Zuversichtsbrief Woche 50 - Ein paar Worte mehr!

Zuversichtsbrief Woche 50 - Ein paar Worte mehr!

Was meint ihr aber? Es hatte ein Mann zwei Söhne und ging zu dem ersten und sprach: Mein Sohn, geh hin und arbeite heute im Weinberg. Er antwortete aber und sprach: Ich will nicht. Danach aber reute es ihn, und er ging hin. Und der Vater ging zum andern Sohn und sagte dasselbe. Der aber antwortete und sprach: Ja, Herr!, und ging nicht hin. Wer von den beiden hat des Vaters Willen getan? Sie sprachen: Der erste. Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr.

Matthäus 21,28–31 (Hier vorgelesen von Helge Heynold)

Liebe Jubiläumsgemeinde,

herzlichen Glückwunsch uns allen! 50 Wochen sind es bereits, in denen wir aushalten, anhalten, durchhalten, einander halten. Wir können deswegen seufzen und stöhnen: „Beinahe ein Jahr! Es scheint einfach kein Ende zu nehmen!“ Wir hätten allen Grund dazu, trotzdem möchte ich heute feiern, dass wir noch da sind. Lassen Sie uns feiern, dass unsere Zuversicht 50 Wochen lang nicht ganz versiegt ist!

In der Zuversicht steckt eine Portion Trotz. Es hat etwas Dickköpfiges, sich einer schlimmen Situation entgegenzustellen, sich nicht von ihr bestimmen zu lassen. Das kann die eigenen Widerstandskräfte mobilisieren und uns helfen, die Zeit zu überstehen. Wenn man es zu weit treibt mit dem Trotz und dem Widerstand, kann es auch dazu führen, dass man die Realität nicht mehr ernst genug nimmt. Auch das haben wir in den letzten Monaten erleben müssen. Man kann der Situation nicht trotzen, indem man sie schlicht ignoriert. Viel besser ist es, sich die Lage genau anzuschauen und auch sich selbst dabei genau im Blick zu haben. Dann kann man sich entscheiden, „trotzdem“ zu sagen und etwas für sich und andere zu tun, so schwer die Situation auch ist.

Die biblische Geschichte für diese Woche ist ein Gleichnis Jesu. Es geht um einen Vater und dessen Söhne, die je das eine sagen und dann das andere tun. Das Gleichnis ist etwas ungewöhnlich, weil es mit einer Frage anfängt, mit einer Aufforderung an die Zuhörenden, die eigene Meinung zu sagen und mit einem Vorwurf endet. Beides lässt sich dadurch erklären, dass der Evangelist Matthäus dieses Gleichnis als Teil eines Streites Jesu mit den Hohepriestern aufgeschrieben hat. Jesus wird von ihnen gefragt, woher er seine Vollmacht habe, und reagiert entsprechend scharf.

Man kann aber auch die Einladung am Anfang des Gleichnisses selbst annehmen und sich ein Urteil über die beiden Söhne und ihren Vater bilden. Spannend ist zum Beispiel, dass der Vater seinen Arbeitsauftrag nicht beiden Söhnen gleichzeitig erteilt. Er geht erst zu dem zweiten Sohn, als der erste ablehnt. Er nimmt die Verweigerung des ersten Sohnes anscheinend auch wortlos hin. Wir erfahren nicht, ob es ihn ärgert oder ob der Vater noch versucht, seinen Sohn zu überreden. Stattdessen geht er zu dem anderen Sohn. Der verspricht zu arbeiten und tut es dann nicht. Jesu Frage danach lautet: Wer hat den Willen des Vaters getan? Die Antwort darauf ist recht einfach: Natürlich derjenige, der tatsächlich tat, was er sollte.

Man kann aber auch auf die erste Frage eingehen, die Jesus stellt: „Was meinte ich aber?“ Ich meine, dass in der Geschichte einiges besser laufen könnte. Der erste Sohn hätte seinem Vater sagen können, warum er nicht arbeiten will. Er hätte ihm auch Bescheid sagen können, als er sich anders entschloss. Der Vater hätte auch offener sein können. Er hätte seiner Enttäuschung Ausdruck geben können, anstatt gleich den nächsten Sohn zu fragen. Der wiederum hätte ehrlich sein müssen und gleich sagen, dass er nicht arbeiten will. So, wie Jesus die Geschichte erzählt, bedauere ich diese Familie etwas. Niemand ist wirklich ehrlich zu den anderen. Wie soll diese Familie künftig miteinander leben? Wie erst soll sie gemeinsam Krisen überstehen, wenn man nicht offen miteinander redet?

Ich weiß natürlich, dass Gleichnisse nicht dazu da sind, Familienverhältnisse zu beleuchten. Trotzdem sind die häufig so aus dem Leben gegriffen, dass sie mehr lehren können als das richtige Verhältnis zu Gott. Wenn Jesus mich also indirekt auffordert: „Was meinst du?“, dann sage ich: Redet offen miteinander! Erzählt einander von euren Widerständen und von euren Motivationen! Wenn euch etwas missfällt, dann sagt es nicht nur, sondern erzählt, was es ist, das euch stört. Wenn ihr etwas nicht tun wollt, dann heraus mit der Sprache! Wenn ihr etwas von anderen wollt, dann erklärt ihnen genau, worum es euch geht, und gebt nicht sofort auf, wenn die nicht gleich mitmachen!

Es kommt in dieser Zeit besonders darauf an, dass wir gut miteinander umgehen. Die Pandemie zermürbt unser Miteinander. Die Wochenaufgabe lautet darum diesmal so: Sagen Sie ein paar Worte mehr, vor allem, wenn Sie etwas falsch finden, unnütz oder ärgerlich. Kommen Sie sich selbst auf die Spur! Nehmen Sie wahr, warum Sie sich an etwas stören. Und dann erzählen Sie Ihrem Gegenüber davon. So kann der- oder diejenige vielleicht verstehen, was in Ihnen vorgeht. Das klappt übrigens auch sehr gut mit Dingen, über die Sie sich freuen. Erzählen Sie mal!

Ich wünsche Ihnen eine zuversichtliche Woche.

Ihr Frank Muchlinsky