Hilfswerke fordern Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien

Migrant steht an einem Zaun im Flüchtlingslager Lipa
©Kemal Softic/AP/dpa
Bei Minusgraden müssen die Flüchtlinge rund um das ehemalige Camp Lipa im Grenzgebiet zu Kroatien ausharren. Sie wohnen teils im Freien, ohne Wasser, Strom, Toiletten, Duschen und Heizung.
Hilfswerke fordern Aufnahme von Flüchtlingen aus Bosnien
Ein Bündnis von rund 140 Organisationen fordert die sofortige Evakuierung des Flüchtlingslagers Lipa in Bosnien und die Aufnahme der Schutzsuchenden in der EU.

"Die Bilder aus Lipa sind erschütternd", heißt es in einem am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Aufruf, den unter anderem Pro Asyl, Seebrücke, Balkanbrücke und kirchliche Verbände unterzeichnet haben. Die katastrophale Notlage sei die Folge europäischer Abschottungspolitik. Die Bundesregierung müsse jetzt handeln: Deutsche Kommunen und Bundesländer stünden zur Aufnahme bereit.

Ende Dezember war das Camp Lipa nahe der kroatischen Grenze fast vollständig abgebrannt. In dem Lager und der Umgebung müssen laut einem in der vergangenen Woche bekanntgewordenen EU-Bericht nun rund 1900 Menschen bei bis zu minus 15 Grad Celsius im Freien schlafen. Selbst wenn nun Wochen später das Camp notdürftig wieder aufgebaut werde, stelle das keine Lösung für die Geflüchteten dar, heißt es in dem Appell.

Gewalttätige Polizei

Die EU habe mit systematischen Zurückweisungen ("Pushbacks") die humanitäre Notlage erst geschaffen, kritisierten die Organisationen. Schutzsuchenden werde die Ankunft in der EU systematisch verweigert. Anstelle eines Asylverfahrens erwarte die Menschen in Kroatien eine gewalttätige Grenzpolizei, die sie mit brutalen Methoden zurück nach Bosnien-Herzegowina dränge. Die Bundesregierung unterstütze dieses Vorgehen: Erst im Dezember 2020 habe das Bundesinnenministerium der kroatischen Grenzpolizei 20 Fahrzeuge geschenkt.

Die humanitäre Notlage im Norden Bosniens kommt dem Appell zufolge keineswegs überraschend. Seit der Schließung der sogenannten Balkanroute und dem EU-Türkei-Deal von 2016 seien Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen an der Tagesordnung. "Deutschland kann und muss handeln - schon allein, um geltendes Recht einzuhalten", betonten die Organisationen.