Evangelische Kirchen rufen zu Gottvertrauen auf

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Die Ratsvorsitzende der EKD, Annette Kurschus, erklärte unter Bezug auf die Jahreslosung für 2023: "Die Gewissheit, dass Gott mich sieht, gibt mir einen anderen Blick in die Welt, auf die Menschen und auf die Nöte der Zeit."
Zum Jahreswechsel
Evangelische Kirchen rufen zu Gottvertrauen auf
"Du bist ein Gott, der mich sieht", lautet die biblische Jahreslosung für 2023. Leitende Geistliche stellen sie in den Mittelpunkt ihrer Botschaften zum Jahreswechsel und deuten sie als Appell, die Hoffnung in Krisenzeiten nicht zu verlieren.

Leitende Geistliche in der evangelischen Kirche rufen zum Jahreswechsel zu Mut und Gottvertrauen auf. Angesichts weltweiter Krisen hob die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, die hoffnungsstiftende Kraft des Glaubens hervor. "Die Gewissheit, dass Gott mich sieht, gibt mir einen anderen Blick in die Welt, auf die Menschen und auf die Nöte der Zeit", erklärte die westfälische Präses am Donnerstag in Hannover unter Bezug auf die Jahreslosung für 2023 "Du bist ein Gott, der mich sieht" (Genesis 16,13).

Sollte sie wieder die Aussichtslosigkeit überfallen, wie so oft im vergangenen Jahr, dann werde die Losung ihr Stoßgebet sein, betonte die Ratsvorsitzende. Die Gewissheit, dass Gott sie sehe, öffne ein Fenster zum Himmel. "Licht bricht von oben ein in meinen elenden Tunnelblick, der nichts mehr zu erwarten vermag als das nächste Unglück", schrieb Kurschus in ihrer Botschaft zum Jahreswechsel: "Ich bin herausgerissen aus der Fixierung auf das fortschreitende Unheil."

Der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Ernst-Wilhelm Gohl, rief zu einer "Kultur des gegenseitigen Wahrnehmens" auf. "In diesen Tagen erlebe ich eine zutiefst gekränkte Gesellschaft und viele Menschen, die darunter leiden, nicht wahrgenommen und übersehen zu werden", schrieb Gohl in seiner Neujahrsbotschaft unter Verweis auf die Jahreslosung. Aufgabe der Kirche sei es, Menschen zu ermutigen und die Hoffnung des Evangeliums zu verbreiten.

Für den bayerischen evangelischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm macht die Jahreslosung deutlich, dass die Bibel von einem Gott spreche, "der immer auf der Seite der Schwachen und Unterdrückten steht". Die Zusage "Du bist ein Gott, der mich sieht" sei "die größte Quelle von Kraft, von Selbstachtung, von innerer Stärke", die er sich vorstellen könne, erklärte der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende.

Die stellvertretende Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Ulrike Scherf, unterstrich, es sei wichtig, andere Menschen nicht aus dem Sichtfeld zu verlieren. Besondere Aufmerksamkeit hätten derzeit unter anderem Geflüchtete mit ihren Kindern aus der Ukraine, Protestierende im Iran und Beschäftigte in Kliniken und Pflegeheimen nötig, sagte die Theologin. Die biblische Jahreslosung für 2023 lade dazu ein, jede und jeden wahrzunehmen und "mit Gottes Blick auch auf andere zu schauen".

Die Bischöfin der badischen evangelischen Landeskirche, Heike Springhart, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), sie werde sich die Jahreslosung "hinter die Ohren schreiben": "Und damit hängt zusammen der schmunzelnde Leitspruch: Es gibt einen Gott - und ich bin’s nicht."