TV-Tipp: "Fritzie - Der Himmel muss warten II."

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TV-Tipp: "Fritzie - Der Himmel muss warten II."
Donnerstag, 29. April, ZDF, 20.15 Uhr
Einen denkbar schweren Stoff leicht, locker, mitunter sogar fröhlich zu präsentieren, aber dennoch seriös und der potenziellen Tragik angemessen: Das ist ein echtes Kunststück.

Mit "Fritzie - Der Himmel muss warten" (2020) ist dem Autorinnenteam rund um Kerstin Höckel eine Serie über das Albtraumthema Brustkrebs gelungen, vor der niemand Angst haben brauchte. Nach der niederschmetternden Diagnose gleich zum Auftakt der ersten Folge erlebte Titelheldin Fritzie (Tanja Wedhorn), Lehrerin für Biologie und Sport an einem Berliner Gymnasium, eine emotionale Achterbahnfahrt, in deren Verlauf sie sämtliche Gewissheiten infrage stellte; selbst ihre Ehe. Es schien, als hätte der Krebs gewissermaßen auch ihre Familie befallen. Die Krankheit, verbunden mit der Entscheidung "Operation ja oder nein?", stand über allem, aber darüber hinaus ging es in jeder der sechs Folgen um typische Schulprobleme.

Diesem Erzählschema bleiben die drei Autorinnen auch in der Fortsetzung treu. Noch vor dem Vorspann informiert ein kompakter Rückblick über die bisherigen Ereignisse. Staffel eins hatte mit der Operation geendet, Staffel zwei beginnt mit dem Erwachen danach, und schon setzt Höckel die beiden Themen, die die folgenden Episoden dominieren werden.

Im Vordergrund steht die alles beherrschende Frage, ob der Krebs gestreut hat. Weil Ehemann Stefan (Florian Panzner) und Sohn Florian (Nick Julius Schuck) so glücklich sind, dass Fritzie die OP gut überstanden hat, erzählt sie ihnen kurzerhand, dass nur zwei der entnommenen Lymphknoten Metastasen enthalten hätten; dabei sind die Gewebeproben noch gar nicht untersucht worden. Prompt entpuppt sich die Notlüge als frommer Wunsch, der nicht der Realität entspricht.

Der zweite Aspekt mag zunächst weniger existenziell wirken, symbolisiert jedoch Fritzies Ungewissheit, wie es weitergehen soll: Sie vermisst ihren Ehering. Stefan würde sie zur Not einfach noch mal heiraten, doch eine umgehende Vision verdeutlicht, was sie davon hält: Die Bilder zeigen sie auf dem Weg zum Traualtar; und der Mensch, der sie dort erwartet, ist ganz und gar nicht Stefan. Kein Wunder, dass sich ihr Mann im weiteren Verlauf der Handlung mehr und mehr ausgeschlossen fühlt.

Wie in der ersten Staffel kombinieren Kerstin Höckel, Christiane Bubner und Katja Grübel die Krankheits- und Beziehungsebene mit dem Schulalltag; das Konzept erinnert also erneut an den RTL-Dauerbrenner "Der Lehrer". Fritzie will so schnell wie möglich wieder arbeiten, muss sich zunächst jedoch um ihren Sohn kümmern: Florian, gerade 16, wird Vater, aber Mitschülerin Hanna (Rosmarie Röse), eine ebenso eigenwillige wie eigensinnige junge Frau, verliert das Baby und damit irgendwie auch ihre Gefühle für ihn.

Als Hanna kurz drauf zu ihrer Mutter nach Schweden zieht, findet Florian Trost bei Zoe (Tara Leiberg). Die Sängerin der Schulband ist in einer ähnlichen Lage wie er: Seit ihre Schwester einen Unfall hatte und im Rollstuhl sitzt, dreht sich alles nur noch um sie. Im Vergleich dazu sind die weiteren Episodenstoffe fast schon trivial. Mal schreibt ein Schüler mit Absicht schlechte Noten, damit er nicht aufs Elite-Internat muss, mal wird ein Mädchen aus armen Verhältnissen des Diebstahls bezichtigt, mal scheitert die verhuschte und ohnehin im falschen Beruf gelandete Referendarin Josy (Odine Johne) mit ihrer Schulband an den hohen Erwartungen der ehrgeizigen Rektorin Selma Herzog (Neda Rahmanian).

Selma ist nicht nur Fritzies Chefin, sondern auch ihre beste Freundin, und als sich die beiden an ihren Jugendtraum einer gemeinsamen Weltumseglung erinnern, vertröstet sie sie auf die Rente; aber Fritzie weiß nicht, ob sie das noch erleben wird. Damit ist die Serie bei ihrem eigentlichen Thema. Für diesen roten Faden steht ein Lied von Thomas Anders, das die kernige Hausmeisterin (Gisa Flake) während der Arbeit hört. "Das Leben ist jetzt" wird zum unausgesprochenen Motto: Fritzie erwirbt kurzerhand ein gebrauchtes Segelboot und pflegt auch weiterhin ihre bereits in der ersten Staffel begonnene Liebelei mit Bademeister Milos (Tobias Licht).

Neelesha Barthel und Kerstin Ahlrichs haben die Regie von Josh Broecker übernommen, aber ansonsten hat sich vor und hinter der Kamera bei den wichtigsten Funktionen und in den durchgehenden Rollen nichts geändert; abgesehen von Melanie (Anna Herrmann). Die Friseurin und Frohnatur („Brustkrebse müssen zusammenhalten“) hätte allen Grund dazu, deprimiert zu sein, vertreibt aber regelmäßig die düsteren Wolken, die sich während der Chemotherapie über Fritzie zusammenbrauen. Auch dieser Teil der Erkrankung wird nicht verharmlost.

Ärztin Malotta (Kirsten Block) hat zwar Verständnis für die Eskapaden ihrer Patientin, macht ihr aber auch klar, dass die Therapie an die Substanz gehen und Lebensmut kosten wird. Prompt erlebt Fritzie immer wieder Momente, in denen es ihr richtig dreckig geht. Andererseits lässt sie sich nie unterkriegen, und in diesem Mut machenden Vorbild liegt auch dank Tanja Wedhorn, deren Spiel jederzeit glaubwürdig ist, der besondere Wert der Serie; von der konzeptionellen und handwerklichen Qualität ganz zu schweigen.

Die Kamera taucht die Bilder in eine behagliche Atmosphäre, die im Verbund mit der munteren Musik eine heitere Familienserie signalisiert, und das ist "Fritzie - Der Himmel muss warten II." über weite Strecken auch, allerdings mit einem bedeutsamen Unterschied: Mit dem Aufwachen aus der Narkose beginnt für die Titelhelden der Rest ihres Lebens. Weil ihr niemand sagen, wie viele Jahre sie noch hat, will sie jeden Moment genießen, und selbstredend taugt sie auch in dieser Hinsicht als Vorbild; für uns alle. Das ZDF zeigt die Serie donnerstags in Doppelfolgen.