Wer möchte ich am Ende meiner Reise sein? In diesem Sinn ist auch die Botschaft der Geschichte zu verstehen: Es ist nie zu spät, um sein Leben zu ändern und ein besserer Mensch zu werden. Als Trapp sein Schneckenhaus verlässt, stellt er fest, dass das Dasein auch im hohen Alter noch einige Überraschungen bereithält, selbst wenn nicht alle positiver Natur sind.