TV-Tipp: "Allmen und das Geheimnis der Erotik"

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TV-Tipp: "Allmen und das Geheimnis der Erotik"
Samstag, 27. März, ARD, 20.15 Uhr
Der vierte "Allmen"-Film - "Allmen und das Geheimnis der Erotik" - wirkt, als habe sich eine leichte Routine eingeschlichen, obwohl Martin Rauhaus, ohnehin ein begnadeter Dialogautor, erneut wunderbare Wortgefechte ersonnen hat.

Qualität schürt Erwartungen, und die sollen nach Möglichkeit sogar noch übertroffen werden. Im Grunde müssten Fortsetzungen bewertet werden, als wär’s das erste Mal, was aber natürlich unmöglich ist. Deshalb wirkt der vierte "Allmen"-Film, als habe sich eine leichte Routine eingeschlichen, obwohl Dialogautor Rauhaus erneut wunderbare Wortgefechte ersonnen hat. Die Schauplätze sind mondän, die Handlung ist dank der Romanvorlage Martin Suters auf reizvolle Weise verzwickt. Heino Ferch als gleichermaßen verarmter wie versnobter Kunstdetektiv Johann Friedrich von Allmen und Samuel Finzi als sein treuer Begleiter Carlos, der sich vom Diener längst zum Mitstreiter emanzipiert hat, sind ein perfekt eingespieltes Team – und genau das ist der Punkt.

Selbstverständlich ist es ironisch gemeint, wenn der zögerliche Carlos seinem Arbeitgeber das Wort aus dem Mund nimmt ("Was ist das Leben ohne den erregenden Hauch von Gefahr?"), aber die Figuren überraschen nicht mehr; und in "Allmen und das Geheimnis der Erotik" gilt das auch für die Geschichte. Zudem, und das ist wohl das eigentliche Manko, fehlt dem Titelheld ein Widerpart von Format. Das hat jedoch weniger mit den Gastschauspielern zu tun, sondern vor allem mit deren Rollen. Seinem Titel wird der Film ebenfalls nicht gerecht. Er bezieht sich zwar in erster Linie auf die Erotik der Porzellankunst. Doch Allmen liebt alles, was die Sinne erfreut; und diesmal knistert es nicht. All’ das ist allerdings Mäkelei auf hohem Niveau, zumal Thomas Berger und Kameramann Frank Küpper auch bei ihrem vierten gemeinsamen "Allmen"-Film für exquisite Bilder gesorgt haben.

Objekte der Begierde sind diesmal diverse Porzellanfiguren sowie eine junge Frau. Und da Gelegenheit nicht nur Diebe, sondern auch Liebe macht, ist Allmen gleich zweifach motiviert. Die Handlung beginnt mit dem Diebstahl eines Fabergé-Eis, das der Kunstdieb während einer Lesung entwendet; wenn auch eher als Fingerübung und aus Langeweile.

Das Delikt kostet den zuständigen Sicherheitsbeauftragten Krähenbühler (Christoph Bach) trotzdem seinen Job, aber er hat die Tat gefilmt und zwingt Allmen, eine kostbare Porzellansammlung zu stehlen. Der lässt sich auf den Handel ein, weil er weiß, dass er auf diese Weise die bei der Lesung getroffene junge Novizin Jasmin (Devrim Lingnau) wiedersehen wird. Sie ist die Erbin eines angesehenen Porzellanhändlers, dessen Eigentum von einer klösterlichen Stiftung verwaltet wird; Jasmin muss sich noch ein paar Jahre gedulden, bis sie darüber verfügen kann.

Das Porzellan wechselt mehrfach den Besitzer, und weil es außerordentlich wertvoll ist, gibt es auch Tote. Selbstredend schwebt Allmen ebenfalls in Gefahr, also muss er rausfinden, wer der hinter den Morden steckt: Der Sicherheitsbeauftragte? Der Leiter der Stiftung, Cognatus Reimund (Stefan Kurt), der nicht nur das Vermögen verwaltet, sondern auch das Leben von Jasmin? Oder am Ende gar die junge Frau selbst? Tatsache ist jedenfalls, dass das Gebaren des Vormunds weitaus undurchschaubarer ist als die transparente Klostergemeinschaft, die in einem modernen Glasbau residiert; und dass der Detektiv von Anfang an bloß ein unwissendes Werkzeug war.

Zu Beginn des letzten Akts fasst Allmen die Ereignisse in Richtung Kamera zusammen. Das ist zwar ungewöhnlich, aber manch’ ein Zuschauer, der zwischendurch den Überblick verloren hat, wird womöglich dankbar für diesen Service sein; nicht jede Handlungswende ist bei näherem Hinsehen schlüssig.

Mitunter hat es gar den Anschein, als hätten sich Berger und Küpper gedacht: "Hauptsache, es sieht toll aus!", und das tut es in der Tat; gerade die in Prag entstandenen Innenaufnahmen sind eine Augenweide. Leider bekommen weder Christoph Bach noch Stefan Kurt den nötigen Raum, um jenes Charisma zu entfalten, dass ein Schurke von Format braucht.

Die Hingerissenheit des Detektivs von Jasmin bleibt ebenfalls Behauptung, weil die vermeintlich hinreißende junge Frau in der Verkörperung durch Devrim Lingnau, die im dritten Film aus der ZDF-Reihe "In Wahrheit" ("Still ruht der See", 2020) noch einen starken Eindruck hinterlassen hat, ähnlich kühl und unnahbar wirkt wie das von Allmen geschätzte Porzellanensemble. Da zudem Andrea Osvárt als Freundin des Helden diesmal sträflich unterbeschäftigt ist, fehlt der Geschichte zudem eine alles überstrahlende weibliche Figur.

Dafür ist immerhin Carlos’ Freundin Maria (Isabella Parkinson) weitaus besser integriert als im letzten Film ("Allmen und das Geheimnis der Dahlien"), sodass sich Allmen bei seinen gewagten Plänen nun gleich zwei Bedenkenträgern gegenübersieht; davon abgesehen erweist sie sich als nicht minder gewitzte Ergänzung des Duos.

Die Formulierung "faustdick hinter den Ohren" ist zwar etwas altmodisch, passt aber zur Anmutung des Films: Bergers Umsetzung ist durchaus flott, zumal auch die im Stil schmissiger Gaunerkomödien wie "Oceans’ Eleven" gehaltene und mit viel Jazz und Swing durchsetzte Musik (Fabian Römer, Matthias Hillebrand-Gonzalez) ein ordentliches Tempo vorlegt, aber Allmen wirkt als Gentleman alter Schule, Meister der Flirt-Prosa und Genussraucher wie aus der Zeit gefallen.