TV-Tipp: "Nord Nord Mord: Sievers und der schwarze Engel"

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18. Oktober, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Nord Nord Mord: Sievers und der schwarze Engel"
In seinem siebten Film als Titelfigur der ZDF-Reihe "Nord Nord Mord" schaut Peter Heinrich Brix noch verkniffener drein als sonst. Carl Sievers hat allerdings auch allen Grund zu Missmut.

"Sievers und der schwarze Engel", die 15. Episode der Reihe, verrät endlich, warum der Hauptkommissar vor einigen Jahren gegen seinen Willen von Kiel nach Sylt versetzt worden ist. Dieser Teil der Handlung ist zunächst deutlich interessanter als der eigentliche Fall; bis sich rausstellt, dass die Frau, der er seine Verbannung zu verdanken hat, auch in die aktuellen Ermittlungen verwickelt ist. 

Jan Hinter und Stefan Cantz, Schöpfer des "Tatort" aus Münster, gelten hierzulande als die profiliertesten Vertreter des Schmunzelkrimis. Bei "Nord Nord Mord" sind die beiden daher in ihrem Element, weil das Konzept ausdrücklich eine Comedy-Ebene vorsieht; selbst wenn Oliver Wnuk als Klugscheißer Feldmann dank dessen Neigung zu kleinen Missgeschicken oft als Alleinunterhalter fungiert. Diesmal reicht es jedoch allenfalls für gelegentliche Schmunzler. Da andererseits der kriminalistische Part nicht besonders fesselnd ist, liegt der Film deutlich unterm Durchschnitt der der Reihe, zumal die Geschichte anfangs nicht sonderlich originell wirkt: Als ein Teilnehmer eines Engelseminars mit einer entsprechenden Figur erschlagen wird, gehen Sievers, Feldmann und Ina Behrendsen (Julia Brendler) von einem Mord aus Eifersucht oder Leidenschaft aus. Zu den Mitwirkenden des Workshops gehört auch Hanne Wegener (Jule Ronstedt), jene Frau, die Sievers einst nachgestellt hat. Sie ist letztlich Schuld an seiner Versetzung, weil seither ein Verfahren gegen den Kommissar läuft; angeblich hat sie mit dem Mordopfer ein ähnlich übles Spiel getrieben. Da die Männer und Frauen, die unter der Anleitung von Seminarleiter Sommer (Lutz Blochberger) den Kontakt zu den Himmelsgeschöpfen suchen, Feldmann noch nicht kennen, hat er die Idee, sich unter die Gruppe zu mischen. Rasch stellt sich raus, dass eine weitere Teilnehmerin (Natalia Rudziewicz) ähnlich umtriebig ist wie Sievers’ Nachtmahr, was der Gatte (Stephan Grossmann) naturgemäß nicht lustig findet.

Das handelsübliche Krimiszenario – auch Sommer hätte ein Mordmotiv – entwickelt sich zwar schließlich in eine ganz andere Richtung, sodass der letzte Akt tatsächlich einige Überraschungen mit sich bringt, aber über weite Strecken ist "Sievers und der schwarze Engel" doch recht ereignisarm. Das Engelseminar ist zudem ein allzu offenkundiger Versuch, die Tätersuche in einen ungewöhnlichen Rahmen zu betten. Sehenswert ist dieser Teil des Films im Grunde nur wegen der von Anna Herrmann sehr anrührend verkörperten Seminarteilnehmerin Maike, die Feldmann als ihren Schutzengel erwählt, fortan im siebten Himmel schwebt und einen bösen Absturz erlebt, als sich rausstellt, wer er wirklich ist.

"Sievers und der schwarze Engel" ist die dritte Episode, die Berno Kürten für "Nord Nord Mord" gedreht hat. Spannung gibt es nur auf der Tonspur: Die gute Musik von Jessica de Rooij ist deutlich dramatischer als die Handlung. Kürtens Reihendebüt "Sievers und die tödliche Liebe" (2020) war ähnlich spannungsarm; sein letzter Beitrag, "Sievers und der goldene Fisch" (2021), lebte in erster Linie von Wnuks Comedy-Szenen. Diese Momente sind jedoch zwei Gastrollen vorbehalten: Erst beißt sich Behrendsen die Zähne an einem einsilbigen Elektroverkäufer (Harald Burmeister) aus, dann sind die Ausführungen eines Fahrradverleihers (Guido Renner) umso wort- und vor allem gestenreicher, weil der Mann seine Zeugenaussage wie ein Kleinkunstprojekt inszeniert, bei dem er Behrendsen, den uniformierten Kollegen Schneider (Stephan A. Tölle) und Feldmann als Statisten benützt. Das ist so witzig, dass es sich beinahe lohnt, den Film nur wegen dieser Szene anzuschauen.

Über die Engelsanbeter machen sich Cantz und Hinter dagegen längst nicht so lustig, wie es bei diesem Duo eigentlich zu erwarten wäre. Aus Sicht von Behrendsen ist die Gruppe zwar ein "absurder Haufen", zu dem Feldmann gut passen würde, aber das soll im Grunde bloß die spätere "Undercover"-Aktion einleiten. Zu den wenigen beiläufig eingestreuten Heiterkeiten Wnuks gehört unter anderem Feldmanns vergeblicher Versuch, bei einer gemeinsamen nächtlichen Überwachungsaktion geräuschlos eine Chipstüte zu leeren, damit die Kollegin schlafen kann. Brix dagegen erlaubt seiner Figur allenfalls mal ein Zucken des Mundwinkels, um Sievers’ Belustigung zum Ausdruck zu bringen.