Neue Konzepte für Vesperkirchen

Corona-Ansteckungsrisiko zu minimieren in Vesperkirchen
© epd-bild/Timo Lechner
Eröffnungsgottesdienst zur Vesperkirche in der Gustav-Adolf-Gedächtniskirche in Nürnberg am 19. Januar 2020. Nun müssen Vesperkirchen über neue Formen nachzudenken, um das Corona-Ansteckungsrisiko zu minimieren.
Neue Konzepte für Vesperkirchen
Vesperkirchen und Distanz halten - das passt schlecht zusammen. Bei einem preiswerten Mittagessen, bei einer Sozialberatung oder dem Haareschneiden kommen Menschen miteinander in Kontakt - so ist es ja auch gedacht. Das Corona-Virus zwingt Vorbereitungs-Teams von Vesperkirchen in Bayern nun dazu, über neue Formen nachzudenken, die das Ansteckungsrisiko minimieren.

Es ist Vesperkirchen-Freitag in der Nürnberger Gustav-Adolf-Gedächtniskirche: 500 Portionen gebackener Fisch und 80 Portionen Kartoffelauflauf stehen bereit - und die Gäste strömen. "Das passt hier gut rein, dass in der Kirche gefeiert und gegessen wird", lobt einer der Gäste, der bayerische Landesbischof Heinrich-Bedford-Strohm, das große Nürnberger Angebot. Aber: dieser Tag war vor Corona-Zeiten. Momentan müssen die Vesperkirchen überlegen, wie es mit ihren sozialen Projekten, mit preiswertem Essen und Beratungsangeboten, weitergeht.

Das Leitungsteam der Vesperkirche in Nürnberg hat sich dieser Tage getroffen und festgelegt, unter welchen Bedingungen es die Vesperkirche in der Südstadt mit über 500 Ehrenamtlichen und täglich mehr als 400 Gästen wie bisher fortführen will. "Es müsste spätestens im November eine Impfung gegen Corona für Mitarbeitende und Besucher zugänglich sein", erklärt Pfarrer Bernd Reuther auf epd-Anfrage. Weil das aber sehr unrealistisch sei, werde es wohl eine "schmale Lösung" für die Vesperkirche geben. Ausfallen lassen wolle man sie nicht.

Das Beste herausholen

"Wir arbeiten an einem Plan B", sagt Reuther. Ende September soll über eine neue Konzeption entschieden werden. Nachgedacht wird unter anderem über "Essen in Schichten", so dass nur immer 80 Personen in der Kirche wären. "Wir haben uns als Kirche vorbildlich zu verhalten", sagt der Pfarrer. "Das, was wir wollen, auch in einer anderen Gestalt hinzubekommen", sei eine Herausforderung, sage aber auch etwas über die Vesperkirche aus. Für Reuther gilt: Aus den Gegebenheiten müsse man das Beste herausholen.

Der Schweinfurter Diakon Norbert Holzheid, für die Vesperkirche in der Johanniskirche zuständig, steht gerade in dem großen Kirchenraum, in dem zu normalen Zeiten bis zu 1300 Menschen feiern können. Nun misst er zwei Meter-Abstände ab und stellt fest: Unter Corona-Hygiene-Bedingungen können nur noch 80 Personen den Gottesdienst besuchen. "Wenn die Lage so bleibt, können wir die Vesperkirche nicht wie bisher durchführen", sagt er. "Kontakt zu haben, ist ja der Sinn des Ganzen."

Der Kirchenvorstand der Johannis-Kirchengemeinde aber hat entschieden, dass die Vesperkirche soll im Jahr 2021 zum siebten Mal stattfinden soll. Konkrete Planungen für ein alternatives Konzept gebe es noch nicht, weil sich die Ehrenamtlichen derzeit nicht gut treffen könnten, erklärt Holzheid.

Kirchen umgestaltet

Die Premiere einer Vesperkirche ist im März 2021 in der Kirche in Neufahrn (Landkreis Freising) geplant. Die Vorbereitungen laufen, erklärt Pfarrerin Karin Jordak. Die Corona-Zeiten habe man genützt, um die Kirche für diese Zwecke umzugestalten. Zum Beispiel wurden die Bänke drehbar gemacht, damit sie auch als Sitzgelegenheiten an Tischen dienen können. "Wir ziehen das durch, " sagt Jordak, "es ist ja noch eine ganze Weile Zeit bis dahin". Allerdings musste ein erster Impulstag für Ehrenamtliche im April ausfallen.

"Wir planen jetzt erst einmal mutig mit allem was dazugehört", sagt auch die Vesperkirchenbeauftragte der Diakonie Memmingen im Allgäu, Manuela Walcher. In die Christuskirche kamen in diesem Jahr in der ersten Saison des Projekts bis zu 500 Menschen zum Essen. Man werde eine Vesperkirche auch mit Beschränkungsregeln durchführen, denn die Besucher brauchten die Gemeinschaft und sollten nicht allein zuhause sitzen. "Auch schon kleine soziale Kontakte tun ja gut", stellt Walcher fest.

Die Nürnberger Pfarrerin Griet Petersen dagegen sagt, ihr Modell des Mittagsmahls sei unter den derzeitigen Hygienebestimmungen nicht zu realisieren. "Es geht ja nicht um das Essen, sondern Vesperkirche führt die Menschen zusammen", sagt die Pfarrerin, in deren Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde seit einigen Jahren eine Vesperkirche in kleiner Form stattfindet. "Das geht nicht mit Mundschutz und auch nicht virtuell mit Zoom." Da die Langwasser-Gemeinde mit den Vorbereitungen für die Vesperkirche, bei der die Ehrenamtlichen selbst kochen, immer erst im Januar anfängt, ist das Ganze für Petersen aber "noch ein Stück weg".

Die Würzburger Kirchengemeinde St. Thomas hat Anfang März diesen Jahres erstmals das Experiment Vesperkirche gewagt - und musste wegen der Corona-Beschränkungen nach einer Woche gleich wieder schließen, berichtet Pfarrer Reinhard Fischer. Weil aber seine Gemeinde ohnehin nur alle zwei Jahre das Begegnungsangebot unter dem Kirchendach anbieten wollte, schaut er noch gelassen in die Zukunft.