TV-Tipp: "37 Grad: Ich hab noch so viel vor"

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21. MAI, ZDF, 22.15 Uhr
TV-Tipp: "37 Grad: Ich hab noch so viel vor"
Das besondere an diesem Film, dem die Autorinnen den zuversichtlichen Titel "Ich hab noch so viel vor" gegeben haben, ist die positive Botschaft: Der Lebensmut, den die Hauptfiguren ausstrahlen, ist beeindruckend.

Die Prognosen geben nur wenig Anlass zur Zuversicht: Annika, Laura-Jane und Niklas sind schwerkrank. Aber ginge es nach den Prognosen, wären die 27-jährige Laura-Jane und ihr Bruder Max schon längst nicht mehr am Leben. Die Geschwister leben seit ihrer Kindheit mit spinaler Muskelatrophie (SMA), einer genetischen Erkrankung; ihr Zustand wird sich kontinuierlich verschlechtern.

Ähnlich traurig ist die Krankengeschichte von Annika: Als sie elf war, bekam sie die Diagnose Knochenkrebs, ihr rechter Oberschenkel musste amputiert werden. Heute ist sie 15 und hat bereits mehrere Rückschläge erlebt. Irgendwann hat die Klinik eine palliative Betreuung angeboten, weil eine Heilung ausgeschlossen schien; im Grunde hieß das Sterbebegleitung. Stattdessen nahm Annika den Kampf gegen die Krankheit auf, um wieder auf den Feldhockeyplatz zurückkehren zu können: weil sie sich hier, im Kreis der Mitspielerinnen, "frei und glücklich" fühlt. Dass es einen Rückgang von Metastasen gegeben habe, sei von der behandelnden Ärztin als "kleines Wunder" bezeichnet worden, erinnert sich ihr Vater. 

Dritte Hauptfigur dieser Reportage von Annette Kanis und Anna-Lisa Gasteier ist der siebzehnjährige Niklas (17). Er hat infolge eines Gendefekts einen gutartigen Hirntumor an der Hirnanhangdrüse sowie eine Fehlbildung der Schädelknochen. Der Tumor musste vor vier Jahren behandelt werden, weil das Gewebe auf seinen Sehnerv drückte. Vor der Notoperation hat er sich von seinen Eltern verabschiedet und ihnen für das schöne Leben gedankt, das er führen durfte. Während der OP hatte er einen Schlaganfall und war anschließend halbseitig gelähmt.

Heute arbeitet er an seinem Traum vom Fliegen. Wegen des Schlaganfalls wird ihm ein Flugschein für Sportflugzeuge verwehrt bleiben, aber einen Ultraleichtflieger dürfte er steuern. Bis dahin nimmt ihn ein väterlicher Freund regelmäßig in seinem Flugzeug mit. Darüber hinaus ist Niklas Mitglied der Jugendfeuerwehr und außerdem passionierter Radfahrer; in den letzten vier Jahren hat er über siebentausend Kilometer zurückgelegt. Seine Zukunft ist ungewiss, weil niemand vorhersagen kann, wie sich der Tumor entwickeln wird. 

Das besondere an diesem Film, dem die Autorinnen den zuversichtlichen Titel "Ich hab noch so viel vor" gegeben haben, ist die positive Botschaft: Der Lebensmut, den Laura-Jane, Annika und Niklas ausstrahlen, ist beeindruckend und ansteckend. Alle drei hadern nicht mit ihrem Schicksal, sie leben vielmehr nach der Devise, sich noch an möglichst vielen positiven Momenten erfreuen zu dürfen. Laura-Jane sammelt diese Augenblicke als Anhänger: Wenn sie niedergeschlagen ist, gibt ihr das Armband Kraft, weil es sie an die schönen Erlebnisse erinnert. Die junge Frau arbeitet für die Organisation "Grüne Bande".

Der 2017 gegründete Jugendclub des Bundesverbands Kinderhospiz hat sechzig Mitglieder, sie koordiniert unter anderem die jährlichen Treffen. Für ihr Engagement hat sie einen ganz einfachen nachvollziehbaren Grund: In ihrer Kindheit hätte sie sich genau so eine Gruppe Gleichgesinnter gewünscht. Auch sie hat einen Traum: Sie möchte so bald wie möglich nach New York reisen.

Gegen Ende zeigt der Film Dutzende Erinnerungsfotos; Annikas sechsköpfige Familie konnte dank einer Spendenaktion einen unvergesslichen Urlaub in Afrika machen. Natürlich gibt es auch bewegende Szenen, aber zu Tränen rühren in erster Linie die Aussagen der Eltern, weil sie sich Angst haben, dass ihre Kinder vor ihnen sterben werden; gerade Annikas Mutter spricht offen über ihre entsprechenden Sorgen. Die drei verdrängen ihre Krankheit nicht, dafür sind die Folgen ohnehin viel zu präsent: Laura-Jane sitzt im Rollstuhl, Annika hat eine Beinprothese, Niklas hat Probleme mit der Feinmotorik; aber das blendet er aus, um sich nicht ständig Sorgen machen zu müssen, weil er dann keine Kraft mehr für die wichtigen Dinge hätte.

Das Trio vermittelt ohnehin eine fast schon heroisch anmutende Zuversicht und lässt die Unpässlichkeiten, mit denen gesunde Menschen im Alltag hadern, wie Petitessen wirken. Alle drei leben im Hier und Jetzt, auch in dieser Hinsicht sind sie Vorbilder. Laura-Jane formuliert es so: Wenn du glaubst, das ist dein Weg und du kannst das, aber irgendwer sagt, das kannst du nicht – "mach’s trotzdem!"