Werden Kirchen in Hitzeschutzplänen beachtet?

Cooler Mann mit Sonnenbrille sitzt in einer dunklen Kirche
Parker Johnson/Unsplash
Kirchen könnten lebensrettende Kühle gerade in den Innenstädten bieten.
Hitzeschutzplan in Kirchen
Werden Kirchen in Hitzeschutzplänen beachtet?
Diese Hitze! Welche Hitze? Jahr für Jahr ein ähnliches Szenario. Zu Beginn des Jahres reden nur wenige über den Klimawandel, manche bezweifeln ihn sogar immer noch. Kaum aber steigen die Temperaturen ins Extreme, wird zum Schutz des eigenen Lebens und der Bevölkerung aufgerufen: Wasser trinken, körperliche Anstrengungen vermeiden, kühle Räume aufsuchen, Kirchen etwa. Aber gibt es dazu auch einen Plan? evangelisch.de-Autor Thomas Klatt hat nachgeforscht.

Beim Bundesgesundheitsministerium BMG verweist die dortige Pressestelle zunächst auf Allgemeinplätze: Der Hitzeschutz habe für das BMG eine hohe Bedeutung. Ziel sei es, wissenschaftliche Kenntnisse zum Thema Hitze weiter zu verbessern, bestehende Initiativen und "Good-Practice"-Ansätze zu vernetzen sowie verlässliche Informationsangebote bereitzustellen. Länder und Kommunen würden zudem bei deren Erstellung von ortsspezifischen Hitzeaktionsplänen unterstützt.

Dabei gebe es international keine einheitliche Definition des Begriffs "Hitzewelle". Der Deutsche Wetterdienst (DWD) spreche davon, sobald die Temperatur an mindestens drei aufeinanderfolgenden Tagen über 28 °C liegt. Also steckt Deutschland aktuell ganz offiziell in einer "Hitzewelle"! Eine Warnung vor einer starken Wärmebelastung werde dann herausgegeben, wenn die gefühlte Temperatur am frühen Nachmittag bei etwa 32°C oder darüber liege.

Überschreitet die gefühlte Temperatur am frühen Nachmittag einen Wert von 38°C, werde vor einer extremen Wärmebelastung gewarnt. Mit Hitzetoten sei dann zu rechnen. Aber gibt es denn einen Plan, wo Menschen konkret Schutz vor der Hitze finden? Welche Kirchen zum Beispiel verlässlich öffnen und wie der Staat diese Kühlung evtl. durch Aufwandsentschädigungen etwa für Aufsichtspersonal sicherstellt?

Aus dem Bundesgesundheitsministerium heißt es dazu auf Anfrage lediglich: "In Deutschland sind Länder und Kommunen zuständig für Hitzemaßnahmen und Hitzeaktionspläne. Welche konkreten Maßnahmen im Hitzeaktionsplan sinnvoll sind, variiert von Kommune zu Kommune – jeder Plan muss die ortsspezifischen Gegebenheiten berücksichtigen und entsprechende Lösungen dafür finden. Ob Kirchen in die Pläne mit einbezogen werden, liegt nicht in der Zuständigkeit des BMG, sondern in der Zuständigkeit der kommunalen Entscheidungsträger."

Bundesumweltministerium erwähnt Kirchen nicht

Das Bundesumweltministerium hingegen gibt zwar "Handlungsempfehlungen für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit" heraus, Kirchen als kühlende Schutzräume kommen da allerdings nicht vor. Pars pro toto weiter gefragt beim Berliner Gesundheitssenat: Sind Kirchen Teil eines landesweiten Hitzeschutzplanes? Aus der dortigen Pressestelle kommt die Antwort, dass es auch auf Landesebene keinen konkreten Plan gibt.

Man bemühe sich zwar, irgendwie "kühle Orte" anzubieten, aber das sei letztlich Sache der jeweiligen Bezirke. Ein landesweiter Hitzeaktionsplan werde zwar noch erarbeitet, liege aber noch nicht vor. Und: "Vereinbarungen über eine Aufwandsentschädigung an die Anbieter (also z.B. Kirchen, T.K.) sind der Senatsgesundheitsverwaltung nicht bekannt." Will man jedoch auf bezirklicher Ebene Kirchen suchen, die Schutz vor Hitze bieten, kommt man nicht weit. Das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales führt bereits seit dem Jahr 2023 eine Öffentlichkeitskampagne unter dem Stichwort "Bärenhitze" durch, um die Bevölkerung verstärkt über Verhaltenstipps bei Sommerhitze aufzuklären.

Wenige Kirchen aufgelistet, aber ohne Adresse

Um kühle Räume zu finden, muss man sich auf der Webseite zu den so genannten "Bezirksaktionen" durcharbeiten. Dort sind dann nur einige wenige Kirchen aufgeführt, aber ohne Adresse, Öffnungszeiten oder Ansprechpartner. Gibt man in die Suchmaske "Kirchen" ein, so werden für ganz Berlin 10 Kirchen angegeben. Also gerade einmal 10 kühle Kirchen für ganz Berlin? Es beschleicht einen das Gefühl, dass die Liste mangelhaft ist und dass dahinter bestimmt kein ausgeklügelter Hitzeschutzplan der Bezirke steckt.

Fühl dich wie zu Hause in der Kirche, mach es dir bequem und kühl dich ab!

Nachgefragt also bei der Landeskirche selbst, der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz. Immerhin ist auf deren Webseite eine Aufzählung offener Kirchen veröffentlicht, allerdings lediglich 19 Kirchen für ganz Berlin und Brandenburg. Man kann sich denken, dass das nicht alle sein können und diese Liste mehr nach dem Zufallsprinzip entstanden ist. Auf keinen Fall aber steckt dahinter ein ausgeklügelter Hitzeschutzplan.

Entscheidungs-Hoheit liegt bei Kirchengemeinden

Die EKBO-Pressesprecherin teilt auf Anfrage weiter mit: "Das Anbieten von (kühlen Schutz-)Räumen in einer Kirche und die damit verbundene möglicherweise verschobene oder verlängerte Öffnungszeit einer Kirche oder kirchlicher Räume liegt generell immer in der Entscheidungs-Hoheit der einzelnen Kirchengemeinden, maximal in denen der Kirchenkreise. Außerdem gehören natürlich Betreuungsmöglichkeiten, sprich Menschen dazu, die sich zumeist ehrenamtlich einsetzen. Insofern gibt es keinen landeskirchlichen eigenen Hitzeschutzplan und auch keinen mit Behörden abgestimmten Plan."

Das bedeutet: Kirchen könnten lebensrettende Kühle gerade in den Innenstädten bieten. Aber das ist mehr oder weniger dem Zufall überlassen. Der Staat unterstützt diese Angebote offener Kirchen bislang in keiner Weise. "Das Angebot offener Räume, besonders bei Hitze, findet im Rahmen christlicher Nächstenliebe statt und ist immer auf ehrenamtliche, gemeindliche Mitarbeit angewiesen", heißt es weiter aus der EKBO-Pressestelle.

Würde die Politik aber die Kirchen als Schutzräume klar benennen und eine Öffnung gegenfinanzieren, würde es bei Hitzewellen vermutlich weniger Tote geben. Doch so weit ist der Berliner Senat noch nicht, falls ein solches Vorgehen überhaupt in einem künftigen Hitzeschutzplan vorgesehen ist. Berlin muss bekanntlich sparen. Immerhin gibt es noch ein besonderes Angebot, nämlich auf dem zweitgrößten Friedhof Deutschlands, dem Stahnsdorfer Friedhof südwestlich von Berlin. Der dortige Friedhofsverwalter schreibt auf Anfrage: 

"Friedhofsbesucher, sowohl Trauernde als auch Touristen, können den Schatten in den oberirdischen Mausoleen zum Schutz vor Hitze nutzen. Zusätzlich gibt es auch schöne Plätze mit ‚Aufenthalts Raum‘ für Besucher und generell kann man die Hitze im Schatten des dichten Waldbestandes auf unserem Südwestkirchhof Stahnsdorf einigermaßen gut ertragen." Aber auch das ist kein Angebot eines offiziellen Hitzeschutzplanes, den es in der deutschen Hauptstadt immer noch nicht gibt - vielleicht ja dann im nächsten Jahr.