Zwischen Grab und Kaffeetasse

Friedhofsverwalter Matthias Habel und Pastorin Beate Reinhard mit dem Kaffee-Fahrrad
© epd-bild/Marieke Lohse
Friedhofsverwalter Matthias Habel und Pastorin Beate Reinhard sind regelmäßig mit dem Kaffee-Fahrrad unterwegs.
Seelsorge für Trauernde
Zwischen Grab und Kaffeetasse
Ein Friedhof ist mehr als ein Ort der Trauer, er bietet auch Raum für Begegnungen und Gespräche. In Hamburg-Rahlstedt ist daraus jetzt ein wöchentliches Angebot bei einer Tasse Kaffee geworden.

Der Rahlstedter Friedhof ist eine kleine Oase: Es blüht in den buntesten Farben, die Grabsteine und Gemeinschaftsgräber sind teils kunstvoll von Steinmetzen gestaltet und mittendrin stehen Bänke, die den Besuchern einen Platz anbieten.

Wer auf den Bänken sitzt, besucht meist verstorbene Angehörige oder Freunde. Häufig haben die Besucher eine Thermoskanne mit Tee oder Kaffee dabei, beobachtet Pastorin Beate Reinhard. "Sie sind im Gespräch mit ihren Verstorbenen - und da habe ich gedacht, dass es schön ist, als Pastorin hier auf dem Friedhof zu stehen und auch als Person da zu sein."

Also ist die Reinhard jetzt im Sommer jeden Sonnabendnachmittag mit einem Lastenfahrrad auf dem Friedhofsgelände. Das grüne Fahrrad mit großer Ladefläche haben werktags die Friedhofsgärtner in Gebrauch. Reinhard funktioniert es einmal in der Woche zur Kaffeetafel um. "Da sind Pflanzen drauf und Unkraut, und zum Wochenende haben die Gärtner dann die Aufgabe, das Fahrrad zu putzen, damit Frau Reinhard ein sauberes Kaffeefahrrad bekommt", sagt Friedhofsleiter Matthias Habel.

Pastorin Reinhard ist in der Propstei Rahlstedt-Ahrensburg zuständig für den Arbeitsbereich "Seelsorge im Alter". Ihre Aufgabe ist es, niedrigschwellige Gesprächs-Angebote zu schaffen. Regelmäßig bietet sie Trauergruppen in der Gemeinde, aber auch auf dem nahegelegen Friedhof an. "Unser Ziel ist es, erkennbar zu machen, dass es ein kirchlicher Friedhof ist", erklärt Matthias Habel. "Und zu gucken, wie wir Menschen einen Mehrwert in der Seelsorge bieten können." Er ist dankbar, dass er Pastorin Reinhard mit einer halben Stelle für den Friedhof gewinnen konnte.

Mit etwas in der Hand redet sich's leichter

Auch ihm begegnen, wenn er auf dem Friedhof unterwegs ist, Angehörige von Verstorbenen, die das Gespräch suchen. Dann geht es um einen akuten Trauerfall oder um wiederkehrende Gespräche und Begleitung. "Und da tut es total gut zu wissen: da schicken wir einfach mal Frau Reinhard hin", sagt Habel, der als gelernter Gärtner in solchen Fällen an seine seelsorgerlichen Grenzen stößt. Und dann könne der Verweis auf Pastorin Reinhard auch ein Türöffner sein, damit diese Menschen, die Kontakt suchen, ehrenamtlich beim Kaffeefahrrad mitmachen, hofft Habel.

Das Angebot schafft sie zwar als Pastorin, freut sich aber über helfende Hände, die nicht nur Kaffee ausschenken, sondern selbst untereinander ins Gespräch kommen. Stärkung für Leib und Seele gehören für Reinhard unbedingt zusammen: "Das Angebot hat schon den Schwerpunkt darauf, im Gespräch zu sein ", sagt sie. Ihre Erfahrung zeige allerdings: "Mit etwas in der Hand geht es viel leichter zu reden." Daher gibt es sonnabends auf dem Kaffeefahrrad Kaffee, Tee, Kaltgetränke und einen Keks dazu.

Genau in solchen niedrigschwelligen Angeboten sieht die erfahrene Seelsorgerin eine wichtige Aufgabe für Mitarbeitende des kirchlichen Friedhofs, der von den vier umliegenden Gemeinden in Rahlstedt getragen wird. "Es geht darum, dass Trauernde gute Beerdigungen erleben und Begleitung finden, weil Trauer ja nicht endet, wenn der Mensch begraben ist", sagt Reinhard und Habel ergänzt: "Da können wir als Kirche auch ein großes Pfund ausspielen, das wir mitbringen: Einen Blick auf die Menschen zu haben."

Seelsorge im Alltag findet nicht nur in Kirchengemeinden statt, sondern auch an Orten, die für Schwellensituationen stehen. So wie der kirchliche Friedhof in Rahlstedt mit seinen bunt bepflanzten Anlagen. Hier gebe es eine Offenheit für Lebensfragen, sagt die Pastorin. "Es ist anders als im Supermarkt, das ist ein besonderer Ort." Das sei eine gute Chance, um ins Gespräch zu kommen, "und das ist der Kern von kirchlicher Seelsorge: mit Menschen im Gespräch sein und ihnen nahe kommen", betont Reinhard.