TV-Tipp: "Mein Freund, das Ekel"

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30. September, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Mein Freund, das Ekel"
"Mein Freund, das Ekel" war vor zwei Jahren dem abschreckenden Titel zum Trotz eine muntere ZDF-Komödie mit einer wunderbaren Altersrolle für Dieter Hallervorden.

Dem Schauspieler haftete dank seiner fragwürdigen "Didi"-Filme lange das Etikett des Klamaukkomödianten an; im Grunde konnte er sich erst mit den Kinoerfolgen "Sein letztes Rennen" und "Honig im Kopf" (2013/14) als ernstzunehmender Darsteller tragikomischer Charaktere beweisen. Die Titelrolle der ZDF-Komödie (Buch und Regie: Marco Petry) war eine regelrechte Verbeugung. Dass das ZDF die Geschichte des pensionierten Berliner Philologen Olaf Hintz und seiner Mitbewohnerin Trixie Kunze (Alwara Höfels) nun nicht mit einem zweiten Film, sondern mit einer Miniserie weitererzählt, ist zwar nicht außer-, aber doch durchaus ungewöhnlich, zumal sich angesichts der sechs Folgen die Frage stellt, ob eine filmische Fortsetzung nicht genügt hätte.

Die Komödie lebte vom schon oft erzählten Zusammenprall zweier denkbar unterschiedlicher Lebensentwürfe: hier der ebenso eigenbrötlerische wie unausstehliche Besserwisser, dort die alleinerziehende Plattenbaumutter mit drei Kindern. Normalerweise wären sich die beiden nie begegnet, aber weil der seit einem Schlaganfall halbseitig gelähmte Ex-Lehrer auf Hilfe angewiesen ist und sich seine Schwester Elfie (Ursela Monn), die sich bislang in der gemeinsamen großzügigen Berliner Altbauwohnung um den alten Miesepeter gekümmert hat, auf eine ganzjährige Weltreise begeben hat, kommt es zu einem "Win/Win"-Deal: Pflegen gegen Wohnen. Allen Gegensätzen zum Trotz entwickelt sich tatsächlich so etwas wie eine Freundschaft zwischen Hintz und Kunze. Damit ist nun Schluss, als Elfie vorzeitig von ihrer Reise zurückkehrt, im Schlepptau einen Hippie (Horst Günter Marx), den sie in Sri Lanka kennen gelernt hat. Da Hintz Elfies Mails nicht gelesen hat, muss Trixie nun über Nacht eine neue Bleibe für sich und den Nachwuchs suchen. Frustriert kehrt sie Charlottenburg den Rücken und nach Marzahn zurück, wo sie sich vorübergehend in der Wohnung einer im Urlaub weilenden Freundin einnistet. Als Hintz fahrlässig die Wohnung abfackelt, kommt es zum erneuten Aufeinandertreffen, diesmal allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen: Nun bittet der Alte um Asyl. Trixie hat derweil ganz andere Probleme: Hintz hat ihr einen Ausbildungsvertrag in ihrem Traumberuf als Konditorin besorgt, aber mit dem mageren Gehalt kann sie keine eigene Wohnung finanzieren; von ihrer Lese- und Schreischwäche ganz zu schweigen. Außerdem läuft sie in der "Platte" prompt ihrer Mutter (Franziska Troegner) über den Weg, zu der sie aus gutem Grund vor 14 Jahren den Kontakt abgebrochen hat.

Petry wird im Abspann als dramaturgischer Berater geführt; tatsächlich knüpft die Serie zumindest hinsichtlich ihrer Stärken an die Qualität des Films an. Die Inszenierung (Wolfgang Groos, Winfried Oelsner) ist solides Fernsehhandwerk; meist ist es die Musik (Riad Abdel-Nabi), die für Tempo sorgt. Was der Serie jedoch fehlt, ist ein Überraschungsmoment jenseits der vielen amüsanten Details. Die beiden Hauptfiguren sind bekannt, ihre Konflikte wiederholen sich ebenso wie das Muster, denn das Leben von Hinz und Kuntze ist ein ständiges Auf und Ab: Kaum gibt es eine gute Nachricht, folgt eine schlechte; und umgekehrt. Im Grunde erzählt das Team rund um Chefautor Daniel Scotti-Rosin die Geschichte des Films noch mal, nur diesmal dreimal so lang. Immerhin darf Trixie nun auf eine Start-up-Karriere als Tortenbäckerin hoffen. Dass ausgerechnet der mürrische Hintz, der zwischendurch unfreiwillig zum YouTube-Star wird, die Akquise übernehmen soll, hat einige verwirrende Erlebnisse zur Folge, weil beispielsweise ein amerikanischer Barista aus dem Wort "Akquirieren" bloß "queer" heraushört.

Darstellerisch ist die Serie ohnehin sehenswert, zumal das Drehbuchteam Hallervorden viele wunderbare Dialoge beschert, von den teilweise tränentreibend komischen Herausforderungen für Hintz ganz zu schweigen. Den größten Spaß machen die Auseinandersetzungen mit Hausmeister Nowak (Thorsten Merten), zumal Wolfgang Groos, Regisseur der ersten drei Folgen, die Begegnungen zum Duell stilisiert: Eine witzige Verfolgungsjagd zwischen Aufsitzrasenmäher und Rollstuhl mündet in ein mit optischen und musikalischen Anleihen beim Italo-Western inszeniertes Duell. In den Episoden vier bis sechs (Regie: Winfried Oelsner) einigen sich die beiden Kontrahenten auf eine Zweckgemeinschaft, die unter anderem zur erwartbaren Versöhnung von Trixie mit ihrer Mutter führt.

Ähnlich viel Freude wie die vielen kleinen Drehbucheinfälle machen die verschiedenen Slapstickmomente, in denen Hintz und Trixie allerlei in unglückliche Kettenreaktionen mündende Missgeschicke unterlaufen. Dritte wichtige Figur im Film war der älteste Sohn (Julius Gabriel Göze). Nun rückt die Tochter in den Vordergrund: Afia absolviert eine Ausbildung zur Krankenschwester und wird dank ihrer medizinischen Kenntnisse für eine angehende Ärztin gehalten. Wenn das ZDF seiner Strategie der Talentförderung treu bleibt, müsste Lathisha Kohrs demnächst in einer Episode der "Herzkino"-Reihen "Rosamunde Pilcher" oder "Inga Lindström" auftauchen: Die junge Schauspielerin macht ihre Sache an der Seite Hallervorden und Höfels ganz prima.