TV-Tipp: "Landkrimi: Waidmannsdank"

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TV-Tipp: "Landkrimi: Waidmannsdank"
31. Mai, ZDF, 20.15 Uhr
Mit dem Fund eines kopflosen Steinbocks beginnt dieser Krimi aus Kärnten - eine düstere Geschichte rund um eine geplante Hotelanlage.

Die Nebelbilder zum Auftakt sind ein passender Vorgeschmack: Dieser "Landkrimi" aus Kärnten wird kein Spaß. Tatsächlich erzählt Drehbuchautorin Pia Herzegger, die auch eine der beiden Hauptrollen spielt, eine düstere Geschichte, in deren Verlauf mehrere Personen auf zum Teil skurrile Weise ums Leben kommen. In keinem der Fälle handelt es sich um Mord im klassischen Sinn; tot sind sie trotzdem. Hintergrund der Handlung ist ein altes Zerwürfnis zwischen zwei Männern: Der eine hat dem anderen vor dreißig Jahren die Gefährtin ausgespannt, seither sind sie einander spinnefeind. Eine ganz ähnliche Fehde ergibt sich zwischen einem Vater und seinem Sohn, die beide in dieselbe Frau verliebt sind. Außerdem spielen Wilderei und ein geplanter Landverkauf an einen Investor eine Rolle. "Waidmannsdank" ist in erster Linie ein Heimatdrama, Wirtshausschlägerei inklusive; die Krimi-Ebene wird über weite Strecken zur Nebensache.

Der Film beginnt mit dem Fund eines kopflosen Steinbocks; offenbar die Tat eines Trophäenjägers. Jagdaufseher Flattacher (Johannes Flaschberger) hat einen konkreten Verdacht, aber keine Beweise. Abends kommt es zum heftigen Streit zwischen den Mitgliedern des Jagdvereins, am nächsten Tag liegt einer der Männer tot am Fuß eines Hochsitzes: Eine der oberen Sprossen war manipuliert, beim Sturz ist er von einem Ast aufgespießt worden. Aber wem galt die Tat? Bauer Guggenbauer (Helmut Bohatsch) hatte verkündet, er wolle am nächsten Morgen einen Hirsch erlegen; jeder wusste das. Außerdem kann er ein anonymes Drohschreiben präsentieren: Nicht jeder ist begeistert, dass er seinen Grund und Boden veräußern will, damit dort eine Hotelanlage entsteht. Größter Gegner dieses Vorhabens ist sein Sohn Hannes (Robert Stadlober): Der Hof ist Heimat, und die Heimat verkauft man nicht. Er träumt davon, mit Köchin Betti (Karolina Lodyga) eine Familie zu gründen; aber Betti hat ganz andere Pläne.

Es gehört quasi zur Grundausstattung des Provinzkrimis, dass sämtlichen Beteiligten miteinander verwandt oder verfeindet sind, die Ordnungshüter inklusive; tatsächlich ist Dorfpolizistin Schober (Jutta Fastian) die Schwägerin von Guggenbauer und somit auch die Tante von Hannes, dem sie die früh verstorbene Mutter ersetzt. Deshalb übernimmt Oberinspektorin Acham (Herzegger) vom LKA Klagenfurt den Fall. Sie kann den Einheimischen zwar unvoreingenommen gegenübertreten, aber natürlich ist sie eine Fremde; gerade der unwirsche Einzelgänger Flattacher hat überhaupt keine Lust zu kooperieren und ermittelt lieber auf eigene Faust. Auch Schober verhält sich gegenüber der Kollegin aus der Stadt äußerst distanziert. Das ändert sich erst, als ihr Chef, Georg Treichel (Peter Raffalt), bei einem Attentat schwer verletzt wird. Er hat den betrunkenen Guggenbach in dessen Auto heimgefahren; also galt die Kugel vermutlich dem Bauer.

Auf Distanz bleibt auch der Film. Schober versichert der Kollegin aus der Stadt zwar, die Leute hier seien eigentlich alle ganz nett, aber tatsächlich wirken die Menschen ausnahmslos grantig. Ein einziges Mal kommt ein klein wenig Fröhlichkeit auf, als Wirtin Gretl (Doris Dexl) nach der Trauerfeier für den toten Jäger Haschkekse verteilt; doch dann fährt auch schon der Rettungswagen vor. Daniel Prochaska hat das auf dem gleichnamigen Roman von Alexandra Bleyer basierende Drehbuch mit Bedacht umgesetzt, aber mitunter ist der Übergang von bedächtig zu gemächlich fließend. Sehenswert ist allerdings die Bildgestaltung; gerade die Naturaufnahmen sind sehr stimmungsvoll. Viele Szenen spielen jedoch in der Nacht und sind daher stockdunkel. Wenig herzerwärmend sind auch die Figuren; am ehesten taugt zur Identifikation noch die Oberinspektorin, die sich im Hinterland sichtbar deplatziert fühlt; deshalb will den Fall möglichst schnell klären und zu ihren kleinen Kindern zurück. Die männlichen Eingeborenen sind in ihrer nachdrücklichen Vierschrötigkeit ohnehin keine Sympathieträger. Guggenbauer junior erweckt als tragischer Held immerhin Mitgefühl, und der schroffe Flattacher darf dank seiner heimlichen Beziehung zur patenten Gretl andeuten, dass er auch anders kann.

Der langjährige Filmeditor Prochaska, Sohn des hierzulande vor allem für seine vorzügliche ZDF-Reihe "Spuren des Bösen" bekannten Regisseurs Andreas Prochaska, hat die Bilder wie schon bei seinem Regiedebüt "Geschenkt" (2019) in schwere, erdige Farben getaucht (Kamera hier wie dort: Matthias Pötsch). In "Waidmannsdank" betont dieses Konzept nicht nur den ländlichen Charakter, sondern auch die Unwirtlichkeit der spätherbstlichen Landschaft im Nebel. Viele Einstellungen wirken, als seien sie Gemälden von Caspar David Friedrich nachempfunden, wenn auch ohne jede Romantik; selbst die Innenaufnahmen sind ausgesprochen unheimelig. Damit entspricht die Ästhetik perfekt der wenig ersprießlichen Handlung, in deren Verlauf noch drei weitere Männer auf denkbar unglückliche und zum Teil überaus tragische Weise ums Leben kommen. Die besondere Musik von Herwig Zamernik verstärkt diese Atmosphäre noch; das gilt auch für die sorgsam ausgesuchten österreichischen Lieder. Bei seiner Ausstrahlung im ORF (Dezember 2020) avancierte dieser vom ZDF koproduzierte 19. "Landkrimi" zum bislang erfolgreichsten Film der Reihe.