Bedford-Strohm kritisiert Blockade von Rettungsschiffen

Bedford-Strohm kritisiert Blockade von Rettungsschiffen
©epd-bild/Christian Ditsch
Der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, kritisiert die Blockade von Rettungsschiffen, die Menschen im Mittelmeer vor dem Ertrinken retten.
Bedford-Strohm kritisiert Blockade von Rettungsschiffen
Die Corona-Pandemie hat das Thema Migration und Flucht aus dem Fokus der politischen Debatte verdrängt. Doch nach wie vor leiden Geflüchtete in Lagern an den Außengrenzen Europas und sterben auf ihrem Weg über das Mittelmeer.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat erneut die Blockade von Schiffen scharf kritisiert, die Menschen im Mittelmeer vor dem Ertrinken retten. Das lasse Europa zu, während die europäischen Staaten gleichzeitig ablehnten, selbst die Seenotrettung wieder aufzunehmen, sagte der Theologe am Dienstagabend in einem Online-Symposium der Bremischen Evangelischen Kirche zu Migration und Flucht. Auch im neuen Jahr seien bereits wieder Menschen ertrunken: "Das ist ein moralischer Skandal."

Europa verrate so seine eigenen ethischen Traditionen, mahnte Bedford-Strohm. "Aus der Sicht christlicher Grundorientierungen ist es für das Hilfshandeln nicht entscheidend, warum Menschen in Lebensgefahr geraten, sondern nur, dass sie in Lebensgefahr sind." Dann müsse man schlicht retten. Alle politischen Diskussionen um die Steuerung von Migration und um den Umgang mit Asylsuchenden könnten und müssten geführt werden: "Aber nicht anstatt des Rettens von Menschenleben. Die Rettung hat immer Vorrang."

Von Humanität geprägte Politik entwickeln

Deshalb appelliere er gerade an die europäischen Staaten, die sich besonders auf das Christentum bezögen, die damit verbundenen ethischen Grundorientierungen endlich ernst zu nehmen. Sie müssten gemeinsam mit allen Staaten Europas eine Flüchtlingspolitik entwickeln, die nicht von Abschottung, sondern von Humanität geprägt sei.

Zur gesunkenen Zahl an Asylanträgen in Deutschland im vergangenen Jahr sagte Bedford-Strohm, das sei für ihn nicht der richtige Weg. Es sei eine Schande, dass Europa die erbärmlichen Umstände in Flüchtlingslagern wie auf der griechischen Insel Lesbos und im bosnischen Camp Lipa zulasse. "Wenn Flüchtlingszahlen in Europa nicht durch die Beseitigung der Not, sondern aufgrund von Abschreckung durch menschenunwürdige Zustände gesenkt werden, dann ist das kein Erfolg, sondern eine moralische Bankrotterklärung."

Nach der vom Bundesinnenministerium in Berlin veröffentlichten Asylstatistik wurden im vergangenen Jahr gut 76.000 Erstanträge von Einreisenden auf Schutz in Deutschland gestellt, fast ein Drittel (31,5 Prozent) weniger als im Vorjahr. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte die Zahl mit den Worten kommentiert, die Maßnahmen zur Steuerung der Migration wirkten, "wir sind auf dem richtigen Weg".

Flucht wieder in Fokus rücken

Zusammen mit Vertretern der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Arbeiterwohlfahrt (AWO) betonte Bedford-Strohm, das Thema Migration und Flucht müsse trotz Corona-Pandemie wieder in den politischen Fokus. Um das zu erreichen plädiere er für eine Zusammenarbeit und für mehr mediale Aktivität, sagte der Präsident des AWO-Bundesverbandes, Wilhelm Schmidt.

Das Symposium sollte an Heinrich Albertz (1915-1993) erinnern. Der evangelische Theologe und SPD-Politiker war als Nachfolger von Willy Brandt Regierender Bürgermeister von Berlin. Albertz zählte zu den Vordenkern der Friedensbewegung und war zwischen 1949 und 1965 Bundesvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt. Organisatoren des Abends waren neben der Bremischen Evangelischen Kirche der Bremer AWO-Landesverband und die Friedrich-Ebert-Stiftung.