Bruder bekennt sich zu Flugblatt

Ilse Aigner (CSU), Präsidentin des bayerischen Landtags, und Hubert Aiwanger (Freie Wähler), bayerischer Wirtschaftsminister
© epd-bild/Karl-Josef Hildenbrand/dpa-Pool
Hubert Aiwanger (hier bei einem ökumenischen Gottesdienst mit Ilse Aigner von der CDU) wurde vrogeworfen, in der 11. Klasse ein antisemitisches Flugblatt verfasst zu haben (Archivbild). Nun gestand sein Bruder Helmut.
Wende im Fall Aiwanger
Bruder bekennt sich zu Flugblatt
Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger hat Vorwürfe zurückgewiesen, in seiner Jugend ein antisemitisches Flugblatt verfasst zu haben. Sein Bruder übernimmt in einer Erklärung die Verantwortung für die Schrift.

Der bayerische Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hat am Samstag Berichte zurückgewiesen, er habe vor mehr als 30 Jahren als Schüler der 11. Klasse ein antisemitisches Flugblatt verfasst. Am Abend meldete sich sein Bruder Helmut Aiwanger zu Wort und erklärte, er habe das Flugblatt verfasst. Der Präsident des Zentralrates des Juden, Josef Schuster, bezeichnete den Inhalt der Hetzschrift als verwerflich. Diese verunglimpfe die Millionen Opfer der Shoah.

"Ich bin der Verfasser dieses in der Presse wiedergegebenen Flugblatts. Vom Inhalt distanziere ich mich in jeglicher Hinsicht", sagte Helmut Aiwanger der Mediengruppe Bayern. Er bedauere die Folgen der Aktion. Die Brüder Helmut und Hubert Aiwanger hatten laut Mediengruppe Bayern 1987/88 gemeinsam die elfte Jahrgangsstufe die elfte Jahrgangsstufe des Burkhart-Gymnasiums in Mallersdorf-Pfaffenberg in Niederbayern besucht.

Die "Süddeutsche Zeitung" (Samstag) hatte berichtet, Hubert Aiwanger stehe im Verdacht, 1987/88 am Burkhart-Gymnasium ein antisemitisches Flugblatt verfasst zu haben. Dieses ruft den Angaben zufolge zur Teilnahme an einem Bundeswettbewerb auf: "Wer ist der größte Vaterlandsverräter?"

Teilnahmeberechtigt sei "jeder, der Deutscher ist und sich auf deutschem Boden aufhält". Bewerber sollten sich "im Konzentrationslager Dachau zu einem Vorstellungsgespräch" melden. Als erster Preis wird ausgelobt: "Ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz".

Aiwanger: "Inhalt ekelhaft und menschenverachtend"

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte Aiwanger daraufhin auf, Stellung zu den Vorwürfen zu nehmen. Vertreter der Opposition aus SPD und Grünen forderten Aiwangers Rücktritt, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten.

Hubert Aiwanger erklärte daraufhin am Samstag: "Ich habe das fragliche Papier nicht verfasst und erachte den Inhalt als ekelhaft und menschenverachtend. Der Verfasser des Papiers ist mir bekannt, er wird sich selbst erklären. Weder damals noch heute war und ist es meine Art, andere Menschen zu verpfeifen." Und weiter: "Bei mir als damals minderjährigem Schüler wurden ein oder wenige Exemplare in meiner Schultasche gefunden. Daraufhin wurde ich zum Direktor einbestellt. Mir wurde mit der Polizei gedroht, wenn ich den Sachverhalt nicht aufkläre."

Als Ausweg sei ihm angeboten worden, ein Referat zu halten. "Dies ging ich unter Druck ein. Damit war die Sache für die Schule erledigt. Ob ich eine Erklärung abgegeben oder einzelne Exemplare weitergegeben habe, ist mir heute nicht mehr erinnerlich. Auch nach 35 Jahren distanziere ich mich vollends von dem Papier", betonte der Politiker der Freien Wähler.

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte, der Text des Flugblattes sei heute nicht minder verwerflich, da er die Millionen Opfer der Schoah auf abscheuliche Weise verunglimpfe. Inwiefern Hubert Aiwanger für die Verbreitung zumindest mitverantwortlich ist, werde in Gänze nicht aufzuklären sein. Die Diskussion darüber sei "erkennbar politisch". Das Flugblatt dürfe aber auch nicht einfach als Jugendsünde abgetan werden, "da es die für unser Land so wichtige Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus regelrecht mit Füßen tritt", erklärte Schuster.