TV-Tipp: "Spätzle Arrabiata oder Eine Hand wäscht die andere"

© Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Spätzle Arrabiata oder Eine Hand wäscht die andere"
13. Mai, SWR, 20.15 Uhr
Luca Rossi (Giovanni Funiati) kehrt nach zehn Jahren in seine schwäbische Heimat im Zollernalbkreis zurück. Die elterliche Pizzeria ist seit dem Tod des Vaters jedoch völlig runtergekommen. Halbbruder Pipo (Adam Boudoukos) hat eine lukrativere Einnahmequelle aufgetan.

Das Lokal dient der Mafia als Tarnung für ihre Geldwäsche. Weil sich Pipo mit dem Geld seiner Auftraggeber bei einem vermeintlich todsicheren Geschäft verspekuliert hat, steht plötzlich ein Gangster vor dem Tresen. Irgendwie gelingt es den Brüdern, die geforderten 30.000 Euro aufzutreiben. Der Geldeintreiber betrachtet die Summe jedoch nur als Anzahlung, was zur Folge hat, dass erst Pipo einen Finger und dann der Mafioso sein Leben verliert.

Ein verträumter Provinzort, über den aus heiterem Himmel das Verbrechen hereinbricht: Auf diesem Handlungskern basiert quasi das halbe Lebenswerk von Erfolgsautor Holger Karsten Schmidt. Die beiden von ihm erdachten ARD-Reihen "Nord bei Nordwest" (seit 2014) mit Hinnerk Schönemann und "Harter Brocken" (seit 2015) mit Aljoscha Stadelmann ergänzen das Handlungsmuster regelmäßig um eine ordentliche Prise schwarzen Humor, aber auch viele frühere Fernsehfilme haben sich dieses Erzählprinzip zu eigen gemacht, allen voran der Insel-Western "Mörder auf Amrum", für den Schmidt 2010 seinen ersten Grimme-Preis bekommen hat. Im Vorspann von "Spätzle Arrabiata – Eine Hand wäscht die andere" taucht sein Name allerdings gar nicht auf, obwohl die sechsteilige SWR-Serie eine typische Schmidt-Geschichte erzählt.

Es könnte wie der Auftakt zu einer makabren Krimi-Geschichte klingen, zumal die erste Folge mit einer Verbeugung vor Akira Kurosawas Klassiker "Yojimbo – Der Leibwächter" beginnt, als eine Maus versucht, den Finger zu stibitzen (bei Kurosawa rennt ein Hund mit einer Hand davon). Reizvoll ist auch die Idee, dass sich die attraktive Bürgermeisterin Höpke (Christina Hecke) bei der Durchsetzung ihrer Ziele ebenfalls mafiöser Methoden bedient; da ist es nur konsequent, dass sie schließlich mit der Mafia zusammenarbeitet. Ihr fremdenfeindlicher Bruder wiederum, der von Patrick von Blume betont breitbeinig verkörperte Dorfpolizist, hat die Rossi-Brüder auf dem Kieker und schikaniert sie ständig: Als Luca mit dem Dreirad des Lokals von einer gleichfalls mitmischenden Rockerbande von der Straße gedrängt wird, verpasst ihm Höpke einen Strafzettel, weil das Rücklicht defekt ist.

Die Umsetzung durch Peter Evers – sein Regiedebüt war das württembergische Heimatdrama "A Gschicht über d’Lieb" (2019) – ist jedoch exakt so beschaulich wie der Ort, in dem sich die Handlung zuträgt. Mit der gemächlichen Inszenierung ließe sich vermutlich leben, aber auch der Witz zündet nicht: Wenn Humor allein aus dem Dialekt resultiert, ist das ein bisschen wenig. Dabei hat der als erster Autor genannte Peter Koller mit den "Amsterdam-Krimis" (mit Hannes Jaenicke) packende Geschichten erzählt. Nummer zwei ist ein gewisser Klaus Burck. Diesen Rollennamen trug der selbstredend von Schönemann verkörperte Held des ZDF-Thrillers "Mörderische Erpressung". Schmidt hat das Autorenpseudonym bereits bei dem Zweiteiler "Spuren der Rache" und später bei "13 Uhr mittags" gewählt. Der Ortsname Aschberg wiederum spielte schon in den ZDF-Krimis mit Schönemann als Privatdetektiv Finn Zehender eine Rolle ("Mord in Aschberg", 2014). Schmidt hat das Konzept zu "Spätzle Arrabiata" gemeinsam mit Koller entwickelt und war auch an den ersten Drehbüchern beteiligt, musste dem Kollegen die Serie dann aber wegen eines anderen Auftrags überlassen; zuletzt hat der dreifache Grimme-Preisträger den famosen ARD-Vierteiler "Die Toten von Marnow" geschrieben.

Dem SWR schwebte ursprünglich eine langlaufende Serie vor, und der Schluss legt zumindest eine Fortsetzung nahe: Folge sechs endet mit einem klassischen Cliffhanger, der die beiden Brüder mit der nächsten Krise konfrontieren dürfte. Trotzdem bleibt die Titelanspielung auf das scharf gewürzte italienische Teiggericht Penne all’arrabbiata (frei übersetzt: Nudeln auf zornige oder leidenschaftliche Art) das einzig wirklich originelle Element. Das augenzwinkernde "Yojimbo"-Zitat deutet an, was den Machern womöglich vorschwebte, aber davon ist "Spätzle Arrabiata" weit entfernt, zumal selbst die namhaften Mitwirkenden mitunter wenig preiswürdig agieren; von den Nebendarstellern ganz zu schweigen Der SWR zeigt die Serie vom 13. bis zum 15. Mai jeweils in Doppelfolgen, in der ARD-Mediathek sind bereits alle sechs Teile abrufbar.