Aus einem Bericht der Kinderrechtsorganisation "Save the Children" geht hervor, dass sich die Lage für Minderjährige auf der Flucht bereits vor Inkrafttreten der neuen Asylbestimmungen im kommenden Jahr verschlechtert habe Mädchen und Jungen sowie Helfende berichteten von Einschüchterung, Gewalt, Inhaftierung und unrechtmäßiger Zurückweisung.
"Die Europäische Union betreibt Politik auf dem Rücken von Kindern auf der Flucht", erklärt die Migrationsexpertin der Organisation, Janneke Stein. An den EU-Außengrenzen in Griechenland, Italien, Finnland, Spanien und Polen werde Abschreckung vor Schutz gestellt, und die Kinder hätten die Folgen zu tragen.
Für den Bericht haben die Autorinnen die Lage von Kindern analysiert, die mit ihren Familien unterwegs waren, ohne erwachsene Bezugspersonen reisten oder von diesen getrennt wurden. In Polen werde die Migrationspolitik zunehmend als sicherheitspolitisches Thema behandelt, stellt der Bericht fest. So sei die Grenze zu Belarus als nationaler Sicherheitsnotstand eingestuft worden. Auf den zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln gebe es Berichte über Misshandlungen von Kindern durch Beschäftigte privater Firmen, die Aufnahmeeinrichtungen betreiben.
In Finnland, Italien und Griechenland änderten sich die Gesetze so schnell, dass es für Asylsuchende und ihre juristischen Vertreter kaum möglich sei, auf dem aktuellen Stand zu sein. Altersprüfungen bei Kindern ohne Ausweisen seien in allen diesen Ländern von erheblichen Unstimmigkeiten, rassistischen Vorurteilen und Verfahrensmängeln geprägt. Die geplante Einführung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) im Juni 2026 gebe weiteren Grund zur Sorge.
Die Regelung für Grenzverfahren sieht keine Ausnahmen für Familien mit minderjährigen Kindern vor. In den vorgesehenen Verfahren an den Außengrenzen, so auch an deutschen Flughäfen, könnten kindspezifische Fluchtgründe wie Genitalverstümmelung oder Zwangsrekrutierung nur schwer erkannt werden. Zudem könnten Kinder in Haft genommen werden. "Das steht in einem eklatanten Widerspruch zum Vorrang des Kindeswohls und sollte bei der Umsetzung in Deutschland gesetzlich ausgeschlossen werden."