TV-Tipp: "Wendehammer"

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19. Mai, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Wendehammer"
Vier Schulfreundinnen sind vor zwei Jahrzehnten durch ein Ereignis zusammengeschweißt worden. Damals haben sie einen Pakt geschlossen. Seit vielen Jahren leben die Frauen mit ihren Familien in einer Vorortsiedlung - nun holt sie die Vergangenheit ein.

Vor einigen Jahren hat die ARD einen Frankfurter "Tatort" mit dem Titel "Wendehammer" ausgestrahlt, der wie ein ganz normaler Nachbarschaftsstreit begann; aber am Ende stand in gewisser Weise das Schicksal der Welt auf dem Spiel. So dramatisch geht es in der gleichnamigen ZDF-Serie bei Weitem nicht zu, doch ein Hauch von Krimi schwebt durchaus über den sechs Folgen. Schon die ersten Bilder deuten an, dass der kleine See am Rande einer Kleinstadt ein Geheimnis birgt. Fortan sorgt der durch Bauarbeiten für einen Golfplatz sinkende Wasserstand dafür, dass der Spannungspegel kontinuierlich steigt.

Die kräftig an den Handlungsrahmen der US-Serie "Desperate Housewives" erinnernde Geschichte hätte sich wie bei vielen aktuellen Miniserien sicherlich auch straffen lassen, aber das wäre auf Kosten der Figuren gegangen, denn Autorin Alexandra Maxeiner nutzt die Krimi-Ebene in erster Linie als Mittel zum Zweck.

Vier Schulfreundinnen sind vor zwei Jahrzehnten durch ein Ereignis zusammengeschweißt worden. Damals haben sie einen Pakt geschlossen. Seit vielen Jahren leben die Frauen mit ihren Familien in einer Vorortsiedlung. Die unvermeidliche Nähe derartiger Nachbarschaften hat zwar Vorteile, aber auch einen gravierenden Nachteil: Alle stehen unter ständiger Beobachtung.

Vordergründig bezieht "Wendehammer" seine Wirkung aus der zunehmenden Panik von Meike (Meike Droste), Franziska (Susan Hoecke), Nadine (Friederike Linke) und Samira (Elmira Rafizadeh): Sie müssen mit allen Mitteln verhindern, dass der See sein Geheimnis preisgibt, weshalb ihnen nahezu jedes Mittel recht ist, um einen Baustopp für den Golfplatz zu erwirken.

Tatsächlich ist dies jedoch bloß der Rahmen für vier Geschichten über Frauen, die mit Ende dreißig einen potenziellen Wendepunkt ihres Lebens erreicht haben. Genau genommen sind es fünf: Architektin Julia (Alice Dwyer) ist vor einem halben Jahr mit ihrem Freund in die Siedlung gezogen und beeindruckt von der Freundschaft des Quartetts, doch all’ ihre Bemühungen, Anschluss zu finden, bleiben vergeblich.

Weitere Handlungsebenen sind die verschiedenen Beziehungen: Juristin Nadine, die gerade ihr Staatsexamen nachholt, ist überzeugt, ihr Mann (Max von Pufendorf) habe eine Affäre, weshalb sie den hartnäckigen Flirtversuchen ihres Kommilitonen Lukas (Felix Mayr) nachgibt.

Die lebenslustige Journalistin Nadine lässt ohnehin nichts anbrennen, während ihr Mann (Timo Jacobs) als Koch auf hoher See unterwegs ist. Samiras Freund hat sich von ihr getrennt, weil er eine Familie gründen und sie Karriere als Klinikärztin machen will. Julia muss ihre Doktorarbeit abgeben, hat bislang jedoch bloß die Einleitung geschrieben, und sehnt sich nach Romantik, aber ihr Freund (Hyun Wanner) verknüpft seinen sehr beiläufig vorgetragenen Antrag mit dem Hinweis auf die Steuer.

Das klingt nicht weiter aufregend, aber es bereitet ein besonderes Vergnügen, den fünf Hauptdarstellerinnen zuzuschauen, zumal Maxeiner die Figuren mit speziellen Persönlichkeitsmerkmalen versehen hat: Franziska hat gern alles unter Kontrolle, Samira verbirgt ihre Gefühle hinter einer strengen Fassade, Nadine nimmt die Dinge lieber leicht.

Ausstattung und Kostüm unterstreichen die Charakteristika: Die stets elegante Franziska lebt in einer Wirklichkeit gewordenen Ausgabe von "Schöner Wohnen", Samira bevorzugt dunkle Kleidung, die mit Einrichtung und Wandfarbe ihres Hauses korrespondiert, Nadine ist ein bisschen hippiemäßig angehaucht.

Und dann ist da noch Meike, die regelmäßig Szenarien des Schreckens entwirft, wenn mal was schief läuft. Weil das bei ihr eigentlich dauernd der Fall ist, balanciert sie ständig am Rande des Nervenzusammenbruchs. Selbst wenn es sonst keinen Anlass gäbe, "Wendehammer" zu loben: Allein wegen Meike Droste lohnt sich die Zeit.

Die Serie gibt zwar früh preis, was sich auf dem Grund des Sees befindet und auf keinen Fall ans Tageslicht kommen darf, aber natürlich bleibt noch die Frage, was sich damals zugetragen hat. Sie rückt jedoch immer wieder in den Hintergrund, weil das Drehbuch die fünf Frauen mit den ganz normalen Tiefschlägen des Lebens konfrontiert.

Nadine und Hannes droht eine erhebliche Steuernachzahlung, Samira fürchtet, sie habe ähnlich wie ihre Mutter Schilddrüsenkrebs, Meike und Gatte Ronny (Aram Tafreshian) finden beim besten Willen keinen Kita-Platz. Deshalb tritt Meike schließlich die Flucht nach vorn und gegen den Bürgermeister (Aykut Kayacik) an. Der wiederum sorgt dafür, dass der örtliche Baulöwe, Markus Steinert (Heikko Deutschmann), in den Genuss aller öffentlichen Aufträge kommt; das gilt auch für das "Golf-Resort".

Vor vielen Jahren ist Steinerts Bruder verschwunden. Volontärin Mona (Nele Trebs), Nadines Kollegin bei der Lokalzeitung, wittert prompt eine Story. Der Mann sei mit Spielschulden "abgetaucht", erfährt sie von dem damals zuständigen und mittlerweile pensionierten Polizisten (Michael Kind). Nadine versucht vergeblich, Monas Fokus auf die vermeintlichen oder tatsächlichen Skandale rund um den Golfplatz zu lenken; die Schlinge um den Hals der Frauen wird immer enger.

Bei allem Respekt vor den Leistungen des zentralen Quintetts wie auch der ausnahmslos interessant besetzten weiteren Mitwirkenden: Die Inszenierung durch Ester Amrani (Folgen 1 bis 3) und Sinan Akkus (4 bis 6) ist unterm Strich doch recht brav, weshalb die wirbelnde Kamera beim ersten Sex von Franziska und Lukas wie entfesselt wirkt. Die Unterwasserbilder sind zwar eindrucksvoll, und auch sonst ist der See leicht mystisch in Szene gesetzt, doch die Prise "Twin Peaks" hätte gern größer sein können.

Ähnlich verhält es sich bei den Dialogen: Gerade die Begegnungen von Samira und ihrem vermeintlich intriganten Kollegen und Konkurrenten Tauber (Marc Ben Puch) sind romantische Komödie pur, aber ein wenig Bosheit à la "Vorstadtweiber" hätte nicht geschadet. Das ZDF zeigt die Serie donnerstags in Doppelfolgen, sie steht bereits komplett in der Mediathek.