Die Stimme der Kirche kann lauter werden

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Bei den sinkenden Kirchenmitgliederzahlen bleiben die, die sich mit ihrer Kirchensteuer um andere kümmern und die sich nach einer besseren Welt sehnen.
Kommentar zu Kirchenmitgliedszahlen
Die Stimme der Kirche kann lauter werden
Die Kirchenmitgliedszahlen machen deutlich, dass die Kirche an gesellschaftlicher Bedeutung verliert. Dieses Schicksal teilt sie mit anderen relevanten Größen. Ein Kommentar von Frank Muchlinsky.

Die Zahlen sind eindeutig. Immer mehr Menschen verlassen die Gemeinschaft der Kirchensteuerzahlenden. Ja, die Kirche verliert an Bedeutung, was den gesellschaftlichen Diskurs angeht. Je mehr Mitglieder ein Verein hat, desto eher wird dessen Stimme gehört. 21,4 Millionen ADAC-Mitglieder haben eine stärkere Lobby als 630.000 zahlende Mitglieder bei Greenpeace. Wenn die Kirchen nur eine Minderheit der Bevölkerung vertreten, fällt es leichter, sie zu ignorieren. Die Kirchen sind derzeit damit beschäftigt, diesen Bedeutungsverlust zu verarbeiten.

Jeder Mensch ab 14 Jahren kann sich in Deutschland frei entscheiden, ob und zu welcher Religionsgemeinschaft er gehören will. Das ist gut so, und es ist richtig, dass von dieser Freiheit rege Gebrauch gemacht wird. Wer sich dafür entscheidet, freiwillig 8 bis 9% der eigenen Einkommensteuer zusätzlich als Kirchensteuer zu zahlen, meint es anscheinend mittlerweile ernst mit der Kirche. Es bleiben die übrig, die sagen: Es gibt Größeres als uns Menschen. Es bleiben die, die sich mit ihrer Kirchensteuer um andere kümmern und die sich nach einer besseren Welt sehnen. Wenn aber nur noch "Gutmenschen" übrigbleiben, können die auch entsprechend auftreten.

Je weniger Mitglieder die Kirche hat, je mehr sie zur Minderheit wird, desto deutlicher kann sie tun, was richtig ist, und was schließlich auch unserer Gesellschaft hilft. Kirche muss sich nicht mehr fürchten, wenn sie eindeutig für den Klimaschutz eintritt, für Menschen auf der Flucht oder für sexuelle Diversität. Sie braucht keine Angst mehr zu haben, dass ihr Leute davonlaufen. Sie tun es ohnehin, sei es durch Austritt oder durch Tod.

Die Kirchen teilen den Bedeutungsschwund mit vielen anderen gesellschaftlichen Größen, die vor ein paar Jahrzehnten noch als unantastbar galten, und die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Der Pfarrer einer Ortsgemeinde ist zusammen mit der Bürgermeisterin zur Zielscheibe von Spott oder Desinteresse geworden. Die Polizistin muss bei ihren Einsätzen zusammen mit dem Rettungssanitäter und der Feuerwehrfrau darum bangen, bei der Arbeit behindert oder angegriffen zu werden. Der Öffentlich-rechtliche Rundfunk wird ebenso infrage gestellt, wie die Demokratie selbst.

Die Kirche darf sich getrost mit denen unterhaken, die gegen den Trend Gutes tun und sagen, weil es eben richtig ist. Da ist die Evangelische Kirche in Deutschland hier und da bereits auf einem guten Weg. Lobbyistin für Religionsfreiheit, für Menschenwürde, für gesellschaftlichen Zusammenhalt und sinnvolle Regeln kann und wird die Kirche bleiben. Man braucht keine Mehrheit in der Bevölkerung, um gehört zu werden. Solche Mehrheit hat nicht einmal der ADAC.

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