TV-Tipp: "Blackout"

Fernseher vor gelbem Hintergrund
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26. Januar, Sat.1, 20.15
TV-Tipp: "Blackout"
Ein Abend ohne Strom, Kerzenschein statt Fernsehen: Das kann durchaus romantisch sein. Spätestens am nächsten Tag fühlt sich das Dasein allerdings bereits ein bisschen wie Steinzeit an. Wenn dieser Zustand für das ganze Land oder gar den gesamten Kontinent gilt, bricht schon nach kurzer Zeit Chaos aus. Das beklemmende Szenario wird im Technikthriller zu einer Odyssee durch Deutschland, indem ein vom Geheimdienst entführter Technikfreak seine Unschuld beweisen muss. Hochspannung garantiert.

Ein Abend ohne Strom, Kerzenschein statt Fernsehen: Das kann durchaus romantisch sein. Spätestens am nächsten Tag fühlt sich das Dasein allerdings bereits ein bisschen wie Steinzeit an. Wenn dieser Zustand für das ganze Land oder gar den gesamten Kontinent gilt, bricht schon nach kurzer Zeit Chaos aus. Das ist das beklemmend aktuelle Szenario des bereits 2012 erschienenen Bestsellers "Blackout – Morgen ist es zu spät" von Marc Elsberg. Der Roman des Österreichers ist ein Technikthriller auf Basis einer umfangreichen Recherche, und vermutlich bestand die größte Herausforderung für Lancelot von Naso und Kai-Uwe Hasenheit darin, für die Drehbücher der sechsteiligen Serie den richtigen Mittelweg zu finden: Die Informationen über die Stromversorgung und ihre digitalen Details sind unverzichtbar, aber zu viel Technik ist erfahrungsgemäß ein Spannungskiller, zumal solche Fakten nicht zuletzt aufgrund ihrer Bedeutung für den Fortlauf der Handlung nicht beiläufig eingestreut werden können. Es ließ sich daher nicht vermeiden, dass die komplizierte Materie regelmäßig erläutert werden muss, aber das haben die beiden Autoren sehr gut gelöst. 

Die Geschichte ist ohnehin klasse. Im Grunde beginnt sie vor zwanzig Jahren beim G8-Gipfel in Genua, als die italienische Polizei äußerst brutal gegen junge Globalisierungsgegner und Umweltaktivisten vorgegangen ist. Damals ist eine Saat gesät worden, die nun aufgeht: An einem Winterabend verlöschen in Europa die Lichter. Der deutsch-italienische IT-Spezialist Pierre Manzano (Moritz Bleibtreu) aus Bozen braucht nicht lange, um rauszufinden, dass ein Hacker in die digitalen Herzen jedes einzelnen Haushalts eingedrungen ist; der entsprechende Code ist ihm zudem nur allzu gut bekannt.

Sein Freund und Nachbar Carlo (Claudio Caiolo) überredet ihn, die Information weiterzugeben, aber Manzano will nichts mit den Behörden zu tun haben, und das aus gutem Grund: Als es ihm gelingt, sich zur Innsbrucker Zentrale des regionalen Energiekonzerns durchzuschlagen, wird er von einer Spezialeinheit entführt und findet sich kurz drauf in Den Haag wieder; Europol sieht in ihm den Urheber des Stromausfalls. Dies ist der Auftakt zu einer abenteuerlichen Odyssee quer durch Deutschland, denn Manzano hat nur eine Chance, seine Unschuld zu beweisen: Er muss die wahren Täter finden; und die Suche führt direkt in seine eigene Vergangenheit.

Die Serie hat natürlich nicht das Budget eines Katastrophenfilms aus Hollywood, aber der Hochspannungsfaktor ist kaum niedriger. Das Konzept ist ohnehin das gleiche: Im Zentrum stehen Personen, die sich nicht in ihr Schicksal fügen; drumherum reichern Nebenschauplätze die Geschichte um die notwendigen Emotionen an. Geschickt sorgt das Drehbuch dafür, dass sich das große Ganze und die individuellen Schicksale die Waage halten.

Zweite Schlüsselfigur ist Frauke Michelsen (Marie Leuenberger). Die Leiterin des Berliner Krisenstabs ahnt, wie sich die Dinge entwickeln werden, warnt vor Plünderungen und Seuchengefahr und beschwört den Innenminister (Herbert Knaup), die Bevölkerung zu informieren und den Katastrophenfall auszurufen. Das Kanzleramt will jedoch auf Sicht fahren und lehnt später, als das Land längst in Anarchie versinkt, auch die Hilfe Russlands ab, zumal nicht ausgeschlossen werden kann, dass das von der Cyberattacke verschonte Land hinter dem Anschlag steckt.

Frauke steht derweil unter doppeltem Druck: Ihre siebenjährigen Zwillingstöchter saßen in einem ICE, der auf offener Strecke irgendwo in Brandenburg halten musste. Die Fahrgäste sind in einer nahegelegenen Turnhalle untergebracht worden; aber von den beiden Kindern fehlt jede Spur. Die Mädchen haben sich einem Mann anvertraut, der ganz in der Nähe wohnt und sie mit nach Hause nimmt; die Besetzung mit dem Schurkendarsteller Thomas Lawinky lässt das Schlimmste befürchten. 

Die weiteren Erlebnisse von Manzanos Nachbar, der auf einem Bauernhof strandet und kurzerhand als Melker verpflichtet wird, hätten sich auch kürzer erzählen lassen, und ein Nebenstrang über eine Achterbahn, die auf einer Kirmes in Leipzig so unglücklich stehen bleibt, dass die Passagiere kopfüber in der Luft hängen, dient allein dem Nervenkitzel. Die Ebene mit dem einstigen Hacker ist dagegen umso komplexer. Erst soll Manzano der Polizei helfen, die Nadel im Heuhaufen zu finden, aber er dann hält ihm der Einsatzleiter vom BKA (Heiner Lauterbach) einen Haftbefehl unter die Nase. Bei der Flucht wird er angeschossen. Ohnehin sorgen unerwartete Ereignisse immer wieder dafür, dass sich die Serie regelmäßig in eine völlig andere Richtung entwickelt. 
Neben der handlungs- und wendungsreichen Geschichte, der eindrucksvollen visuellen Kraft der zwangsläufig über weite Strecken düsteren Bilder (Kamera: Kolja Brandt, Jann Döppert), vielen kleinen verblüffenden Momenten (Giraffen auf der Straße des 17. Juni) sowie dem großen Aufwand etwa bei den Straßenschlachten imponiert "Blackout" nicht zuletzt durch die Prominenz der Mitwirkenden. Die Besetzung der ständig neuen Nebenfiguren mit vertrauten Gesichtern hat zudem zur Folge, dass das große Ensemble nie unübersichtlich wird. Gerade diese überraschenden Verknüpfungen der verschiedenen Stränge machen einen großen Reiz der Serie aus. Sat.1 zeigt sie donnerstags in Doppelfolgen.