TV-Tipp: "Tatort: Warum"

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1. Mai, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Tatort: Warum"
Glück ist im Krimi stets ein äußerst flüchtiger Zustand und dient meist ohnehin nur dazu, das Ausmaß einer Tragödie zusätzlich zu vergrößern. Deshalb ist auch die Innigkeit, mit der der achte Franken-"Tatort" beginnt, nur von kurzer Dauer.

Gerade noch erfreute sich der junge Mann an der harmonischen Zweisamkeit mit seiner Freundin, kurz drauf ist er tot, ermordet auf eine Art und Weise, die persönliche Motive vermuten lässt, weil jemand selbst post mortem noch seine Wut an dem Opfer ausgelassen hat.

Der Film trägt den schlichten Titel "Warum", und diese Frage zieht sich durch weite Strecken der Handlung: Warum musste Lukas Keller sterben? Nicht nur das Quartett von der Mordkommission, auch die am Boden zerstörte Mutter (Valentina Sauca) will eine Antwort, und daher macht sich Marie Keller, unterstützt vom geschiedenen Gatten (Karl Markovics), auf eigene Faust auf die Suche.

Tatsächlich stößt die Mutter dabei auf die richtige Spur, denn Felix Voss (Fabian Hinrichs), Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und ihr Team haben den Fall nur scheinbar flott gelöst: Der Ablauf der Tat entspricht bis ins Detail einem Mord, der ein halbes Jahr zuvor in der Oberpfalz begangen worden ist. Im Unterschied zu den Kollegen, die offenbar recht schlampig ermittelt haben, braucht das Duo nicht lange, um zumindest das damalige Verbrechen aufzuklären, und angesichts der identischen Hand- und Fußschrift liegt es so gut wie auf der Hand, dass der obdachlose Dieter Hammert (Ralf Bauer) auch Lukas auf dem Gewissen hat; ein Irrtum mit tödlichen Folgen.

Die Geschichte klingt interessant und vielversprechend, zumal Voss angesichts der vermeintlichen Sinnlosigkeit des Delikts empörter und daher dünnhäutiger ist, als es der Professionalität gut tut. Als ihm sein Fehler klar wird, will er gar alles hinschmeißen und den Dienst quittieren, was wiederum Ringelhahn veranlasst, ihren jüngeren Vorgesetzten mit deutlichen Worten über die Prioritäten aufzuklären. Selbst die sehenswerten Darbietungen von Fabian Hinrichs und Dagmar Manzel können jedoch nicht verhindern, dass bei "Warum" unterm Strich die Defizite überwiegen.

"Bella Block"-Schöpfer und Grimme-Preisträger Max Färberböck hat oft genug bewiesen, dass er ein Meister seines Fachs ist, aber schon sein letzter "Franken"-Tatort ("Die Nacht gehört dir", 2020) blieb nicht zuletzt aufgrund einer allzu schlichten Geschichte deutlich hinter der Qualität der früheren Filme zurück.

"Warum" ist der vierte Krimi, den Färberböck gemeinsam mit Koautorin Catharina Schuchmann für das Team aus Nürnberg geschrieben hat, doch diesmal ist die Handlung vom Ende her betrachtet viel zu konstruiert. Krimi-Fans werden zudem allzu früh ahnen, wer für die Ermordung von Lukas verantwortlich ist, weshalb im Grunde allein die Titelfrage bleibt, aber auch die lässt sich zumindest theoretisch beantworten: Der junge Mann, IT-Spezialist eines großen Speditionsunternehmens, wusste etwas, das er nicht wissen durfte. Selbst seine Freundin (Julie Engelbrecht), eine alleinerziehende Mutter, erhält eine makabre Morddrohung in Form eines Päckchens mit drei kopflosen Holzpüppchen.

Natürlich kommt es vor, dass Krimi-Geschichten nicht rundum überzeugen, doch ausgerechnet dem erfahrenen Färberböck sind diesmal diverse handwerkliche Fehler unterlaufen; so ist zum Beispiel der Ton in einigen Szenen nicht gut abgemischt. Etwas unmotiviert wirkt auch die bevorzugte Perspektive von Kameramann Georgij Pestov, der die Figuren immer wieder aus der Untersicht zeigt; ein probates Mittel, um Figuren dominant wirken zu lassen, was hier aber zum Beispiel bei der trauernden Mutter völlig deplatziert wirkt. Auch die Montage ist nicht immer überzeugend, wenn Färberböck etwa mitten in den emotionalen Monolog Ringelhahns einen Satz der Kollegin Goldwasser (Eli Wasserscheid) einfügt.

Was noch stärker verwundert, sind unüberhörbare Schwächen in der Führung der Mitwirkenden in einigen Nebenrollen. Eindrucksvoll ist dagegen Ralf Bauer, der sein attraktives Erscheinungsbild hinter der Fassade eines struppigen Obdachlosen mit spezieller Vorgeschichte verbirgt und seinen Part sehr glaubwürdig verkörpert.

Auch Karl Marcovics macht als wortkarger Vater nicht viel Aufhebens; seine Präsenz genügt, um Wirkung zu entfalten. Sehr gelungen ist zudem die düstere Atmosphäre. Auf fröhliche Farben hat Färberböck konsequent verzichtet, viele Innenaufnahmen etwa bei den Befragungen oder im Haus des Vaters sind betont trist, womit die Anmutung immerhin perfekt der freudlosen Handlung entspricht.