TV-Tipp: "Kommissar Dupin: Bretonische Idylle"

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14. April, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Kommissar Dupin: Bretonische Idylle"
Wenn der Fall gelöst ist, der Film aber noch eine halbe Stunde dauert, dann ahnt selbst der kriminalistisch nicht ganz so versierte Teil des Publikums: Da kommt noch was.

Der vermeintliche Täter hat sich zudem auf eine für TV-Krimis allzu typische Weise auffällig verhalten. Es ist ja ohnehin ein beliebtes Krimiversatzstück, dass alle überzeugt sind, der Mordfall sei geklärt; bis auf die Kommissarin oder den Kommissar.

Georges Dupin (Pasquale Aleardi) beweist seinen guten Riecher im zehnten Fall auch in anderer Hinsicht: Im Bett des männlichen Mordopfers hat er ein Damen-Parfum erschnuppert, was zu der witzigen Szene führt, dass er seinen Mitarbeiter Kadeg (Jan Georg Schütte) telefonisch auffordert, an einer Verdächtigen zu schnüffeln. Dieser Einfall ist neben dem regelmäßig aus buchstäblich heiterem Himmel einsetzenden Regen das einzig wirklich originelle Detail des Drehbuchs von Eckhard Vollmar, der damit zum fünften Mal in Folge einen Bretagne-Roman von Jean-Luc Bannalec adaptiert hat.

Eine weitere inhaltliche Besonderheit ist die Dünnhäutigkeit der Hauptfigur: Dupins Freundin Claire (Christina Hecke) hat einen Forschungsauftrag in Kanada bekommen und ist der Meinung, eine Auszeit wäre sowieso nicht schlecht, weil dem Polizisten die Arbeit doch stets wichtiger sei als die Beziehung. Kein Wunder, dass der frisch verliebte und entsprechend aufgekratzte Kadeg dem Chef mit seiner guten Laune auf die Nerven geht.

Im Grunde sind die kleinen Kabbeleien zwischen dem Ermittler-Duo, dessen anfängliche gegenseitige Abneigung mittlerweile einem beinahe freundschaftlichen Respekt gewichen ist, sogar interessanter als der Fall, der aber immerhin für einen reizvollen Schauplatz sorgt: Eine Wasserleiche entpuppt sich als Schafzüchter von der Belle-Île-en-Mer.

Das größte bretonische Eiland macht seinem Namen (die schöne Insel im Meer) in der Tat alle Ehre, was auch den Titel erklärt. Nachdem Dupin und Kadeg erste Einblicke ins Insel-Milieu bekommen haben, glaubt der Kommissar an ein persönliches Motiv, während der Inspektor der Spur des Geldes gefolgt ist.

Letztlich spielen die Beweggründe des Täters jedoch keine Rolle, denn es wäre in beiden Fällen der gleiche: Mordopfer Provost war ein Einzelgänger, der am Unfalltod seiner Tochter zerbrochen ist. Als ihn dann auch noch seine Frau verlassen hat, ist er offenbar endgültig zum Misanthropen geworden; deshalb hat er sich auch lange dagegen gewehrt, dass auf seinem Grundstück an der Spitze der Insel Windräder errichtet werden. Kurz vor seinem Tod hat er dann doch in einen Verkauf des Landes eingewilligt. Deshalb glaubt Kadeg, dass Nachbar Fidelin den Mann auf dem Gewissen hat: Weil das Wasser für den berühmten Whisky der Fidelins aus einer Quelle auf dem Grundstück von Provost stammt; ein Windpark wäre das Ende der Destillerie. Dupin ist dagegen zunächst überzeugt, dass Byn Fidelin (Martin Lindow) Provost erwürgt hat, weil der eine Affäre mit Gattin Margot (Elzemarieke de Vos) hatte. Die Indizienlage ist eindeutig, Parfum inklusive; aber für den Kommissar passt das alles viel zu gut zusammen.

Trotz der Wende, die die Handlung im letzten Drittel nimmt: Es hat schon weitaus verzwicktere Bretagne-Krimis gegeben. Vielleicht lassen sich mit dieser Erkenntnis auch die ausgiebigen Drohnenbilder erklären. Land und Leute sind in Bannelecs Romanen zwar mindestens genauso wichtig wie die Ermittlungen, aber bei den Verfilmungen lag der Schwerpunkt stets auf der Mördersuche.

Diesmal jedoch gibt es mindestens genauso viele Kamera-Flüge über die zerklüftete Küste wie in den "Rosamunde Pilcher"-Filmen des ZDF. Dazu passt auch das Freizeit-Cabrio, das Kadeg für die Inseltouren gemietet hat; Dupins Begeisterung für das zweifelhafte Gefährt fällt eher sparsam aus.

Regie führte Janis Rebecca Rattenni, die zuletzt ebenfalls im Auftrag der ARD-Tochter Degeto mit dem sehenswerten "Flensburg-Krimi" (2021) den Auftakt zu einer möglichen neuen Reihe gedreht hat. Ihr Fernsehfilmdebüt nach diversen Serienfolgen zeichnete sich neben der Vielfalt der atmosphärischen Vorzeichen auch durch die gute Arbeit mit dem Ensemble aus. In dieser Hinsicht hat ihr Bretagne-Krimi allerdings einige unübersehbare Schwächen; die männlichen Episodengäste sind gerade in den dramatischen Szenen nicht immer überzeugend. Umso größer ist das Vergnügen, dem Doppel Aleardi/Schütte zuzuschauen, diesmal ergänzt um Gisa Flake als Vertreterin der Kollegin Nolwenn.