TV-Tipp: "Enkel für Fortgeschrittene"

Getty Images/iStockphoto/vicnt
16. Juni, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Enkel für Fortgeschrittene"
Der Lebensabend hält für Manche mitunter mehr Überraschungen bereit, als ihnen lieb ist: Nach einem knappen Jahr als "Granny Au-pair" in Neuseeland kommt Karin etwas früher als geplant nach Hause, um ihren Mann zu überraschen.

Harald ist in der Tat wie vom Donner gerührt: Empört muss Karin feststellen, dass eine Nachbarin die Vakanz genutzt und es sich im gemachten Nest gemütlich gemacht hat. Der Gatte verzichtet zwar auf die Standardrechtfertigung für solche Fälle ("Schatz, es ist nicht so, wie es aussieht"), aber das rettet ihn nicht: Karin lässt kurzerhand das Schloss wechseln und setzt ihn vor die Tür. Leben will sie in diesem Haus, in dem die Nebenbuhlerin überall ihre Duftmarken hinterlassen hat, allerdings auch nicht, also zieht sie zu ihrem schwulen Freund Gerhard. 

Der emotionale Konflikt ist nur die eine Seite dieser gerade dank der Dialoge (Drehbuch: Robert Löhr) über weite Strecken sehr witzigen Fortsetzung der Kinokomödie "Enkel für Anfänger". Seinem Titel "Enkel für Fortgeschrittene" wird der zweite Teil gerecht, als Karin (Maren Kroymann) eine neue Beschäftigung findet: Annika (Marie Burchard), die Tochter ihrer Schwägerin Philippa (Barbara Sukowa), leitet einen Schülerladen.

Hier finden sich Schlüsselkinder nachmittags zu Hausaufgabenbetreuung und Freizeitgestaltung ein. Weil sich Annika in ihren letzten Schwangerschaftswochen schonen soll, schlägt Karin die Schwägerin als Ersatz vor. Philippa hat zwar eine gewisse Neigung zum Chaos, ist aber immerhin Pädagogin. Die rationale Karin soll dafür sorgen, dass die Dinge nicht aus dem Ruder laufen, was im Großen und Ganzen auch recht gut funktioniert; bis ausgerechnet ihr ein Missgeschick passiert, dass die Zukunft der Einrichtung in frage stellt.

Der heiterste Teil der Handlung gilt jedoch einer Romanze. Gerhard (Heiner Lauterbach) lebt seit dem Tod seines Lebensgefährten laut Karin in einem "emotionalen Schneckenhaus". Um ihn da rauszulocken, arrangiert sie ein romantisches Komplott: Gerhard liefert sich regelmäßig bissige Verbalduelle mit seinem Zeitungszusteller. Als Karin rausfindet, dass Aydin (Ercan Durmaz) ebenfalls homosexuell ist, sorgt sie mit kleinen Aufmerksamkeiten dafür, dass sich die Männer näher kennenlernen und sich prompt sympathisch sind. Der Arzt im Ruhestand hat sich zwischenzeitlich überreden lassen, im Schülerladen Nachhilfe zu geben, und als Aydins Nichte Yasmin, von Karin angestiftet, ihm gesteht, dass ihr Onkel ihn möge, steht einer Beziehung nichts mehr im Weg; bis die Verschwörung auffliegt.

Die besten Momente des Films sind die Generationskonflikte, zumal auch die jungen Mitwirkenden (allen voran Kayra Efe als Yasmin) ihre Sache an der Seite der Profis ganz ausgezeichnet machen. Natürlich stiftet Spät-Hippie Philippa mit ihrer "Laissez-faire"-Haltung allerlei Unfug. Dass ein  hochbegabter Junge freiwillige Zusatzhausaufgaben übernimmt, kann sie nicht verstehen; so was betrachtet sie als Vorstufe zu unbezahlten Überstunden. Karin wiederum muss lernen, dass  man in Chatgruppen nicht mal eben ein Auberginen-Emoji verschicken sollte, selbst wenn sie damit bloß ankündigen will, was es zu essen gibt. 

Die potenziell lustigste Szene hat Regisseur Wolfgang Groos, der auch den ersten Film inszeniert hat, jedoch ausgespart: Eine von Karin in Gerhards Wohnung organisierte Party erinnert zunächst eher an eine Trauerfeier. Das ändert sich, als der Arzt seine Hausapotheke plündert und so für Stimmung sorgt. Was nun passiert, lässt sich nur erahnen, als Karin am nächsten Morgen erwacht: Das Wohnzimmer sieht aus, als hätten Teenager übers Wochenende die elterliche Abwesenheit genutzt. Was sich in der Zwischenzeit ereignet hat, präsentiert Groos auf Schnappschüssen zum Abspann, den die ARD daher hoffentlich nicht wie sonst bei der Ausstrahlung von Kinofilmen abschneidet. 

Zur großen Qualität des Drehbuchs von Robert Löhr, der mit "Königinnen" (2023) und zuletzt "Zugzwang" (2025) zwei formidable Krimis für den "Tatort" aus München geschrieben hat, zählt nicht zuletzt ein Schuss Tristesse. Alter, heißt es, sei nichts für Feiglinge, zumal das Ableben mit jedem Tag einen Schritt näher rückt, aber selbst diesem Umstand gewinnt der Autor eine amüsante Seite und getreu der Erkenntnis "Ein bisschen Wahnsinn schadet nicht" einen fröhlich stimmenden Schluss ab. Die Nebenebene mit Karin, ihrem treulosen Gatten (Günther Maria Halmer) und dessen Bratkartoffelverhältnis (Imogen Kogge) führen Löhr und Groos ebenfalls zu einem für fast alle Beteiligten befriedigenden Ende.