Umgang mit Missbrauch ist kirchliches Kernthema

Portrait von Dorothee Wüst im Freien vor grünem Hintergrund
© epd-bild/Klaus Landry
Die Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst hat die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt als Kernthema der Kirche bezeichnet. Wüst ist auch Sprecherin des Beauftragtenrats der Evangelischen Kirche in Deutschland zum Schutz vor sexualisierter Gewalt.
Pfälzische Kirchenpräsidentin
Umgang mit Missbrauch ist kirchliches Kernthema
Im Umgang mit dem Thema Missbrauch entscheide sich die Glaubwürdigkeit der Kirche, sagte Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst vor der Landessynode. Mit zwei digital gestützten Projekten will die Pfälzer Kirche ihre Mitglieder besser ansprechen.

Die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst hat die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt als Kernthema der Kirche bezeichnet. "Es ist so etwas wie die aktuelle kirchliche 'Gretchenfrage', an der sich in hohem Maße unsere Glaubwürdigkeit als Institution entscheidet", sagte Wüst, die auch Sprecherin des Beauftragtenrats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zum Schutz vor sexualisierter Gewalt ist, am Freitag in ihrem Bericht vor der in Kaiserslautern tagenden Landessynode.

In der überregionalen medialen Berichterstattung dominierten Meldungen über Missbrauch und die Glaubwürdigkeitskrise der christlichen Kirchen, sagte die Kirchenpräsidentin. Derzeit seien in der Landeskirche 44 Verdachtsfälle von sexualisierter Gewalt seit 1947 bekannt. Am Umgang damit "wird man uns messen", sagte Wüst.

Unabdingbar für die Zukunft der Kirche sei es, die Menschen zu sehen und ihr Wohl in den Mittelpunkt allen kirchlichen Handelns zu stellen, sagte Wüst. Sie sprach sich für eine Kirche aus, die neue Räume für christliches Leben in der Gesellschaft erprobt. Gezielt sollten auch Kirchendistanzierte angesprochen werden. Auch wenn die Kirche möglicherweise nicht mehr "Volkskirche" sei, bleibe ihr Anspruch bestehen, alle Menschen als Geschöpfe Gottes wahrzunehmen.

Wüst plädierte zudem dafür, die Zusammenarbeit der verschiedenen christlichen Kirchen zu vertiefen. Vermehrt würden diese in der Gesellschaft nur als "die Kirche" wahrgenommen. Am besten solle die Pfälzer Kirche "unverdrossen protestantisch und gleichzeitig unverdrossen ökumenisch" sein, riet die Kirchenpräsidentin.

Die Synode beschloss am Freitag zwei digital gestützte Projekte, mit dem die Landeskirche ihre Mitglieder direkt ansprechen will. Das "Philippus"-Projekt soll Kirchenmitglieder auf ihrer "Lebensreise" begleiten, etwa mit einem Gruß zum Geburtstag, zur Trauung oder der Geburt eines Kindes. Ein am Speyerer Landeskirchenrat angebundenes "Segensbüro" soll Menschen niedrigschwellig Segensangebote machen, unabhängig von Kirchenmitgliedschaft oder Gemeindezugehörigkeit. Beide Projekte sollen in einer Pilotphase bis Herbst 2024 in Kooperation mit Kirchengemeinden und Dekanaten erprobt werden. Dafür stellt die Pfälzer Kirche zusammen mehr als 260.000 Euro bereit.

Zudem verabschiedete die Synode neue Leitlinien für die kirchliche Bildungsarbeit, die in einen zukünftigen Priorisierungsprozess für die kirchliche Arbeit einfließen sollen. Die Kirche müsse stärker als bisher die moderne Lebenswelt und die Bedürfnisse der Menschen in den Blick nehmen, sagte der Bildungsdezernent, Oberkirchenrat Claus Müller.