Kirchen bleiben Zufluchtsorte für Schutzbedürftige

Porträt von Christian Stäblein
epd-bild/Michael McKee
Christian Stäblein ist der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und Beauftragter des EKD-Rates für Flüchtlingsfragen.
Bischof Stäblein
Kirchen bleiben Zufluchtsorte für Schutzbedürftige
Zum Weltflüchtlingstag (20. Juni) hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zu mehr Solidarität mit geflüchteten Menschen aufgerufen.

"Wir sind als Mitmenschen angesprochen, wo immer Menschen verfolgt und vertrieben sind, in Angst leben müssen und Schutz suchen", erklärte der EKD-Flüchtlingsbeauftragte Christian Stäblein am Donnerstag.

Der Berliner Bischof erinnerte an die Würde und Rechte von Menschen auf der Flucht: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das gilt überall, das gilt auch an unseren Grenzen." Daran erinnere die Kirche in "politisch schwierigen Zeiten". Stäblein versicherte: "Unsere Kirchen sind und bleiben Zufluchtsorte für Schwache und Schutzbedürftige."

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und die Diakonie Hessen fordern anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni eine Flüchtlingspolitik, die sich an der Menschenwürde, den Menschenrechten und den rechtsstaatlichen Grundsätzen orientiert.

"Das Evangelium verkündet die Gleichwertigkeit aller Menschen vor Gott - und alle meint wirklich alle, nicht nur Staatsangehörige", sagten die Kirchenpräsidentin der EKHN, Christiane Tietz, und der Vorstandsvorsitzende der Diakonie Hessen, Carsten Tag, laut Mitteilung von EKHN und Diakonie am Mittwoch in Darmstadt und Frankfurt. Humanität sei "das menschliche Gesicht der Demokratie".

Zügige Verteilung der Geflüchteten in die Kommunen

Am Weltflüchtlingstag am Freitag besuchen Tietz und Tag den Angaben zufolge die zentrale Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen in Gießen. Das zentrale Ziel könne nicht Abschottung und Ausgrenzung heißen, sondern Beteiligung und Teilhabe, so früh und so nachhaltig wie möglich, betonen beide. Integration sei kein nachgelagerter Akt, sondern beginne vom ersten Tag an.

Dafür seien eine zügige Verteilung der Geflüchteten in die Kommunen notwendig und erhebliche Investitionen in die öffentliche Infrastruktur wie etwa bezahlbaren Wohnraum, Bildung, Mobilität und Gesundheitsversorgung. Diese Angebote kämen der gesamten Gesellschaft zugute.

Eine Politik, die auf Abschottung und Abschiebungen setze, werde auch den demografischen Herausforderungen in Deutschland nicht gerecht. Diakonie-Chef Tag kritisierte zudem die Einschränkung des Familiennachzugs bei Geflüchteten: "Familien gehören zusammen - das ist ein Gebot der Menschlichkeit und ein Gebot unseres Grundgesetzes." Als "menschenunwürdig und verfassungsrechtlich höchst bedenklich" bezeichneten es Tietz und Tag, wenn Behörden den Asylsuchenden die Sozialleistungen entziehen, um sie zur Ausreise zu drängen: "Kein Bett, kein Brot, nicht einmal Seife - das darf es in einem Rechtsstaat wie Deutschland nicht geben. Diese Praxis bringt Menschen in existenzielle Not und gefährdet nicht zuletzt das Wohl von Kindern."

Laut Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind weltweit mehr als 122 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und Verfolgung. Dabei nehmen die Binnenvertriebenen, die vor Konflikten innerhalb des eigenen Landes flüchten müssen, den größten Anteil ein. Ihre Zahl wuchs bis Ende 2024 um 6,3 Millionen auf 73,5 Millionen. Die Zahl der Flüchtlinge, die ihr eigenes Land verlassen und Schutz in anderen Staaten suchen, bezifferte das UNHCR Ende 2024 auf 42,7 Millionen.