Früherer Bischof Stein vertuschte Missbrauch

Rückseite der Hohen Domkirche zu Trier und ein Teil des Kreuzgangs
© Harald Tittel/dpa
Bis 1981 amtierte Bischof Bernhard Stein am Trierer Dom. In seiner Amtszeit sollen laut Untersuchungsbericht Missbrauchsfälle systematisch verschleiert worden sein.

Ackermann zum Rücktritt aufgefordert
Früherer Bischof Stein vertuschte Missbrauch
Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier hat einen weiteren Bericht vorgelegt. Für die Amtszeit von Bischof Bernhard Stein (1967-1981) verzeichnet sie bisher 200 Missbrauchsopfer.

Im Bistum Trier hat es Nachforschungen zufolge während der Amtszeit des Trierer Bischofs Bernhard Stein (1967-1981) deutlich mehr Missbrauchsfälle gegeben als während anderer Amtszeiten. Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs (UAK) im Bistum habe bisher 200 Betroffene, meist Jungen, und 81 Beschuldigte beziehungsweise Täter identifiziert, von denen nach den vorliegenden Akten mindestens 17 den Verantwortlichen bereits bekannt gewesen seien, erklärte die UAK am Freitag zur Vorstellung des Zwischenberichts eines Forscherteams der Universität Trier.

Zahlen, die das Bistum bisher für den Zeitraum 1946 bis 2021 zusammengetragen hatte, gingen von 513 Betroffenen für diese gesamte Zeit aus. Die Verantwortlichen hätten in den meisten der ihnen damals bekannten Fällen auf schwere kirchliche Sanktionen gegen die Täter und die Beschuldigten verzichtet, geschweige denn die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, erklärte die UAK.

Laut der Kommission ging es in der Ära von Stein darum, "den guten Ruf von Kirche und der dieses System tragenden Gesellschaftsbereiche nicht zu gefährden". Dabei sei die Missachtung der Missbrauchsopfer nicht nur in Kauf genommen, sondern teilweise aktiv mitbetrieben worden.

Pfarrer und Kaplane hätten die ihnen anvertrauten Jungen und Mädchen in Sakristeien, ihren Wohnungen, in Ferienlagern oder Freizeitheimen missbraucht. Dabei hätten Priester "Situationen quasifamiliärer Nähe" genutzt. In sehr vielen Fällen habe die Androhung von Gewalt oder die Angst der Betroffenen davor eine Rolle gespielt. Der Bericht beschreibt in Fallbeispielen, wie die Verantwortlichen - und die Eltern in Fällen, in denen sich ihre Kinder offenbarten - die Vorfälle unter den Teppich zu kehren suchten.

Bischof Stein selbst sei laut Aktenlage nur mit elf der Fälle persönlich befasst gewesen. Die UAK gehe aber davon aus, dass er als Bischof das damalige System gestützt habe, hieß es. Die Kommission forderte die aktuelle Bistumsleitung erneut auf, sich von dem "systematischen Versagen zu distanzieren, deren Ursachen vollständig zu beseitigen und ihre Folgen zu mildern".

Die Betroffenenvereinigung Missbit forderte den amtierenden Bischof Stephan Ackermann dazu auf, zurückzutreten. Ein Schuldeingeständnis und die Offenlegung eigener Fehler seien das Mindeste, was er der Öffentlichkeit schulde, heißt es in einer Erklärung. Seit 2010 wisse er um die Fälle in der "Steinzeit" und habe dazu geschwiegen. Missbit appellierte zudem an den Trierer Stadtrat, den Bischof-Stein-Platz umzubenennen und Stein die Ehrenbürgerwürde abzuerkennen.