TV-Tipp: "Inga Lindström: Klang der Sehnsucht"

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TV-Tipp: "Inga Lindström: Klang der Sehnsucht"
25. Juli, ZDF, 20.15 Uhr
Lene ist schockiert. Ihre große Schwester Stine, eine berühmte Dirigentin, ist in Wahrheit ihre Mutter. Während eines Besuchs ihrer Heimat trifft die Musikerin auch noch ihre große Liebe wieder. Großes "Herzkino" aus Schweden.

Für "Herzkino"-Hasser ist das natürlich eine Steilvorlage: Eine Frau kehrt nach offenbar langer Abwesenheit in ihre Heimat zurück, und der erste Mann, dem sie begegnet, ist ihre Jugendliebe. Beide haben einander nie vergessen, weshalb die einstige Leidenschaft umgehend wieder auflodert. Das Paar verbringt eine Nacht miteinander, versichert sich anschließend jedoch, dass dies nur ein Ausrutscher war, denn beide sind vergeben: er an eine andere Frau, sie an die Musik.

Diese Konstellation ist schon mal interessant, schließlich hat das "Herzkino" im ZDF gerade bei "Inga Lindström" eine Happy-End-Garantie. Nicht nur die Freundinnen des Sendeplatzes werden "Klang der Sehnsucht" jedoch aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten, denn in erster Linie erzählt Stefanie Sycholt (Buch und Regie) eine Geschichte über zwei Mütter und zwei Töchter: Als Stine (Stephanie Stumph) mit 16 Jahren schwanger geworden ist, hat Mutter Birgit (Marion Mitterhammer) das Kind als ihr eigenes ausgegeben, damit die Tochter ihrer musikalischen Berufung folgen konnte. Mittlerweile ist Stine 32 und eine bekannte Dirigentin. Als sie für ein Sommerkonzert in ihre Heimatstadt Norrköping zurückkehrt, will sie Lene (Tara Fischer) endlich aufklären und anschließend mit nach Rom nehmen, wo sie nach dem Sommer eine feste Stelle antreten wird. Allerdings kommt alles ganz anders, denn das Mädchen findet die Wahrheit durch Zufall selbst heraus und ist entsprechend schockiert, dass ihre "Mutter" und vor allem die verehrte große "Schwester" sie 16 Jahre lang belogen haben.

Das allein wäre schon Handlung genug, aber weil sonntags im "Zweiten" nur die Liebe zählt, erfreut das emotional komplexe Drehbuch die Zielgruppe nicht nur mit Stines neu entflammten alten Gefühlen zu Mads (Sebastian Achilles). Lene ist ebenfalls voll verknallt, und Oma Birgit gewährt ihrem kurz vom Weg abgekommenen Geliebten Hugo (Filip Peeters) eine zweite Chance. Da die Welt in den "Inga Lindström"-Geschichten noch dörflicher ist als im Fernsehfilm ohnehin, hängt alles mit allem zusammen: Lenes Schwarm Oliver (Anselm Bresgott) ist ein hochbegabter Pianist und gehört ebenso zum Orchester wie Konzertmeister Hugo, der sich allerdings als Stinkstiefel entpuppt und nach Kräften gegen Stine intrigiert, weil er Dirigieren für Männersache hält.

Gerade die Sonntagsfilme aus den Reihen "Lindström" und "Rosamunde Pilcher" strotzen gern nur so von Klischees inhaltlicher und optischer Art und sind in solchen Fällen nicht selten allein wegen der oftmals kaum bekannten, aber talentierten Hauptdarstellerinnen sehenswert; solche "Lindström"-Geschichten hat Sycholt ebenfalls schon erzählt. Aus ihrer Feder stammen aber auch einige gelungene Episoden der Reihe. In der Umsetzung mögen ihre Filme nicht weiter aus dem Rahmen fallen, aber das ist auch kaum möglich, zumal es ähnlich wie bei "Rosamunde Pilcher" klare Vorgaben gegen dürfte; dazu gehört selbstverständlich eine möglichst ansprechende Inszenierung der Schauplätze.

Augenfutter gibt es in "Klang der Sehnsucht" in der Tat reichlich, weil Sycholt die Landschaft konsequent als malerischen Sehnsuchtort inszeniert (Bildgestaltung: Thomas Etzold), aber die entsprechenden Szenen dienen keinem Selbstzweck, sondern sind Teil der Handlung. Sehr reizvoll ist auch die Idee, sowohl den Liebesakt von Stine und Mads wie auch die Uraufführung von Stines "Symphonie der Sehnsucht" kurz vor Schluss mit Unterwasserbildern zu illustrieren; die in Stunden großen Liebeskummers entstandene und Mads gewidmete Sinfonie steht für den Klang der Welt unter den Wellen.

Ganz ausgezeichnet ist schließlich die Führung der Mitwirkenden. Tara Fischer ist in den letzten Jahren schon in mehreren ZDF-Produktionen sehr positiv aufgefallen, nicht nur am leichten Sonntagabend, sondern auch in dem "Helen Dorn"-Krimi "Verlorene Mädchen". Es gibt ohnehin im gesamten Ensemble keinen einzigen Ausfall. Da sich die "Herzkino"-Produktionen in der Regel auf die weiblichen Hauptfiguren konzentrieren, sind die männlichen Mitwirkenden oft nur dritte Wahl oder hölzerne Stichwortgeber. Das ist diesmal anders: Sebastian Achilles ist als Mischung aus Wotan Wilke Möhring und Stephan Kampwirth eine gute Ergänzung zu Stephanie Stumph. Seine beste Szene hat er akustisch, als er aus dem Off auf berührende Weise die Liebesbriefe vorliest, die Mads einst an seine Geliebte geschrieben hat. Selbst bei gestandenen Schauspielern klingen solche Monologe mitunter steif, aber Achilles hat großen Anteil daran, dass diese Szene einer der emotionalsten Momente des Films ist.