Studieren darf kein Luxus sein

Junge Menschen in Universität
© Uwe Anspach/dpa
Die Gründerin der Initiative "ArbeiterKind.de", Katja Urbatsch sagt, dass es Arbeiterkinder an den Universitäten immer noch schwer haben.
Initiative "ArbeiterKind.de"
Studieren darf kein Luxus sein
Trotz einiger Fortschritte haben es Arbeiterkinder nach Aussage der Gründerin der Initiative "ArbeiterKind.de", Katja Urbatsch, an den Universitäten immer noch schwer. "Gerade die aktuelle Situation macht mir Bauchschmerzen", sagte die Geschäftsführerin im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst.

Angesichts hoher Mieten und Lebenshaltungskosten sei der Finanzdruck für die Studierenden enorm, das BAföG reiche oft nicht aus. "Ich habe die Sorge, dass Studieren wieder Luxus wird und dadurch viele Talente verloren gehen."

"ArbeiterKind.de" ermutigt Schülerinnen und Schüler aus nicht-akademischen Familien, als Erste in ihrer Familie zu studieren. Urbatsch gründete die Initiative vor 15 Jahren, als sie an der Gießener Universität promovierte. Mittlerweile engagieren sich bundesweit mehrere Tausend Ehrenamtliche in lokalen Gruppen, um Kinder aus Familien ohne Hochschulerfahrung zu unterstützen.

Die Initiative wolle niemanden davon abhalten, eine Ausbildung zu beginnen, betonte Urbatsch. "Es geht darum, unabhängig von der sozialen Herkunft den Talenten zu folgen." Es sei falsch, wenn jemand nur aus finanziellen Gründen den Wunsch aufgebe, zu studieren. Sie rate den jungen Leuten: "Folgt euren Träumen."

Außerdem müsse man klar sagen: "Man hat einfach höhere Verdienstmöglichkeiten, wenn man studiert hat." In vielen Berufen, zum Beispiel im Öffentlichen Dienst, komme man ohne ein Studium nicht weiter.

Stipendienvergabe neu denken

Inzwischen sei das Bewusstsein gestiegen, dass Studierende aus Nicht-Akademikerfamilien Unterstützung brauchten. Dazu habe "ArbeiterKind.de" beigetragen. Jetzt müssten aber Maßnahmen folgen, forderte Urbatsch. Wichtig seien mehr Stipendien für diese Zielgruppe, und diese müssten eine andere Ausrichtung bekommen: Nicht nur "Top-Leistung" und ehrenamtliches Engagement sollten belohnt werden, sondern es müsse bei der Auswahl der Stipendiaten vermehrt auf die soziale Herkunft und Lebensleistung geschaut werden. "Denn Top-Leistung und Engagement sind Phänomene der Mittelschicht."

Die Gründerin der Initiative "ArbeiterKind.de", Katja Urbatsch, will  Schülerinnen und Schüler aus Familien ohne Hochschulerfahrung dazu ermutigen, als Erste in ihrer Familie zu studieren.

Auch müssten Unternehmen und Stiftungen stärker in die Finanzierung von Stipendien einsteigen, um Talente zu fördern. Die Hochschulen gingen in der Regel davon aus, dass die Eltern ihre Kinder finanziell und ideell unterstützen. Hilfreich könnten zum Beispiel Teilzeit-Studiengänge sein.

In Deutschland hängt die Wahrscheinlichkeit, ob ein Kind studiert, noch immer vom Bildungsstand der Eltern ab, wie "ArbeiterKind.de" auf seiner Website erklärt: Laut dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung nähmen von 100 Akademikerkindern 79 ein Studium auf, von 100 Nicht-Akademikerkindern aber nur 27.