Ukraine-Krieg hat Bundeswehr verändert

Bernhard Felmberg
© epd-bild/Christian Ditsch
Militärbischof Bernhard Felmberg berichtet, dass sich seit dem russischen Angriff auf die Ukraine auch die gesellschaftliche Einstellung zur Bundeswehr verändert hat.
Militärbischof Felmberg
Ukraine-Krieg hat Bundeswehr verändert
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine bewegt nach Überzeugung des evangelischen Militärbischofs Bernhard Felmberg die deutschen Soldatinnen und Soldaten stark.

"Auch die Bundeswehr hat sich in diesem halben Jahr verändert", erklärte Felmberg anlässlich des Sommerfests der evangelischen Militärseelsorge in Berlin.

Die Eskalation bringe neue Aufgaben und Risiken, führte er aus. Die Soldatinnen und Soldaten zeigten Präsenz an den Grenzen des Bündnisgebietes. Innerhalb kürzester Zeit habe sich in der Bundeswehr das Denken über die Bundeswehr verändert, weil ein Krieg zwischen benachbarten Staaten mitten in Europa wieder denkbar geworden sei. Munitionsdepots würden aufgefüllt und Bundeswehrangehörige würden darüber nachdenken, was der Verteidigungsfall für sie und ihre Familien bedeuten würde.

Der Militärbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sieht aber auch außerhalb der Bundeswehr ein Umdenken. "Die Gesellschaft erkennt nun stärker, welch wichtigen Dienst Soldatinnen und Soldaten für unsere Freiheit und Sicherheit tun", sagte er. Der evangelische Theologe erinnerte zudem an das Leid der Ukrainer im Krieg. "Der menschliche Preis ist schrecklich", sagte er. Zehntausende Menschen seien dem Krieg zum Opfer gefallen, Millionen seien auf der Flucht. Dass sich die Menschen seit mehr als sechs Monaten erfolgreich gegen die Invasion wehrten, "nötigt uns allen Respekt ab", erklärte er.

Am Sommerfest der evangelischen Militärseelsorge am Dienstagabend nahm auch die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, teil und dankte Soldatinnen und Soldaten für deren Eintreten für eine demokratische Gesellschaft. Sie hätten bewusst das "Kriegshandwerk gelernt", um Demokratie, Recht und Freiheit zu schützen, sagte Kurschus. Ohne dies könne kein Friede sein. "Frieden ist nicht allein Waffenstillstand", sagte die westfälische Präses. Frieden sei, wenn Menschen frei leben könnten und in ihren Rechten geschützt seien. Dies zu tun, sei der einzige Zweck des Soldatenberufs.

Die Ratsvorsitzende forderte Soldatinnen und Soldaten dazu auf, stets ihrem Gewissen zu folgen. "Werfen Sie Ihr Gewissen nicht weg, werfen Sie Ihre Liebe zur Demokratie nicht weg", sagte sie. Gleichzeitig forderte die Theologin auch die zivile Gesellschaft auf, die Demokratie zu verteidigen, wenn sie in alltäglichen Situationen verächtlich gemacht wird, etwa auf der Straße, bei Facebook oder im Fußballstadion. Die kleine, beherzte Verteidigung verhindere womöglich, dass die große, bewaffnete Verteidigung notwendig werde, sagte Kurschus.

Die westfälische Präses räumte ein, wäre sie Soldatin, würde ihr die derzeitige Situation schlaflose Nächte bereiten. Zu wissen, dass mitten in Europa gekämpft, getötet und gestorben werde sowie die Angst, dass dies nicht begrenzbar bleibe, müsse Soldaten beschäftigen, sagte sie.

Die Pfarrerinnen und Pfarrer der Militärseelsorge sind Ansprechpartner und Seelsorger für Bundeswehrangehörige im Inland und begleiten auch Auslandseinsätze. In der Bundeswehr gibt es evangelische und katholische Militärseelsorger, seit dem vergangenen Jahr auch eine jüdische Militärseelsorge.