"Reformationsfenster"-Streit: Architekten-Erbe legt Berufung ein

"Reformationsfenster" für die Marktkirche
© epd-bild/Jens Schulze
Der Künstler Markus Lüpertz , ein Freund des Altkanzlers Schröder, hat für das 13 Meter hohe Buntglasfenster einen Entwurf mit Motiven der Reformation gefertigt.
"Reformationsfenster"-Streit: Architekten-Erbe legt Berufung ein
Der Rechtstreit um das von Altkanzler Gerhard Schröder gestiftete "Reformationsfenster" für die Marktkirche in Hannover geht in die nächste Runde. Der Anwalt des Architekten-Erben Georg Bissen, Frank Meier, hat Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Hannover eingelegt, wie Meier am Montag auf epd-Anfrage mitteilte.

Bissen will verhindern, dass das 13 Meter hohe Buntglasfenster an der Südseite der evangelischen Marktkirche eingebaut wird. Das Landgericht hatte die Installation Mitte Dezember in erster Instanz erlaubt (AZ: 18 O 74/19). Das rund 150.000 Euro teure Fenster mit Motiven zur Reformation wurde von dem Künstler Markus Lüpertz entworfen.

Meier sagte, er sehe nach einer ersten Prüfung des Urteils gute Gründe für eine Berufung beim Oberlandesgericht Celle. Sein Mandant hatte geltend gemacht, das Buntglasfenster passe nicht in die spätgotische Kirche und beeinträchtige die Optik des schlichten Kirchenraums. Georg Bissen hält die Urheberrechte am Werk seines Stiefvaters Dieter Oesterlen (1911-1994), nach dessen Plänen die im Krieg zerstörte Kirche nach 1946 wiederaufgebaut und neu gestaltet worden war.

Georg Bissen, macht sich bei einem Ortstermin im vergangenen Oktober ein Bild von der Marktkirche. Er will den Einbau des Reformationsfensters verhindern.

Das Landgericht hatte entschieden, dass ein Eingriff ins Urheberrecht in diesem Fall gerechtfertigt werden könne. Die Marktkirche sei als "Gebrauchskunstwerk" einzustufen, das nicht unveränderlich bleiben müsse wie ein Denkmal. Die Richter stützten sich dabei auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und die Religionsfreiheit.

Ein Sprecher des Oberlandesgerichts Celle erläuterte dem epd, das Gericht müsse nun zunächst prüfen, ob die Berufung zulässig und begründet sei. Zudem stelle sich die Frage, ob es eine neue Beweiserhebung geben solle, ob Zeugen befragt und Gutachten von Sachverständigen eingeholt werden müssten. Wann diese Entscheidungen fielen, sei gegenwärtig nicht absehbar.

Das Landgericht Hannover hatte entschieden, dass ein Eingriff ins Urheberrecht in diesem Fall gerechtfertigt sei. Die Marktkirche sei als "Gebrauchskunstwerk" einzustufen, das nicht unveränderlich bleiben müsse wie ein Denkmal. Die Richter stützten sich dabei auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und die Religionsfreiheit.

Marktkirchen-Pastorin Hanna Kreisel-Liebermann bedauerte den Fortsetzung des Rechtsstreits. Durch die Berufung werde sich der geplante Einbau sicherlich verzögern, sagte sie dem epd: "Mein Wunsch wäre gewesen, das Fenster im April einzubauen. Ob wir diesen Plan jetzt halten können, ist fraglich."

Das Fenster zeigt eine große weiße Figur, die den Reformator Martin Luther (1483-1546) darstellen soll, sowie zahlreiche Einzelmotive mit Bezug zur Reformation. Für kontroverse Diskussionen sorgen unter anderem fünf große schwarze Fliegen, die für das Böse und die Vergänglichkeit stehen.

Nach den Plänen der Marktkirche sollte das Fenster eigentlich in diesem Jahr eingebaut werden. Es wurde von der Glasmanufaktur Derix im hessischen Taunusstein bereits zu großen Teilen fertiggestellt. Altkanzler Schröder hat es der Marktkirche als Ehrenbürger von Hannover gespendet. Die bisherigen Kosten hat er nach Angaben der Kirche bereits beglichen - Schröder wollte dafür Vortragshonorare weitergeben.