TV-Tipp: "Die Toten vom Bodensee: Der Seelenkreis"

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Montag, 1. November, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Die Toten vom Bodensee: Der Seelenkreis"

Im kollektiven Gedächtnis ist der vier Jahrhunderte zurückliegende Dreißigjährige Krieg von den beiden Weltkriegen überlagert worden. Überreste der damaligen Ereignisse, in deren Verlauf ganze deutsche Landstriche durch Hungernöte und Seuchen entvölkert wurden, sind allerdings nach wie vor gegenwärtig; und sei es in Form von Überlieferungen und Legenden. Dieser historische Hintergrund bildet die Basis für die 13. Episode der ZDF-Reihe "Die Toten vom Bodensee".

Timo Berndt hat seit dem dritten Film sämtliche Drehbücher geschrieben und schon in den letzten Episoden aktuelle Verbrechen mit allerlei Mythen und Sagen verwoben. Der Reiz der Geschichten liegt dabei vor allem in ihrer Rätselhaftigkeit, denn das deutsch-österreichische Ermittlerduo Oberländer und Zeiler (Matthias Koeberlin, Nora Waldstätten) kann zunächst natürlich nicht ahnen, dass die Antwort auf die Frage, warum jemand ein Neugeborenes in einem Weidenkorb auf dem See ausgesetzt hat, ins Jahr 1647 führt; damals haben die mit den Franzosen verbündeten Schweden unter Führung des Feldherrn Carl Gustav Wrangel die Stadt Bregenz eingenommen.

Nicht minder faszinierend ist der Schauplatz weiter Teile des Films: Viele Szenen sind im Sommer 2020 auf oder vor der Seebühne der Bregenzer Festspiele entstanden; die ausgefallenen Bühnenbilder erregen jedes Jahr aufs Neue großes Aufsehen. Geschickt verknüpft Berndt, von dem auch die Drehbücher für die vorzügliche ZDF-Actionreihe "Sarah Kohr" sowie für den kürzlich im "Ersten" ausgestrahlten "Dänemark-Krimi" stammen, die Handlung mit dem Festspielpersonal: Das ausgesetzte Baby entpuppt sich als Tochter von Kostümbildnerin Rita Hafner (Larissa Fuchs), die vor einem halben Jahr spurlos verschwunden ist.

Hauptverdächtiger war damals der Sänger Veit Steindl (Nicki von Tempelhoff). Die Polizei ging davon aus, dass die Schwangerschaft seiner Geliebten nicht ins Lebenskonzept des verheirateten Opernstar passte; die entsprechenden Schlagzeilen hatten prompt das Ende seiner Karriere zur Folge. Endgültig mysteriös wird der Fall, weil Rita mit Ruß mehrere Zeichen auf das Babytuch gemalt hat, darunter eine liegende Acht und ein Pentagramm; offenbar Symbole eines heidnischen Rituals. Ein ausgefüllter Kreis steht vermutlich für den Vollmond; Zeiler und Oberländer bleiben nur zwei Tage, um Hafner zu retten.

Ein wichtiges Merkmal der Reihe war von Anfang die persönliche Betroffenheit des Ermittlerduos; mal ist Zeiler in einen Fall verwickelt, mal Oberländer. Diesmal trifft es den deutschen Hauptkommissar: Ein erstochener Schlagzeuger hat mit seinem Blut auf einer Basstrommel den Namen Miri und ebenfalls eine liegende Acht hinterlassen. Miriam Thaler (Martina Ebm) ist seine Ex-Freundin, die Acht ein Hinweis darauf, dass der Mord mit der Entführung zusammenhängt. Oberländer hat sich während eines früheren Falls in die Frau verliebt; damals wie heute galt und gilt sie als mordverdächtig.

"Der Seelenkreis" ist der sechste Film in Folge, den Michael Schneider für "Die Toten vom Bodensee" gedreht hat. Der Regisseur war somit maßgeblich daran beteiligt, dass die 2014 gestartete und in den ersten Jahren stets sehenswerte Reihe zuletzt nur noch Mittelmaß war, zumal seine Beiträge handwerklich deutlich hinter der Qualität der vier Folgen seines Regiekollegen Hannu Salonen (2017/18) zurückblieben. Dem früheren Maßstab konnte Schneider erst wieder mit der zu Beginn des Jahres ausgestrahlten Episode "Der Wegspuk" gerecht werden. Für die eindrucksvolle Bildgestaltung war damals Matthias Pötsch verantwortlich. Die Kameraarbeit oblag diesmal zwar Lukas Gnaiger, aber der hat mit vielen fließenden Bewegungen und der Lichtsetzung in Rita Hafners allein von Kerzen beleuchtetem Verlies ebenfalls dafür gesorgt, dass Schneiders vorerst letzter Beitrag für die Reihe nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch überzeugt. Akustisch gilt das dank der Musik von Stammkomponist Chris Bremus ohnehin.

Kleine Abzüge gibt es lediglich für einige allzu poltrige Auftritte Matthias Koeberlins; wenn Schauspieler zu laut werden, ist das selten ein gutes Zeichen. Nur bedingt überzeugend ist vor allem eine Szene, in der der Polizist seinen österreichischen Kollegen mit der Waffe bedroht: Komlatschek (Hary Prinz) kann gerade noch verhindern, dass Oberländer einem Verdächtigen Gewalt antut. Immerhin ist die Aktion menschlich verständlich, denn mittlerweile ist auch Zeiler entführt worden und schwebt nun ebenso in Lebensgefahr wie die Kostümbildnerin. Da die Kriminalinspektorin diesmal ansonsten nicht viel zu tun hat, ist Martina Ebm als Frau mit Geheimnissen umso präsenter. Es wäre ein Gewinn für die Reihe, wenn Miriam Thaler dem Kommissar auch weiterhin den Kopf verdrehen dürfte, zumal die Beziehung zwischen Zeiler und ihrem Nachbarn (Christopher Schärf) schon eine Weile auf der Stelle tritt.