TV-Tipp: "Das Boot"

© Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Das Boot"
TV-Tipp: "Das Boot" 28. Dezember, ZDF, 20.15 Uhr
Die Neuverfilmung des Klassikers "Das Boot" barg ein großes Risiko: Wolfgang Petersens Film über eine U-Boot-Besatzung im Zweiten Weltkrieg entwickelt noch heute eine Kraft, die im Grunde nicht zu übertreffen ist. Also haben sich die Macher der TV-Serie zu einem kühnen Schritt entschlossen und eine Frau zur Hauptfigur gemacht.

Prompt basierte die Geschichte allenfalls noch auf Motiven der Romanvorlagen von Lothar-Günther Buchheim, aber eine reine Männerserie wäre einfach nicht mehr zeitgemäß.

Weil die Produktion erfolgreich war, stellte sich umgehend die Frage nach einer Fortsetzung. Die einfachste Antwort ist in solchen Fällen die Einführung einer neuen Figur und somit auch eines neuen Hauptdarstellers. Clemens Schick ist immer eine gute Wahl und besitzt das nötige Charisma für diese vielschichtige Rolle: Johannes von Reinhartz macht sich nichts aus Kriegsruhm und hält es nicht für eine Glanztat, dass er sein U-Boot gerettet hat, indem er nach der Versenkung eines Frachters angesichts eines sich nähernden Zerstörers unter die Schiffbrüchigen getaucht ist.

Zur Jahreswende 1942/43 bekommt der erfahrene U-Boot-Kapitän einen Geheimauftrag: U-822 soll eine Enigma transportieren. Die legendäre Maschine, mit der die Deutschen ihre Funksprüche ver- und entschlüsselt haben, stellte die Alliierten vor unlösbare Rätsel. Der längst schon kriegsmüde Offizier beschließt, die Enigma den Amerikanern zu übergeben und so dazu beizutragen, den Krieg vorzeitig zu beenden. Allerdings wird die Maschine von drei SS-Männern begleitet; deren Ziel ist verblüffenderweise ebenfalls die Ostküste der USA.

Auch diesmal gibt es wieder eine zweite Erzählebene, die an Land spielt. Vicky Krieps ist für ihre Rolle als Resistance-Mitglied, das in La Rochelle für die Deutschen arbeitet, im letzten Jahr mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet worden. Simone Strasser stirbt jedoch gleich zu Beginn, als sie eine versteckte jüdische Familie beschützen will. Ihre Rolle als weibliche Identifikationsfigur übernimmt eine Krankenschwester (Fleur Geffrier), die ebenfalls dem Widerstand angehört. Auf diese Weise erspart es das Drehbuchteam (Chefautor: Colin Teevan) seinem Publikum, dass die Serie überwiegend aus hektischen Dialogen wie zum Auftakt der ersten Folge besteht: "Los, los!" "Hopp, hopp, hopp!" "Alle Mann voraus!" "Beeilt euch, Beeilung!" "Wasserbomben – eins, zwo!", dann eine Explosion, "Wassereinbruch!", und noch mehr Hektik.

Natürlich ist diese Dialogwiedergabe etwas unfair; gerade männliche Zuschauer erwarten von Action-Filmen und -serien ohnehin keine gehaltvollen Gespräche. Aber weil die Entwürfe der Matrosen wie auch der meisten Offiziere eher schlicht ausgefallen sind und die entsprechend eindimensionale Verkörperung ein Übriges tut, sind die Ausflüge an Land in der Tat eine willkommene Abwechslung, auch dank Tom Wlaschiha als Kriminalrat Forster und Rainer Bock als Kommandeur der U-Boot-Staffel: Der Fregattenkapitän schickt U-822 ein zweites Boot hinterher; Korvettenkapitän Wrangel (Stefan Wrangel), dem wegen Meuterei das Kriegsgericht droht, soll verhindern, dass die Enigma dem Feind in die Hände fällt. Ein dritter Handlungsstrang erzählt, wie es mit der Hauptfigur der ersten Staffel weitergeht: Kapitänleutnant Hoffmann (Rick Okon) ist vor der Küste Nordamerikas gestrandet und von kanadischen Fischern aufgegriffen worden. In New York verliebt er sich in eine schwarze Jazz-Sängerin (Rochelle Neil) und will eigentlich gar nicht mehr "heim ins Reich". Er vertraut sich einem deutschstämmigen Anwalt an, der sich jedoch als überzeugter Nationalsozialist entpuppt und Anschläge auf die US-Flotte plant; für diese schillernde Rolle konnten die Macher immerhin Thomas Kretschmann gewinnen.

Es sind ohnehin vor allem die namhaften Darsteller, die die zweite Staffel sehenswert machen (Regie: Rick Ostermann, Matthias Glasner). Wlaschiha ist erneut außerordentlich gut in seiner Rolle, zumal er mit seinen markanten Gesichtszügen perfekt in die Zeit passt: Der Kriminalrat, der in der Zwischenzeit Französisch gelernt hat, ist zunächst gar nicht mal unsympathisch; bis er der Verräterin ungerührt beim Sterben zusieht. Klischeehaft sind dagegen viele Szenen mit den gemeinen Matrosen, selbst wenn plumpe Sprüche, lächerliche Männlichkeitsrituale oder eine Kneipenschlägerei unter rivalisierenden Bootsbesatzungen der Realität abgeschaut sein mögen. Das ZDF zeigt die Serie an drei Abenden hintereinander. Die gestern ausgestrahlten ersten Folgen können in der Mediathek abgerufen werden, die letzten Teile folgen morgen.