Pfingstbotschaften der Kirchenvertreter

Darstellung der Ausgießung des Heiligen Geistes, symbolisiert durch die Flammen auf den Köpfen der Apostel, in einem Glasfenster der Gedächtniskirche in Speyer
epd-bild / Norbert Neetz
Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes: Gott schenkt seinen Geist nicht einzelnen Auserwählten, sondern jedem und jeder Gläubigen.
Liebe, Freiheit & Gemeinschaft
Pfingstbotschaften der Kirchenvertreter
Liebe, Freiheit und Gemeinschaft standen in den Gottesdiensten an Pfingsten im Zentrum der Predigten. Die Bischöfe erinnerten an die Kraft des Heiligen Geistes und mahnten die Gesellschaft zu Verantwortung und Solidarität. evangelisch.de hat für Sie die Pfingstbotschaften der leitenden Kirchenvertreter zusammengestellt.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, hat am Pfingstsonntag zur Verteidigung von Demokratie und Menschenwürde aufgerufen. Auch dürfe das Grundrecht auf Asyl niemals zur Disposition stehen, sagte sie in ihrer Predigt in der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis. Die Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Christiane Tietz, wies auf die verständigende Kraft von Gottes Geist hin. Gottes Geist mache "aus steinernen Herzen lebendige Herzen, die sich von anderen Menschen berühren lassen".

Nach Tietz' Worten sei gegenseitiges Verstehen eine Herausforderung und müsse immer wieder neu gesucht werden. Das Missverstehen hingegen ergebe sich von selbst. Für den evangelischen Bischof Christian Stäblein muss das Ziel das Suchen nach Frieden sein, "nach dem, was nicht als Erstes trennt, sondern verbindet", betonte der Bischof. Die Welt benötige "ein neues Verstehen im Sinne dieses Geistes" des Pfingstfestes. Das biblische Pfingstwunder der Ausgießung des Heiligen Geistes habe "etwas im Schlepptau, was alltäglich scheint und doch ein echt großes Wunder ist: dass Menschen einander verstehen".

Der rheinische Präses Thorsten Latzel unterstrich angesichts der Klimakrise, der Kriege und sozialer Risse die Bedeutung von Hoffnung. Sie mache die Welt nicht automatisch besser, aber ermögliche einen anderen Umgang mit ihr: "Wenn andere über den Zustand der Welt klagen, kümmern wir uns um unsere Nächsten." Latzel verwies auf das biblische Wunder an Pfingsten, dass alle Menschen einander verstehen konnten. Das Bemühen, den anderen zu verstehen und sich in die Person hineinzuversetzen, sei sinnvoll, auch wenn man nachher trotzdem nicht übereinkommt.

Kirchenpräsidentin Wüst: "Weg der Einheit gehen"

Die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst appellierte an die christlichen Kirchen, weiter ein gemeinsames Glaubenszeugnis in der Welt zu geben. Wüst erklärte, mehr denn je seien die Kirchen in schwierigen Zeiten gefordert, "christliche Farbe" zu bekennen: "Und da genügt es nicht, christliche Werte zu postulieren. Wir müssen auch Auskunft geben können, welche das eigentlich sind, woher wir sie beziehen, was genau damit gemeint ist und wie wir selbst sie leben." Es bleibe die göttliche Berufung der Kirchen, trotz aller Meinungsverschiedenheiten und Glaubensunterschiede den Weg zur "Einheit in Vielfalt" zu gehen. 

Die biblische Geschichte von der Ausgießung des Heiligen Geistes erinnere daran, "dass es eine vermittelnde Kraft gibt, die mächtiger ist als die Barrieren, die Menschen trennen", sagt der hannoversche Landesbischof Ralf Meister in Hannover. Es brauche ein Pfingstwunder, das zu echter Verständigung führt, so der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). Auch mit Blick auf die transatlantischen Gespräche über den Erhalt der westlichen Wirtschafts- und Wertegemeinschaft hoffe er auf den Geist, der Verständigung und Frieden ermöglicht.

Bischof Kopp: "Leise Kraft Gottes spüren"

In einer Welt voller Spannungen brauchen die Menschen nach Ansicht des bayerischen evangelischen Landesbischofs Christian Kopp die "leise Kraft Gottes mehr denn je". Für Christinnen und Christen sei er die "unsichtbare, aber spürbare Gegenwart Gottes mitten im Alltag", so Kopp. "Der Heilige Geist trägt in der Bibel Namen wie Beistand, Tröster oder Kraft aus der Höhe. Er ist nicht laut, nicht aufdringlich - aber er ist da, und er stärkt Menschen." Landesbischof Kopp wird am Pfingstmontag den bayerischen Kirchentag auf dem Hesselberg besuchen. Den Gottesdienst gestaltet Bischof Jack Urame aus der lutherischen Partnerkirche in Papua-Neuguinea gemeinsam mit einem großen Bläser- und Gospelchor.

In einem Dorf, in dem keiner mehr wohnt, predigte der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Ernst-Wilhelm Gohl. Er sprach in Gruorn im Kreis Reutlingen. Der Ort wurde im Dritten Reich zwangsgeräumt und dann als Truppenübungsplatz genutzt, lediglich die Kirche und das Schulhaus blieben erhalten. Seit 1968 pflegen die Gruorner Familien und deren Freunde diese Gebäude und laden an Pfingsten zum Heimattreffen ein. Die Kraft des Tröstens hat Regionalbischöfin Gisela Bornowski ins Zentrum ihrer Pfingstpredigt gestellt. Mit der Kraft des Heiligen Geistes habe Jesus den Jüngerinnen und Jüngern an Pfingsten "einen Tröster, eine Seelsorgerin und Lehrerin" an die Seite gestellt.

Bischöfin Steen betont Kraft des Heiligen Geistes

Die evangelische Bischöfin Nora Steen betont in ihrer diesjährigen Pfingstbotschaft die transformative Kraft des Heiligen Geistes. Menschen sollten sich dieser verbindenden, heilenden und Grenzen überwindenden Kraft neu öffnen, erklärte die Schleswiger Bischöfin. "Um die Sprengkraft der Liebe geht es an Pfingsten, um die revolutionäre Geistkraft, die selten vernünftig, immer aber notwendig ist. Die Konventionen gegen den Strich bürstet", sagte Steen. 

In ihrer Pfingstbotschaft hat die evangelische Nordkirchen-Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt zum gesellschaftlichen Zusammenhalt aufgerufen. Angesichts von Polarisierung und Sprachlosigkeit sei es wichtig, sich auf die pfingstliche Kraft der Verständigung zu besinnen, sagte sie. Pfingsten ist nach den Worten der reformierten Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden ein "Kirchenfest der fröhlichen Hoffnung". Es stehe dafür, dass "Gottes Geist auch unsere Fesseln löst und unsere Türen aufsprengt", so die Theologin in ihrer Pfingstbotschaft. 

Gemeinsam sprechen, singen, lachen und rufen

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte bei seiner Predigt im Limburger Dom, wir Menschen seien "nicht dafür gemacht, um uns selbst zu kreisen". Bätzing machte die Kostbarkeit des Atmens zum Thema seiner Pfingstpredigt. "Sprechen, singen, lachen und rufen - auch diese Formen der Artikulation und Kommunikation wären ohne den Atem nicht möglich. Was unseren menschlichen Leib lebendig hält, dient also darüber hinaus der Pflege unserer Beziehungen und dem sozialen Miteinander", sagte er.

Vor einem "Zivilisationsrückschritt" aufgrund eines falsch verstandenen Freiheitsbegriffs hat der Münchner Kardinal Reinhard Marx gewarnt. Freiheit vollende sich "in der Liebe, nicht in Macht, der Herrschaft über andere oder Ausbeutung", mahnte der Erzbischof von München und Freising laut Pressemitteilung am Sonntag in seiner Pfingstpredigt im Münchner Liebfrauendom. Auch krankhafter Egoismus und Individualismus liefen dem Freiheitbegriff entgegen: "Ihr habt den Geist empfangen, indem ihr ruft: Abba, Vater. Nicht: ich, ich, ich", sagte Marx.