Kurschus: Gemeinsam den Weg in die Freiheit gehen

© epd-bild/Juergen Blume
Man dürfe das Feld nicht Demagogen und Autokraten überlassen, sagt die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus. Sondern müsse mit Leidenschaft und Begeisterung für die Zukunft streiten.
EKD-Ratsvorsitzende
Kurschus: Gemeinsam den Weg in die Freiheit gehen
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, warnt vor einem "rückwärtsgewandten Ungeist", der "Autokraten erst groß macht". Dagegen gelte es, gemeinsam Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen.

Statt die Vergangenheit zu verklären, gelte es, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen und den mühsamen Weg in die Freiheit zu gehen, sagte Kurschus in einem Pfingstgottesdienst in Siegen. Dies könne ein jahrzehntelanger Wüstenweg sein wie bei der Befreiung der Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten.

Viele Deutsche hätten nach dem Fall der Mauer solche Wüstenerfahrungen gemacht. "Befreiung hat nicht nur Gewinner", betonte die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen. "Sie ist eine Glücksgeschichte, aber auch eine Schmerz- und Leidensgeschichte."

Auch die Ukraine sei durch den russischen Überfall "auf dem Weg in eine noch längst nicht vollendete Freiheit" getroffen worden, sagte Kurschus: "Die Ukraine war noch auf ihrer Wüstenwanderung - und weit entfernt vom Gelobten Land. Sie war gerüttelt von Bürgerkrieg, geschüttelt von Korruption und gebeutelt von Armut." Nicht wenige hätten "lieber zurück ins Sowjetreich" gewollt. Deshalb sei der Satz "höchstens halb richtig", in der Ukraine werde die Freiheit verteidigt: "Zuallererst verteidigen die Menschen in der Ukraine ihr eigenes, nacktes Leben."

Die EKD-Ratsvorsitzende hatte in den vergangenen Wochen Waffenlieferungen befürwortet, um die Ukraine bei ihrem Überlebenskampf zu unterstützen. Zugleich betonte sie, dass mit Waffen kein echter Frieden gewonnen werden könne.

Mit Leidenschaft und Begeisterung

Kurschus rief in ihrer Predigt dazu auf, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, statt sich nach vermeintlich guten alten Zeiten und "starken Führern" zu sehnen. Um Verantwortung wahrzunehmen und andere zu berühren und mitzunehmen, brauche es Leidenschaft und Begeisterung.

"Wir dürfen es nicht den Populisten überlassen, Menschen in Verzückung zu versetzen", sagte die 59 Jahre alte Theologin und verwies erneut auf die biblische Erzählung des Auszugs aus Ägypten: Als das Volk Israel unzufrieden wurde, habe Gott seine Geistkraft von Mose auf weitere 70 erfahrene Leute verteilt und so "aus Mitläufern Mitverantwortliche" gemacht.

Ähnlich einsam wie Mose damals fühlten sich heute Menschen in politischen Ämtern, die wegen Hassmails und Drohbotschaften am Rand ihrer Kraft und am Ende ihrer Geduld seien, sagt Kurschus in dem Radiogottesdienst in der Martinikirche in Siegen, der auf WDR5 und NDR Info übertragen wurde. "Ich habe außerordentliche Hochachtung vor den Bürgermeistern und Stadträtinnen, den Ministerinnen und Regierungsbeamten, die sich davon nicht unterkriegen lassen." Auch wer unter diesem Druck aufgebe, habe ihren Respekt und ihren Dank, unterstrich die EKD-Ratsvorsitzende.

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