TV-Tipp: "Marie Brand und der schöne Schein"

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TV-Tipp: "Marie Brand und der schöne Schein"
Dienstag, 20. April, ZDF Neo, 21.45 Uhr
"Marie Brand und der schöne Schein" ist ein sehenswerten Krimi, der auch von der besonderen schauspielerischen Leistung der jungen Elisa Schlott geprägt wird.

Spätestens seit ihrer Hauptrolle in dem ARD-Mehrteiler „Unsere wunderbaren Jahre“ (2020) gilt Elisa Schlott als eine der interessantesten Schauspielerinnen ihrer Generation. Ihr herausragendes Talent war allerdings bereits viel früher erkennbar. Wenige Wochen vor der Erstausstrahlung des "Marie Brand"-Krimis im März 2015 hatte sie als Junkie in einem "Tatort" aus Kiel ("Borowski und der Himmel über Kiel") für eine der aufregendsten darstellerischen Darbietungen des damaligen Fernsehjahres gesorgt. Mit "Marie Brand und der schöne Schein" bestätigte die Schauspielerin, damals Anfang zwanzig, dass ihre Leistung weder ein Zufallsprodukt noch ein Einzelfall war.

Erneut profitierte sie dabei von einer Rolle, die ein echtes Fest ist. Zunächst beginnt der Film jedoch wie ein ganz gewöhnlicher Krimi: Ein Mann ist beim Rudern ermordet worden. Als erfolgreicher Finanzberater hatte er zwar nicht nur Freunde, doch kaum jemand sagt ein böses Wort über den toten Werner Brehm, dem der Ruderclub viel zu verdanken hat. Selbst der Zeugwart (Ronald Kukulies), der durch eine riskante Anlage Geld verloren hat, nimmt ihn in Schutz.

Wirklich böse ist allein Max Holz (Thomas Loibl), ein bekannter Wettermoderator, denn der ist angeblich pleite, weil er wegen Brehm aufs falsche Pferd gesetzt hat. Als erst sein Alibi platzt und sich dann auch noch rausstellt, dass er zur Tatzeit in der Nähe des Tatorts war, scheint der Fall klar.

Allerdings sollte man den Titel des Films beim Wort nehmen und im Gegensatz zur diesmal überraschend leichtgläubigen Titelheldin (Mariele Millowitsch) nicht alles für bare Münze nehmen. Tatsächlich wird in "Schöner Schein" ständig gelogen und betrogen, aber so überzeugend, dass man Marie Brand und ihrem Partner Jürgen Simmel (Hinnerk Schönemann) kaum einen Vorwurf machen kann.

Bestechendste Figur ist dabei die 17-jährige Hanna (Schlott), die gemeinsam mit ihrer Mutter, Werner Brehm und dessen Tochter Sofie (Maja-Céline Probst) eine offenbar wunderbar harmonierende Patchwork-Familie bildet. Diese Idylle ist nun durch den Tod des Mannes, den sie "Papa" nannte, zerstört, aber die ähnlich wie Marie Brand hochbegabte Hanna fasst Zutrauen zur Kommissarin und deutet an, sie sei von Brehm missbraucht worden; und das ist gewissermaßen nur die sichtbare Spitze eines Eisbergs. Immer tiefer arbeiten sich Brand und Simmel in ein komplexes Beziehungsgeflecht aus Lügen und Angst vor; und doch haben sie nicht die leiseste Ahnung, wie tief der Abgrund ist, in den sie schließlich blicken müssen.

Christian Schiller und Marianne Wendt haben sich diese formidable Geschichte ausgedacht, die selbst dann noch funktioniert, wenn man ahnt, dass die Ermittler nach Strich und Faden manipuliert werden. Jörg Lühdorfs Umsetzung ist optisch nicht weiter auffällig, aber die klug konstruierte Handlung und die Leistungen der ausnahmslos guten Darsteller genügen völlig, um "Schöner Schein" zu einem sehenswerten Krimi zu machen.

Gerade Schönemann darf seinem Simmel wieder einige sehenswerte Momente gönnen. Seltsam nur, dass Wettermann Holz seine Wetterdaten den Landesmedienanstalten zur Verfügung stellen und dafür außerdem noch mit einer Summe in Millionenhöhe bürgen soll. Die Landesmedienanstalten sind die Aufsichtseinrichtungen der Bundesländer für die Privatsender und werden nicht erfreut darüber sein, dass ein "Aufsichtsratsmitglied" (so was haben diese Gremien gar nicht) auch noch bestechlich ist. Aber ganz gleich, was dem Autorenduo da vorschwebte: Für den Fluss der Handlung ist dieses Detail zum Glück völlig unerheblich.