Sie predige vom barmherzigen Samariter und weise dennoch den Verletzten die Tür, sagte die Sprecherin der kirchlichen Beauftragten im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Donnerstag beim Kirchentag in Hannover. "Die Tür müsste weit offen stehen. Sie tut es nicht."
Dafür trage auch sie selbst als leitende Theologin Verantwortung, sagte Wüst in einer Dialogbibelarbeit mit der Betroffenenvertreterin im Beteiligungsforum Nancy Janz. Dem Gespräch lag ein Text aus dem Markusevangelium zugrunde, in dem Jesus zunächst hochmütig eine Hilfe suchende fremde Frau abweist, sich dann aber durch deren Hartnäckigkeit belehren lässt. Sie wünsche sich eine Kirche, die letztlich wie Jesus erkennt, wenn sie es "verkackt" habe. "Kirche muss sich grundsätzlich, konsequent und nachhaltig unterbrechen lassen (...), selbst in Haushaltsplänen."
Nancy Janz schilderte in der fast voll besetzten Marktkirche, wie die Kirche sie als Betroffene von sexuellem Missbrauch als Störerin abgewiesen und im Stich gelassen, ihr sogar die Schuld zugeschrieben habe. Dennoch mache die Geschichte vom lernenden Jesus ihr Hoffnung. Heiligkeit bestehe nicht darin, keinen Fehler zu machen, sondern bereit zu sein, Fehler einzugestehen und zu lernen. "Meine Hoffnung: Auch das innere Kind in mir, in anderen Betroffenen, kann frei werden, wenn unser Widerspruch endlich ernst genommen wird."