Kurs verbindet Bibel mit Yoga

"Biga"-Kurs im Keller des Gemeindehauses der Fürther Wilhelm-Löhe-Gedächtniskirche
© epd-bild/Ulrike Schwerdtfeger
Bei einem "Biga"-Kurs im Keller des Gemeindehauses der Fürther Wilhelm-Löhe-Gedächtniskirche können die Teilnehmer die Bibel ganzheitlich erfahren und ausprobieren.
Wort Gottes körperlich erleben
Kurs verbindet Bibel mit Yoga
Den Atem beobachten, nicht kontrollieren. Das Gedanken-Karussell bewusst anhalten, den Moment wahrnehmen: Das wird bei "Biga" trainiert - die Kursteilnehmer:innen können die Bibel sportlich erleben.

Im Keller des Gemeindehauses der Fürther Wilhelm-Löhe-Gedächtniskirche sind Yoga-Matten ausgerollt und Menschen versammelt, die sich zum "Biga"-Kurs angemeldet haben, die Bibel ganzheitlich erfahren und ausprobieren wollen. "Durch Körperhaltungen, Atemübungen und Meditation lernen die Übenden, sich im Getriebe des Alltags zu verankern, bewusster mit sich umzugehen und auf die innere Stimme zu lauschen", erklärt Pfarrer Günter Kusch, der den theologischen Part des Abends übernimmt.

Zusammen mit Kollegin Andrea König vom Amt für Gemeindedienst in Nürnberg hat der 58-Jährige während der Corona-Zeit "Biga" konzipiert und ein Buch darüber geschrieben, "Die Bibel sportlich nehmen".

Gemeinsam mit Yoga-Lehrerin Ulrike Balzer geht es in einer Serie von Abenden nun an die praktische Umsetzung, die Bibel körperlich erlebbar zu machen: Acht biblische Männer und Frauen werden beim "Biga" genauer unter die Lupe genommen und in Asanas, Körperstellungen im Yoga, umgesetzt und nachempfunden. "Einige der Asanas besitzen eine starke Symbolkraft", erklärt Kusch: "Die Körperübungen unterstützen uns, etwa die Situation des Mose nachzuerleben." 120 Jahre alt soll Mose gewesen sein, als er auf den Berg Nebo stieg, von wo ihm Gott das gelobte Land gezeigt haben soll.

"Die Finger liegen rechts und links der Hüfte", sagt Ulrike Balzer mit ruhiger Stimme. Die 62-Jährige schaut sich im Raum um, steht leise auf, korrigiert die Haltung einer Teilnehmerin, bleibt mit Blick auf die Gruppe stehen und fährt fort: "Mit dem Kopf heben wir auch das Brustbein. Die Beine pressen wir in die Matte."

Achten auf jedes Körperteil

Nun übernimmt Günter Kusch: "Wir stellen uns vor: Mose in seinem Korb ringt um Balance, so wie der Mensch immer wieder ins Schwimmen gerät und sich nach Halt sehnt. Nach Gott, der uns im Strom des Lebens nicht allein lässt."

Beim "Biga" gehe es darum, das Wort Gottes mit Körper und Geist erlebbar zu machen.

Die eigene Zentrierung gebe Stabilität; sei diese nicht gegeben, könnten Sicherheiten ins Schwanken geraten. "Deine stete Achtsamkeit auf jedes Körperteil hilft dir, in der Gegenwart zu verweilen", heißt es in "Die Bibel sportlich nehmen". Manche, so lautet es weiter im Buch, verfielen in einen Ozean der Mutlosigkeit: "Wir fühlen uns frustriert oder depressiv, aggressiv, wollen am liebsten aufgeben und weglaufen. Und doch finden wir Gott nur in der Gegenwart, in der Präsenz des Augenblicks."

Kraftquelle für stressige Zeiten

Bewegung und Glaube harmonierten gut miteinander, finden die ""Biga""-Initiatoren. Das Leben sei manchmal ein ziemlicher Balance-Akt, betont Mit-Autorin Andrea König. Es gehe darum, das Wort Gottes mit Körper und Geist erlebbar zu machen, biblische Lebens- und Glaubensgeschichten zu hören und auf ganz neue Weise zu erspüren. "Biblische Erzählungen und körperliche Übungen können eine Kraftquelle sein, um in stressigen Zeiten zur Ruhe zu kommen und ganz bei sich zu sein", ist König überzeugt.

Detailaufnahme einer Dehnübung beim ""Biga""-Kurs.

So schätzt etwa Teilnehmer Gunther Brieger ganz besonders den Perspektivwechsel: "Ich finde die Kombination aus Körpererfahrung und Bibel einfach spannend", sagt der 49-Jährige. "Irgendwie gehen die Texte anders ins Ohr." Zudem schlage "Biga" eine für ihn interessante Brücke zwischen den Weltreligionen.

Sich immer wieder neu aufrichten

Alle Menschen, findet Günter Kusch, könnten sich von Gott ganzheitlich berühren lassen. "Was mutet er mir ganz persönlich zu?", könne etwa ein Impuls in der Beschäftigung mit sich selbst sein. Oder: "Auf welche Dürrezeiten und Wüstenerfahrungen kann ich in meinem Leben zurückblicken? Von welchen Lebenszielen musste ich mich verabschieden?"

Die Teilnehmer:innen stehen in der Mitte ihrer Matten. "Die großen Zehen berühren sich leicht", sagt Ulrike Balzer, "die Fersen stehen etwas auseinander." Konzentration liegt in der Luft und Stille, wohltuende Stille. "Der Mensch, der Gott begegnet", sagt Kusch, "wird in dieser Haltung ruhig". Schließlich geht der Blick nach oben, die Arme sind gestreckt. Nun heißt es wieder nachspüren, sich lang, stolz und selbstbewusst wie ein Baum machen, sich immer wieder aufrichten, die Erneuerung und auch die Erdung spüren - um schließlich in die Entspannung zu gelangen und die Haltung aufzulösen.