TV-Tipp: "Man kann nicht alles haben"

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11. März, Arte, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Man kann nicht alles haben"

Spätestens seit der Hollywood-Komödie "Meine Braut, ihr Vater und ich" (2000) mit Ben Stiller und Robert De Niro bilden Geschichten über Eltern und Schwiegerkinder ein eigenes Subgenre. Mittlerweile sind längst alle Spielarten erzählt worden; im Grunde unterscheidet sich "Man kann nicht alles haben" von den anderen Filmen nur durch den Verzicht auf einen ähnlichen Titel.

Der Handlungskern erinnert an "Meine Tochter, ihr Freund und ich" (2012), eine ZDF-Komödie  mit Axel Milberg und Andrea Sawatzki, aber es gibt einen wesentlichen Unterschied, weshalb die gefürchtete Grazer Scheidungsanwältin Brigitte Fiedler (Aglaia Szyszkowitz) einen Doppelschock erlebt, als sie den neuen Freund ihrer Tochter kennenlernt: Richie Moosleitner (Fritz Karl), dessen große Zeit als Musiker schon eine Weile zurückliegt, ist nicht nur wesentlich älter als Anna (Marie-Luise Stockinger), er war einst auch Biggis große Liebe, hat sie aber vor 30 Jahren auf dem Weg zur Hochzeit mitten auf der Straße stehen gelassen.

Als Biggi versucht, ihrer Tochter klarzumachen, dass der chaotische und unzuverlässige Richie kein Mann fürs Leben ist, reagiert Anna, wie Töchter das in solchen Filmen immer tun: Sie beendet die Beziehung nicht etwa, sondern verkündet trotzig, dass sie und Richie heiraten werden. Der ist davon zwar ähnlich überrascht wie Biggi, findet aber zunehmend Gefallen an der Idee, zumal eine pompöse Feier nebst entsprechender Berichterstattung perfekt zu seinen Comeback-Plänen passen würde; seine Songs laufen mittlerweile nur noch im Lokalradio.

Um ihrer Tochter die Enttäuschung zu ersparen und vielleicht auch aus Rache an Richie will Biggi die Hochzeit mit allen Mitteln verhindern. Ein konspirativer Partner ist rasch gefunden, selbst wenn sich Richies Sohn Michael (Aaron Friesz) nur widerwillig mit Biggis Plan anfreunden kann: Er soll Anna verführen; aber die erste Begegnung der beiden verlief denkbar ungünstig.

Wie die Geschichte weitergeht, ist wenig überraschend, doch das tut der Kurzweil keinerlei Abbruch, weil gerade Aglaia Szyszkowitz und Fritz Karl ihre Rollen mit großem Pläsier verkörpern. Das junge Duo Marie-Luise Stockinger und Aaron Friesz ist nicht weniger sehenswert. Karl ist außerdem cool genug, um als alternder Rockstar durchzugehen. Cowboystiefel, Lederjacke und ein Hut mit breiter Krempe tun ein Übriges, und seine Gesangsstimme kann sich durchaus hören lassen.

Viel Freude machen auch die beiden männlichen Nebenfiguren, vor allem Gerhard Liebmann, der in ORF-Krimis gern mal den Schurken spielt, hier jedoch als Biggis Gatte jede sich bietende Gelegenheit nutzt, um sich prächtig zu amüsieren. Dass es um die Ehe der beiden schon länger nicht mehr zum Besten steht, ist eine der Voraussetzungen für den Ausgang der Geschichte.

Eine vergleichsweise kleine, für die Handlung aber erhebliche Rolle spielt Johannes Silberschneider als Richies einstiger musikalischer Partner. Die beiden haben sich vor 15 Jahren zerstritten, seither ist es wohl auch mit Richies Karriere bergab gegangen. Fürs Comeback will er unbedingt Charlie an seiner Seite wissen, aber der denkt gar nicht daran.

Das mag alles nicht schrecklich originell klingen, zumal viele Versatzstücke des Drehbuchs (Peter Hengel, Marc Schlegel) so oder so ähnlich schon anderswo Verwendung gefunden haben, allen voran in Sat.1-Komödien wie "Mein Lover, sein Vater und ich" (2014) oder "Trau’ niemals deinem Schwiegersohn" (2006); letztere ist sogar ebenso wie "Man kann nicht alles haben" von Michael Kreihsl inszeniert worden.

Der Titel des vom ORF im Rahmen der Reihe "Stadtkomödie" ausgestrahlten Films bezieht sich auf Biggis Arbeitsdevise: Getreu diesem Motto pflegt sie die Gatten ihrer Klientinnen um das letzte Hemd zu bringen, und natürlich wird der Leitspruch irgendwann zum Bumerang, schließlich begegnet man sich immer zweimal; zumindest im Film. Die verschiedenen Dialogduelle, bei denen die Giftpfeile munter hin und her fliegen, sind allerdings ein großes Vergnügen.

Außerdem bleibt Biggi nicht die Antiheldin, als die sie eingeführt wird. Durch ihre Kanzlei soll ein "Eishauch des Unbehagens" wehen, wie sie der zur Nachfolgerin erkorenen Anna gleich zu Beginn mitteilt. Die Tochter hat in dieser Hinsicht jedoch keinerlei Ambitionen und ist auch sonst das Gegenteil ihrer Mutter, die aber in jungen Jahren offenbar ganz anders war als heute. In der Rückbesinnung auf ihren einstigen Charme liegt ein weiterer Reiz des Films, der allen Boykottbemühungen zum Trotz mit einem Fest endet; wenn auch anders als geplant.