TV-Tipp: "Gute Nachrichten – Der Usedom-Krimi"

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13. Oktober, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Gute Nachrichten – Der Usedom-Krimi"
Natürlich soll eine langlaufende Reihe in erster Linie fesselnde Geschichten erzählen, aber die womöglich größere Herausforderung besteht im Spagat zwischen Stammpublikum und Laufkundschaft.

Es ist zwar heute nicht mehr entscheidend, dass die Hauptfigur der "Usedom-Krimis" einst ihren Mann ermordet und später die Tochter verloren hat, aber trotzdem geben die Autorinnen und Autoren immer wieder mal Antworten auf Fragen, die einige Episoden zuvor aufgeworfen worden sind. Für Fans ist so etwas stets ein kleines Fest, doch gleichzeitig müssen die Drehbücher berücksichtigen, dass nicht alle wissen, worum es geht; und dieser Kompromiss ist Autorin Dinah Marte Golch in ihrer dritten "Usedom"-Arbeit vorzüglich gelungen. Bloß der Titel irritiert, denn "Gute Nachrichten" hat der siebzehnte Film eher nicht zu bieten. Immerhin klärt sich endlich auf, wer der Vater des Babys von Hauptkommissarin Ellen Norgaard (Rikke Lyllof) ist; aber genau das ist das Problem.

Die Handlung beginnt idyllisch: Die frühere Staatsanwältin Karin Lossow (Katrin Sass) tummelt sich mit Ellens mittlerweile zwei Jahre altem Sohn Jesper am Strand. Die wie stets vorzügliche und sehr präsente Musik von Colin Towns sorgt mit ihren klassischen Thriller-Klängen allerdings dafür, dass den Bildern nicht zu trauen ist. Derweil unterbricht Ellen eine Vernehmung im Revier, um sich in einer Tiefgarage mit einem Liebhaber zu treffen. Als eine Gärtnerin in einem Ferienhaus eine Frau inmitten einer großen Blutlache entdeckt, endet die Idylle abrupt. Bei der Toten handelt es sich um die bekannte TV-Journalistin Sandra Berger-Gomez. Weil sie gemeinsam mit ihrem Mann eine investigative Reihe moderiert und das als Traumpaar geltende Duo vor einigen Jahren bei einer Recherche in Nordamerika beschossen worden ist, steht kurz die Vermutung im Raum, mexikanische Menschenhändler hätten sich gerächt. Zum Glück gehen Golch und Regisseur Matthias Tiefenbacher gar nicht erst ernsthaft auf dieses Ablenkungsmanöver ein. Weil die meisten Morde Beziehungstaten sind, gilt der Witwer, Jonas Gomez (Nikolai Kinski), erst mal grundsätzlich als verdächtig, zumal sein Alibi erhebliche Lücken aufweist. Dabei hätte er die beste Zeugin, die man sich nur wünschen kann: Gomez ist der Mann, mit dem sich Ellen getroffen hat. 

Die Geschichte erinnert von Ferne an "Das Schlafzimmerfenster" (1987). In dem Hollywood-Krimi hat ein Mann eine Affäre mit der Frau seines Chefs. Als sie ein Verbrechen beobachtet, übernimmt er an ihrer Stelle die Zeugenaussage, verwickelt sich prompt in Widersprüche und gilt schließlich selbst als Mordverdächtiger. Golchs Variation dieses typischen Hitchcock-Stoffs funktioniert nur, weil Ellen und der TV-Star das Geheimnis für sich behalten will: Sie, weil sich Sex während der Arbeitszeit nicht gut in der Personalakte macht; er, weil es seinem guten Ruf schaden würde, wenn die Affäre rauskäme, zumal er gerade erfahren hat, dass er Jespers Vater ist. Eigentlich wollte er seine Frau schon damals verlassen, aber dann ist sie in Mexiko schwer verletzt worden. Natürlich würde Ellen sich selbst und ihrem Geliebten allerlei Imponderabilien ersparen, wenn sie dem Kollegen Witt (Till Firit) wenigstens im Vertrauen gestehen würde, was das Paar in der Tiefgarage getrieben hat; die Rückblenden tauchen das Erlebnis in ein geradezu verklärendes Licht (Kamera Hanno Lentz).

Tatsächlich versucht sie es sogar, doch dann wäre Tiefenbachers "Usedom"-Premiere bloß noch ein gewöhnlicher Krimi. Aber trotzdem sehenswert: Schon allein die Szenen mit Katrin Sass und der jungen Elsa Krieger sind ein großes Vergnügen. Witt ist Lossows Neffe, Merle seine elfjährige Tochter und die ehemalige Juristin somit nicht nur Kindermädchen für Jesper, sondern auch Ferientante. Als Ellen sie ins Vertrauen zieht und um Hilfe bittet, fällt der Besuch im Erlebnisbad den Ermittlungen zum Opfer. Elsa, offenbar ein Naturtalent, hat sichtlich Spaß an ihrer Rolle als "Pfefferkorn" und bestreitet zudem die heitere Ebene des Films dank ihrer kecken Dialogzeilen fast im Alleingang. Die Kombination aus Krimi und Familiengeschichte ist ohnehin so etwas wie das Alleinstellungsmerkmal der Reihe. Dazu passt auch die entspannte Inszenierung. Die Krimiebene ist zwar dank einiger illustrer Figuren durchaus interessant, aber spannender ist letztlich die Frage, wie Ellen aus der Nummer rauskommt. Sehr sympathisch und wesentlich origineller als die Auflösung ist schließlich die Idee, dass ausgerechnet selbstgebackene Plätzchen Gomez überführen; zwar nicht als Mörder, aber als Liebhaber.