Als unverzichtbare Grundlage diakonischen und sozialen Wirkens müsse es geschützt und verteidigt werden, mahnte er laut Redemanuskript am Mittwoch in seiner Keynote zur Eröffnung des Sozialkongresses "Sozialwirtschaft managen" auf Einladung unter anderem des evangelischen Johanneswerks.
Das Prinzip der geteilten Verantwortung sei antiautoritär und antitotalitär, sagte Schuch. "Demokratiefeindliche, extremistische Parteien wie die AfD können mit diesem Prinzip nichts anfangen. Im Gegenteil: Sie greifen es an, wenn sie die politischen Mittel dazu in die Hand bekommen."
In diakonischen Einrichtungen gehe es um die Arbeit mit "besonders verletzlichen Menschen": Arme, Kranke, Pflegebedürftige, Sterbende, Kinder, Menschen mit Behinderungen oder in Krisensituationen. Schuch bekräftige den Respekt vor allen diesen Gruppen und erinnerte an die Verantwortung, sie zur Eigenverantwortung zu befähigen. Der Diakonie-Präsident forderte vom Gesetzgeber unter anderem eine grundlegende Pflegereform, ein Konzept zur Bekämpfung von Kinderarmut, eine Reform für ein sozial gerechtes Bildungssystem und eine gut ausgestattete Jugend-Sozialarbeit.
Dass die neue Regierungskoalition in der Präambel ihres Koalitionsvertrages Leistungsträger der Gesellschaft in den Mittelpunkt ihrer Politik rücke, stimme ihn nachdenklich, sagte Schuch. Es dürfe nicht der Blick auf die Menschen verstellt werden, die mit "strukturellen und individuellen Hürden" zu kämpfen hätten. Diese Menschen dürften in populistischen Debatten nicht diffamiert und gegeneinander ausgespielt werden, mahnte er.
Umfrage: Jeder Zweite für AfD-Verbotsverfahren
Eine Mehrheit der Deutschen befürwortet in einer Umfrage ein konsequentes Vorgehen gegen die AfD. Die Hälfte der Wahlberechtigten ist für ein Verbot der Partei. Zugleich glaubt nur ein Drittel an den Erfolg eines Verbotsverfahrens.
Nach der Einstufung als gesichert rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz sei die AfD für 60 Prozent der Wahlberechtigten die größte Gefahr für die Demokratie seit Gründung der Bundesrepublik, teilte die Kampagnen-Organisation Campact als Auftraggeberin der Umfrage am Donnerstag in Berlin mit. 62 Prozent der Befragten sprechen sich gegen Steuergelder für die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung aus. Für die Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens auf Bundesebene ist demnach jeder Zweite (50 Prozent). 41 Prozent sind dagegen, 9 Prozent haben keine Meinung.
54 Prozent rechnen mit Scheitern eines AfD-Verbots
Unter Unionsanhängern befürworten 61 Prozent ein Verbotsverfahren, bei SPD und Grünen sind es jeweils 80 Prozent, bei den Linken 74 Prozent. Allerdings geht eine Mehrheit der Befragten (54 Prozent) davon aus, dass ein Verbot scheitern würde. Nur ein Drittel glaubt an den Erfolg eines Parteiverbots-Verfahrens. 70 Prozent der Unionswähler sind gegen eine Zusammenarbeit mit den Rechtsextremen. Bei SPD-Wähler:innen sind es 93 Prozent, bei Grünen 89 und bei Linken 81 Prozent.
73 Prozent aller Befragten fordern mehr Geld für Förderprogramme gegen rechts. Unter den Unions-Anhänger:innen sind es sogar 83 Prozent. 85 Prozent sprechen sich für mehr politische Bildung in Schulen und der Erwachsenenbildung aus. 69 Prozent der Wahlberechtigten sind der Umfrage zufolge dafür, Beamte und Angestellte im Öffentlichen Dienst auf Verfassungstreue hin zu überprüfen.
Bei der Frage, rechtliche Schritte gegen die AfD oder sie inhaltlich stellen, spricht sich eine dünne Mehrheit (46 Prozent) für ein rechtliches Vorgehen aus. 44 Prozent plädieren für einen ausschließlich inhaltlichen Wettstreit mit der Partei. 42 Prozent empfänden ein Verbot als unfair, darunter auch ein knappes Drittel (30 Prozent) der Unionsanhänger.
Sollte die AfD an die Regierung kommen, gehen 69 Prozent der Befragten davon aus, dass Menschen mit Migrationsgeschichte hierzulande nicht mehr sicher sind. Selbst unter den AfD-Anhängern stimmen dem 18 Prozent zu.
Der geschäftsführende Vorstand bei Campact, Felix Kolb, nannte die Ergebnisse einen deutlichen Appell an Kanzler Friedrich Merz (CDU) und seine Minister: "Die schwarz-rote Bundesregierung muss im Kampf gegen Rechtsextremismus einen Gang hochschalten und diesen zu einer Top-Prio machen." Jetzt gehe es darum, ein AfD-Verbotsverfahren ernsthaft zu prüfen.
Der Jurist Bijan Moini von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) nannte die Einstufung der AfD als "gesichert rechtsextremistisch" vom Verfassungsschutz Anfang Mai einen wichtigen Baustein in einem möglichen Verbotsverfahren. Das entsprechende Gutachten allein werde ein Verbotsverfahren aber nicht tragen. Die GFF habe deshalb mit weiteren zivilgesellschaftlichen Akteuren ein Rechercheteam gebildet, um die Verfassungsfeindlichkeit der Partei zweifelsfrei nachweisen zu können.
Für die Umfrage wurden den Angaben zufolge Mitte Mai 1.514 Wahlberechtigte in Deutschland ab 18 Jahren online von der Agentur für Wahl- und Meinungsforschung pollytix befragt.