Globale Hilfe auf der Kippe

Ein Gesundheitshelfer verabreicht einem Mädchen in Nigeria auf der Straße den Gebärmutterhalskrebs-Impfstoff HPV Gardasil.
Sunday Alamba/AP/dpaa
NGO's warnen vor Spardruck im Globalen Süden.
Spardruck bedroht die Ziele
Globale Hilfe auf der Kippe
Die auch von Deutschland vorgesehenen Kürzungen in der Entwicklungshilfe gefährden laut Hilfsorganisationen Jahrzehnte an Fortschritt. Ein Bündnis appelliert an die Regierung, sich gegen den Trend zu stellen und Menschenleben zu retten.

Vor dem für Dienstag erwarteten Kabinettsbeschluss über den aktuellen Bundeshaushalt hat ein Bündnis aus 30 Nichtregierungsorganisationen eindringlich vor Kürzungen in der Entwicklungshilfe gewarnt. Deutschland dürfe den globalen Trend zur Streichung von Entwicklungsinvestitionen nicht fortsetzen, heißt es in dem am Montag veröffentlichten Appell an die Bundesregierung.

Bereits zwischen 2022 und 2024 sei das Budget des Entwicklungsministeriums (BMZ) von 13,8 auf 11,2 Milliarden Euro zurückgefahren worden, kritisieren die Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, darunter "Brot für die Welt", Caritas International, Welthungerhilfe, Oxfam und der Dachverband Venro. Im gleichen Zeitraum sei die beim Auswärtigen Amt angesiedelte humanitäre Hilfe von 3,1 auf 2,2 Milliarden Euro geschrumpft. In diesem Jahr wolle die Bundesregierung nur noch 10,3 Milliarden für Entwicklungszusammenarbeit und eine Milliarde für humanitäre Hilfe bereitstellen.

Jahrzehnte an Fortschritten seien gefährdet. Denn die Entwicklungszusammenarbeit zeige viele Erfolge, betont das Bündnis. So habe sich seit 2000 die Kindersterblichkeit mehr als halbiert, die Müttersterblichkeit sei um über ein Drittel gesunken. Im Kampf gegen den Hunger seien Fortschritte erzielt worden, viele Kinder könnten zum ersten Mal eine Schule besuchen.

"Radikale Kürzungen, wie wir sie derzeit in einigen Geberländern beobachten, machen viele der erzielten Erfolge zunichte", mahnen die Organisationen.
Die Kürzungen untergrüben auch das Vertrauen in die internationale Zusammenarbeit, und sie machten "es schier unmöglich, die UN-Nachhaltigkeitsziele bis 2030 zu erreichen". Diesen Kurs dürfe die Bundesregierung nicht mitgehen. "Deutschland sollte mit gutem Beispiel vorangehen und andere Länder ermutigen, ebenfalls in eine gerechtere Welt zu investieren."

Frage von Solidarität

Es gebe keine nationalen Lösungen für globale Herausforderungen, heißt es in dem Appell: "Entweder wir verlieren allein - oder gewinnen gemeinsam."
Bei der Jahrespressekonferenz der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) am Montag in Berlin mahnte auch der Staatssekretär im Entwicklungsministerium, Niels Annen (SPD), eine starke Entwicklungszusammenarbeit an. Es sei eine "Frage von Solidarität, dass wir als eines der reichsten Länder dort unterstützen, wo es nötig ist", sagte Annen, der auch GIZ-Aufsichtsratsvorsitzender ist.

GIZ-Vorstandssprecher Thorsten Schäfer-Gümbel betonte, die internationale Zusammenarbeit stärke "zuallererst deutsche und europäische Interessen - und vor allem das Wohlstandsmodell". Der frühere hessische SPD-Parteichef verwies auf eine Studie der Universität Göttingen und der Entwicklungsbank KfW von vergangenem Jahr, wonach pro investiertem Euro in der internationalen Zusammenarbeit die deutschen Warenausfuhren um durchschnittlich 36 Cent stiegen.

Union und SPD hatten sich bei ihren Koalitionsverhandlungen darauf geeinigt, den Anteil der Ausgaben für die Entwicklungshilfe gemessen am Bruttonationaleinkommen zu senken. Bereits in den vergangenen Jahren gab es unter der Ampel-Koalition Einschnitte bei der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe.